Robert Fico: Dem schwergewichtig verletzten Premier wird Trump-Nähe vorgeworfen

Robert Fico, am 15. Mai bei einem Attentat in der slowakischen Stadt Handlová schwer verletzt, galt stets als typischer Vertreter für das Cluster neuer nationalorientierter Politiker, die sich im vergangenen Jahrzehnt in Osteuropa verstärkt Gehör verschafft haben und auf einer Welle des Unmuts zu reiten wussten. Sie hat Millionen Menschen erfasst und zehrt von Enttäuschungen, die mit den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in Verbindung stehen. Weil sich Politiker wie Fico dieser Stimmungen annahmen, wurden und werden sie gern und häufig mit Populismus in Verbindung gebracht. Besonders innerhalb der EU wird dieses Etikett prompt vergeben, wenn einer wie Fico ausschert.

Zuweilen blieb die Programmatik hinter Ficos Ambitionen zurück

Robert Fico, geboren am 15. September 1964, wuchs in Topoľčany, einer Kleinstadt im Westen der Slowakei als Sohn eines Gabelstaplerfahrers und einer Ladenangestellten auf. Ein sowjetisches Eingreifen im August 1968 verhinderte Reformbestrebungen der Kommunistischen Partei in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (CSSR), als er noch nicht vier war. In Ficos frühen Jahren erwartete in diesem Land kaum jemand, dass sich an den Machtverhältnissen in Prag etwas ändern würde. So blieb Fico als junger Mann eng mit dem System verbunden, leistete seinen Militärdienst als Aufklärer, studierte Rechtswissenschaften, promovierte über die Todesstrafe und arbeitete anschließend in der Rechtsabteilung der Slowakischen Akademie der Wissenschaften.

Dann aber leisteten der Fall der Berliner Mauer, die gewaltlose Samtene Revolution, mit der die kommunistische Herrschaft in der Tschechoslowakei endete, und die Unabhängigkeit der Slowakei 1992/93 einer neuen, freizügigen kapitalistischen Ära Vorschub. Es boten sich geschäftliche und politische Möglichkeiten, die es bis dahin nicht gegeben hatte.

Fico – jung, leidenschaftlich und überzeugend, vor allem frei von jeglicher Verbindung zum abgetretenen kommunistischen Regime – verwirklichte nunmehr seinen Jugendtraum, in die Politik einzusteigen. Nachdem er erst der Partei der Demokratischen Linken SDL beigetreten war, gründete er kurz darauf Smer – Slovenská Sociálna Demokracia (übersetzt: Richtung – Slowakische Sozialdemokratie). Die neue Gruppierung bekannte sich zu Demokratie wie Sozialismus, auch wenn manche Beobachter zu dem Schluss kamen, dass die Programmatik hinter Ficos persönlichen Ambitionen zurückblieb.

Nach sieben Jahren in der Opposition siegte Smer bei den Wahlen 2006. Die Partei profitierte von der Wirksamkeit des Versprechens, sich der Zurückgebliebenen im Land anzunehmen, in dem der Lebensstandard für viele nur langsam an westeuropäische Verhältnisse heranreichte und in dem viele empfänglich waren für einen nostalgischen Umgang mit der sozialistischen Vergangenheit.

Fico zog politischen Kampf seiner Leidenschaft für Bodybuilding und schnelle Autos vor

Nachdem sie bis 2010 an der Macht war, gewann Ficos Partei zwei Jahre später Parlamentswahlen. Eine Mitte-Rechts-Koalition war auseinandergebrochen. Eine harte Haltung gegenüber Migranten begünstigte 2016 eine Wiederwahl. Doch als der Journalist Ján Kuciak, der über Korruption auf hoher Ebene recherchierte, und seine Verlobte Martina Kušnírová 2018 von einem Auftragsmörder getötet wurden, geriet Fico in Schwierigkeiten. Heftige Proteste zwangen ihn zum Rücktritt. Smer verlor 2020 die Regierungsmacht und spaltete sich. Doch Fico gab nicht auf und zog den harten politischen Kampf seiner Leidenschaft für Bodybuilding und schnelle Autos vor – bis ihm die Covid-Pandemie eine neue Chance bot, wieder zu regieren.

„Er wurde zum prominentesten Herold einer Bewegung gegen Gesichtsmasken und Impfungen“, erinnert sich Grigorij Mesežnikov, politischer Analyst in Bratislava. Ihm sei seinerzeit nachgesagt worden, er führe eine kriminelle Vereinigung, die er mit der Smer-Partei unterhalte, um Macht missbrauchen zu können. Doch wurde die deshalb erhobene Strafanzeige von der slowakischen Generalstaatsanwaltschaft zurückgewiesen. Fico wird gleichsam nachgesagt, er nehme Anleihen bei Donald Trump, sei aber ansonsten weder klar rechts noch eindeutig links.

Notfalls ein Veto gegen eine NATO-Aufnahme der Ukraine

Ficos Rückkehr an die Macht im vergangenen Jahr hat innerhalb und außerhalb seines Landes Besorgnis ausgelöst. In der Slowakei werde die Stimmung immer fiebriger, auch sei eine deutliche Polarisierung nicht zu übersehen. Zuletzt wurde sie durch eine Regierungsentscheidung verstärkt, wonach der öffentlich-rechtliche Rundfunk des Landes zur Disposition gestellt wird. Außerdem glauben manche Analysten, dass Fico vom ungarischen Premier Viktor Orbán inspiriert werde. Fico hat freilich stets darauf bestanden, ihm lägen allein die slowakischen Interessen am Herzen.

Dieser Maxime folgte wohl auch seine Russland-Politik. Sie bestand nicht zuletzt darin, die militärische Unterstützung der Ukraine infrage zu stellen, die westlichen Sanktionen zu kritisieren und anzukündigen, als NATO-Staat Slowakei womöglich ein Veto gegen eine NATO-Einladung für Kiew einlegen zu wollen.

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