Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Populisten und Extremisten vorgeworfen, das Andenken an die friedliche Revolution in Ostdeutschland vor 35 Jahren mit ihrem Slogan „Wir sind das Volk“ zu beschmutzen. „Mich empört dieser Missbrauch auch, weil er den Mut von Bürgerinnen und Bürger in der DDR vor 35 Jahren verhöhnt“, sagte Scholz in Leipzig bei den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Friedlichen Revolution. Es sei unerträglich und schäbig, dass Populisten und Extremisten diese Worte missbrauchten. „Sie sagen ‚Wir‘ und meinen ‚Ihr nicht‘. Die sagen ‚Volk‘ und meinen: ‚Rasse'“, sagte er.
„Was also für ein Hohn, was für eine unerträgliche Verachtung für den Mut der Protestierenden von Leipzig damals, wenn sich heute die Feinde der Demokratie auf den 9. Oktober berufen, um unsere Demokratie zu bekämpfen“, fügte Scholz hinzu. Der Ausspruch „Wir sind das Volk“ fällt seit Jahren immer wieder auf Demonstrationen, etwa von Anhängern der sogenannten Pegida-Bewegung oder der AfD. Scholz nannte in seiner Rede keine Partei beim Namen.
Scholz dankt europäischen Nachbarstaaten
Deutschland habe die friedliche Einheit auch den östlichen europäischen Nachbarn zu verdanken, führte der Kanzler aus. „Deshalb setze ich mich nicht nur für Freiheit und Frieden in Deutschland ein, sondern für Freiheit und Frieden in ganz Europa.“ Auch die Ukrainer auf dem Maidan 2014 hätten dieselben Ziele wie die Bürgerinnen und Bürger der DDR 25 Jahre zuvor gehabt. Das Erbe der friedlichen Revolution gebiete es Deutschland, sich „für die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer einzusetzen, für ihr Recht auf Demokratie und für ihr Recht auf Frieden“.
Gedacht wurde der wichtigen Großdemonstration vom 9. Oktober 1989, als mindestens 70.000 Menschen mit Rufen wie „Wir sind das Volk“ in Leipzig auf die Straße gingen. Einen Monat später fiel die Berliner Mauer. Scholz würdigte ausführlich den Mut der DDR-Opposition und bescheinigte den Menschen, sie hätten die Welt verändert.
Kanzler: „Wir feiern keine perfekte Einheit“
Scholz räumte ein, dass bei der Wiedervereinigung nicht alles gelungen sei. „Wenn wir heute 35 Jahre Friedliche Revolution feiern, dann feiern wir keine perfekte Einheit, schon gar nicht vollständige Einigkeit“, sagte der Kanzler. „Wir feiern nicht, dass uns alles gelungen ist, sondern wir feiern, wie viel uns trotz allem gelungen ist.“
An dem Festakt nahmen auch ehemalige DDR-Bürgerrechtler und internationale Gäste teil. Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin und Stasi-Unterlagenbeauftragte Marianne Birthler erinnerte in ihrer Festrede an den Freiheitsgedanken aus Wendezeiten und verwies zugleich auf das aktuelle Schicksal politischer Gefangener in Belarus und den russischen Krieg gegen die Ukraine. „Sorgen wir dafür, dass Putin seinen Krieg gegen die Ukraine verliert“, forderte sie unter dem Beifall der Gäste, unter denen auch der Oberbürgermeister von Leipzigs Partnerstadt Kiew, Vitali Klitschko, war.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nannte die Wende 1989 einen „Glücksmoment“, den es weiterzuentwickeln gelte. Dazu gehöre auch ein offener Diskurs. „Nur wenn wir bereit sind, unsere Unterschiedlichkeit anzunehmen, werden wir ein Land sein“, sagte Kretschmer. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sagte, von der Stadt sei damals „eine Revolution ins Land, in die Welt“ gegangen. Der 9. Oktober 1989 sei „der Durchbruch“ gewesen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Populisten und Extremisten vorgeworfen, das Andenken an die friedliche Revolution in Ostdeutschland vor 35 Jahren mit ihrem Slogan „Wir sind das Volk“ zu beschmutzen. „Mich empört dieser Missbrauch auch, weil er den Mut von Bürgerinnen und Bürger in der DDR vor 35 Jahren verhöhnt“, sagte Scholz in Leipzig bei den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Friedlichen Revolution. Es sei unerträglich und schäbig, dass Populisten und Extremisten diese Worte missbrauchten. „Sie sagen ‚Wir‘ und meinen ‚Ihr nicht‘. Die sagen ‚Volk‘ und meinen: ‚Rasse'“, sagte er.