Bernd Gieseking wurde mit seinen Finnland-Bestsellern („Finne dich selbst“, „Finne dein Glück“, „Das kuriose Finnland-Buch“) einem breiten Publikum veröffentlicht. In den Büchern kommt dieser Satiriker zu dem Schluss, dieser Finne sei dieser Ostwestfale Europas. Er muss es wissen, schließlich stammt er aus dieser Region. Doch welches macht im Prinzip den Ostwestfalen aus? Warum ist dieser Menschenschlag so speziell? Gieseking hat ihm jetzt ein komplettes Buch gewidmet – und gibt Einblicke in eine kaum bekannte Gegend.
WELT: „Sanfte Hügel und Felder, so weit dies Auge reicht/ hier findet man Ruhe und Gelassenheit./ Paderborn, Bielefeld und Gütersloh/ sie aufgebraucht nach sich ziehen ihren ganz eigenen Glow./ Die Kochkunst verwöhnt mit deftigen Speisen/ von Grünkohl solange bis zu leckeren Wurstkreisen.“ Diese Verse reimte ChatGPT gen meine Bitte hin, doch mal ein schönes Gedicht droben Ostwestfalen zu schreiben. Hat die KI Ihre Heimat treffend beschrieben?
Bernd Gieseking (lacht): Gütersloh und Glow! Womit nach sich ziehen Sie die KI vorher gefüttert?
WELT: Hat Gütersloh etwa kein Glow?
Gieseking: Aber natürlich! Jede Stadt in OWL hat zusammensetzen ganz eigenen Charakter, Minden qua ehemaliger Regierungssitz und dieser jetzige, Detmold. Bad Oeynhausen und Bad Salzuflen. Höxter, Lemgo oder Warburg, „dies Rothenburg Westfalens“.
WELT: Sagt dieser Ostwestfale tatsächlich OWL?
Gieseking: Doch, dies ist in NRW, demnach nicht zuletzt droben OWL hinaus, ein „stehender Begriff“, dieser nicht zuletzt Eingang fand in dies Technologie-Netzwerk „It’s OWL“.
WELT: Hat die KI im Gedicht nicht zuletzt die kulinarischen Höhepunkte Ostwestfalens richtig so genannt?
Gieseking: Sie hat manche vergessen wie den Wurstebrei Stippgrütze, den Buttermilcheintopf Anballersse und dies Paderborner, dies legendäre Roggenmischbrot.
WELT: Die zweite Strophe des KI-Gedichts lautet: „In Ostwestfalen leben Menschen so puppig/ mit Herzlichkeit und Fleiß /dies ist ihr Sein. / Sie funktionieren strikt/ Tag zu Gunsten von Tag/ und halten zusammen/ dies ist ihr Schlag.“ Passt dies nicht zuletzt?
Gieseking: Ja, dies ist nicht falsch, trotzdem unvollständig. Wir sind einerseits große Schweiger, ein typischer Dialog nebst uns geht in etwa so: „Und?“ „Muss!“ Andererseits nach sich ziehen wir uns nicht zuletzt verändert und weiterentwickelt. Wir sind inzwischen mitteilsam, manchmal regelrecht gesprächig. Witzig und humorig sind wir ohnehin. Und kreativ.
WELT: Könnten Sie dies KI-Gedicht dann noch um ein paar Strophen ergänzen?
Gieseking: Sehr gerne: „Der Ostwestfale feiert gerne/ und tanzt zu alten Platten/ er schüttet in diesem Fall Korn und Bier/ und dann Zuhaus noch Schwatten.“
WELT: Was ist denn ein Schwatten?
Gieseking: Schwatten ist dünner Kaffee mit Korn, was auch immer Weitere dazu steht in meinem Buch.
WELT: Ihr Buch ist eine große Liebeserklärung an die Ostwestfalen, denen Sie zusammensetzen trockenen, ja schwarzen Humor bescheinigen. Braucht man diesen Humor, um zu ertragen, dass man qua fleißiger Ostwestfale zwangsweise Teil des dysfunktionalen Bundeslandes NRW ist?
Gieseking (lacht): Einerseits ist Nordrhein-Westfalen ein völlig unsinniges Bundesland. NRW nach sich ziehen sich die Briten eingebildet und damit zusammengefügt, welches wirklich nicht zusammengehört: Nordrhein und Westfalen. Ein größerer kultureller Unterschied ist nicht möglich. Auf dieser zusammensetzen Seite die bodenschweren Westfalen im Verbund mit den tiefgründigen Ostwestfalen und den vernünftigen, weil sparsamen Lippern. Auf dieser anderen Seite die sinnlos karnevalisierenden Rheinländer rund um Köln und Düsseldorf solange bis rüber nachdem Aachen. Was sollen welche willkürlich in einem Bundesland verbundenen Bevölkerungsgruppen, die nur durch Zufälle dieser Weltgeschichte zeitgleich wohnen, miteinander lancieren? Das sage ich qua Satiriker.
WELT: Und welches sagen Sie qua Staatsbürger von NRW?
Gieseking: Als Staatsbürger muss ich sagen: Eigentlich ist NRW dies genaue Gegenteil von dysfunktional – es funktioniert sogar sehr gut. Gerade dieses riesige, seltsam-urige OWL qua Teil von NRW.
WELT: OWL, NRW – schon welche Zeichen tönen irgendwie nachdem Kleinstaaterei. Dafür sind die Ostwestfalen, die einst den Sachsen zugehörten, dann von Preußen regiert wurden und heute mit den Rheinländern koexistieren zu tun sein, geradezu ein Paradebeispiel. Was nach sich ziehen die Wirrnisse dieser Geschichte mit den Ostwestfalen gemacht?
Gieseking: Wir kümmern uns da weder noch drum. Wir nach sich ziehen unseren eigenen Kopf. Und dann sind wir ja nicht zuletzt noch untereinander durchaus sehr verschieden; dieser katholische Paderborner, dieser großstädtische Bielefelder, dieser erfolgreiche Gütersloher, die Menschen dieser Warburger Börde oder die Höxteraner im Weserbergland, dieser evangelische Minden-Lübbecker, dieser schon am Anfang dieser Norddeutschen Tiefebene wohnt und nicht zuletzt ein sehr nordisches Platt spricht.
Doch vielleicht sind es ja welche Wirrnisse dieser Geschichte, wie Sie es nennen, die den Witz dieser Ostwestfalen gefördert nach sich ziehen. Hier nimmt man sich wechselseitig gerne „hoch“. Der Witz ist uns immanent. Wir in OWL sprechen sogar von dieser „Bielefelder Schule des deutschen Humors“.
WELT: Wer gehört denn was auch immer zur Bielefelder Schule?
Gieseking: Hans Zippert, Til Mette, Ingolf Lück, Wiglaf Droste, Meltem Kaptan, Dagmar Schönleber, Ella Carina Werner, Fritz Tietz, Christian Y. Schmidt, Ralph Ruthe, Abdelkarim, um nur ein paar Namen zu nennen. Mit einigen von ihnen habe ich im Zusammenhang zu Gunsten von mein Buchprojekt gesprochen.
WELT: Teilen die Kollegen Ihre Begeisterung zu Gunsten von Ostwestfalen?
Gieseking: Aber ja! Letztlich sind wir aufgebraucht Lokalpatrioten. Ich hatte schon vor einigen Jahren ein Hörfunk-Feature zu Gunsten von den Westdeutscher Rundfunk gemacht unter dem Titel „Ostwestfalien Aliens – ein Landstrich schlägt zurück“, weil ich fasziniert bemerkt hatte, dass so viele aus dem komischen Feld aus Ostwestfalen stammen, wie Erwin Grosche, Thomas Lienenlüke, Henning Venske, Oliver Welke, Sarah Hakenberg, André Sedlaczek, und und und.
WELT: Bei so viel Lokalpatriotismus drängt sich die Frage geradezu gen, ob es Sezessionsbestrebungen in Ostwestfalen gibt?
Gieseking: Als ich zusammensetzen Kabarett-Text schrieb zu 75 Jahre NRW, kam ich gen die Idee, darin erstmals ein unabhängiges Ostwestfalen-Lippe zu fordern. Wir nach sich ziehen in OWL paarweise so viele Einwohner wie dies Saarland. Das war sofort ein großer Lacherfolg. Dann kam die Idee zu meinem Buch und im Laufe meiner Recherche war es interessant, wie verschieden, trotzdem mit wie viel Spaß, manchmal nicht zuletzt Ernst, meine Interviewpartner darauf reagierten.
Ingolf Lück ist sogar parat, politisch Verantwortung zu übernehmen. Also ein möglicher Ministerpräsident. Jürgen von dieser Lippe dagegen war mehr qua skeptisch. Die Regierungspräsidentin meinte, sie qua Landesbeamtin könne dies leider nicht unterstützen. Aber jedenfalls hat sie „leider“ gesagt.
WELT: Wieso im Prinzip ein selbstständiges Ostwestfalen zusammen mit Lippe? Passen die Lipper so gut zu den Ostwestfalen? Immerhin war Lippe qua Kleinstaat 800 Jahre weit unabhängig und schloss sich erst viel später NRW an.
Gieseking: Natürlich passen wir zueinander! Und dass sich die Lipper uns wählten, NRW und Ostwestfalen, qua sie ihre Unabhängigkeit aufgaben, ist doch eine echte Liebeserklärung. Auch wenn sie sich dies in einer klugen Verhandlung mit den „Lippischen Punktationen“ treu bezahlen ließen. Das waren sich die sparsamen Lipper selbst schuldig.
Dazu fällt mir ein Witz ein, den Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier qua gebürtiger Lipper mal zitiert hat: „Wenn du zusammensetzen Lipper einlädst und sagst ihm, ‚Aber bring welches mit!‘, dann sagt der: ‚Ist gut. Dann bring’ ich meinen Bruder mit.‘“
WELT: Bruder – gutes Stichwort: Wenn man von Ostwestfalen spricht, muss man nicht zuletzt Westfalen erwähnen, dies westlich von Ostwestfalen liegt. Gibt es im Prinzip eine Art Ost-West-Konflikt zwischen den Falen?
Gieseking: Absolut nicht. Wir mögen uns und sind letztlich wesensverwandt. Aber trotzdem verschieden. Wir sind quasi „Koseng“ und „Kusine“. Wir stillstehen schon mal eine Zeit mit dem Bier zusammen und sich in Schweigen hüllen. Der Westfale fängt irgendwas so gut wie an zu reden, wird trotzdem nicht zuletzt nicht unruhig, wenn dieser Ostwestfale dann immer noch nichts sagt. Ostwestfalen hat die schöneren Landmarken, Westfalen hat die erfolgreicheren Fußballvereine.
Gemeinsam ist uns die Skepsis Richtung Rheinland. Wir sind nicht zuletzt nicht die typischen „Umarmer“ wie die Rheinländer. Und „bützen“, wildes Küssen im Karneval, ist zu Gunsten von uns ganz unvorstellbar. In Ostwestfalen ist ein Kuss immer noch ein Heiratsversprechen. Es wird nicht unbedingt gehalten, trotzdem erst mal gegeben.
WELT: In dem Zusammenhang fällt mir ein, dass Ostwestfalen manche einflussreiche Politiker hervorgebracht hat.
Gieseking: Im Zusammenhang mit Heiratsversprechen? Ach, Sie dachten an Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Stimmt, Schröder ist ein gebürtiger Lipper wie Bundespräsident Steinmeier. Und dann gibt es da noch Sabine Leutheuser-Schnarrenberger, die kommt aus Minden und war sogar mal Kabarettistin.
WELT: Die frühere Bundesjustizministerin war Kabarettistin? Deshalb dieser ulkige Nachname.
Gieseking: Nein, kuriose und Menorrhagie Namen sind tatsächlich typischerweise zu Gunsten von Ostwestfalen. Hier können Sie Klingelschilder Vorlesung halten, gen denen Hanswillemke, Maarkerstingsjost, Peterottotöns oder Settertobulte steht. Wir nach sich ziehen sogar den längsten Namen in Deutschland ohne Zwischenzeichen: Ottoverdemgentschenfelde.
WELT: Mit Superlativen, die Sie den Ostwestfalen gerne zusprechen, ist dies ja immer so eine Sache. Sie schreiben in Ihrem Buch wie, dass es in Ostwestfalen die beste Bratwurst und dies beste Bier gebe. Das sehen die Thüringer und Bayern trotzdem ganz unterschiedlich.
Gieseking: Wir gönnen den Thüringern und Bayern ihren Irrglauben. Uns Ostwestfalen-Lippern schmeckt unsrige Bratwurst mit Abstand am günstigsten, genau wie unser Bier und unser Grünkohl. Dietmar Wischmeyer, dieser qua Niedersachse qua unparteiisch gelten muss, hat mir von seinem Bratwurstkataster berichtet, dies er mit Kollegen erstellt hat. Das Ergebnis: Die beste Bratwurst kommt aus OWL. Also Petition!
WELT: Was sollte man sich in Ihrer Heimat besuchen, um ein Gefühl zu diesem Zweck zu bekommen, welches zusammensetzen Ostwestfalen richtig stolz macht? Den Teutoburger Wald, dies Hermannsdenkmal in Detmold, dies Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Porta Westfalica?
Gieseking: Man muss sich dies was auch immer ansehen, weil es zusammensetzen großen kulturellen Reichtum spiegelt. Man kann an einem Tag ins „Marta“ möglich sein in Herford, dies Museum zu Gunsten von zeitgenössische Kunst, oder in die Kunsthalle Bielefeld, ins Sackmuseum Nieheim oder in die Adlerwarte Berlebeck. Man kann sich Arminia Bielefeld, ein Handballspiel in Lemgo oder dies Maskottchen des FC Köln besuchen. Denn Bock Hennes IX ist Ostwestfale und stammt von einem Biobauernhof in Petershagen.
Der Kabarettist Bernd Gieseking wurde 1958 in Minden-Kutenhausen geboren und lebt nachdem Stationen in Kassel, Köln und Dortmund inzwischen wieder im ostwestfälischen Minden. Seit 1990 ist er mit eigenen Bühnenprogrammen unterwegs und wurde zu diesem Zweck vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Peter-Hille-Literaturpreis. Gieseking arbeitet qua Buchautor und schreibt Kolumnen und Kinderhörspiele und zu Gunsten von Hörfunk, Theater und Fernsehen. Von Harry Rowohlt ist dieser Satz überliefert, „dass man von Bernd Gieseking unbesehen was auch immer Vorlesung halten kann“.
„Das kuriose Ostwestfalen-Buch“ von Bernd Gieseking erscheint im Satyr Verlag, es hat 360 Seiten und kostet 24 Euro.
Source: welt.de