Gerade in der Koalition gemeinsam beschlossen, hat die FDP wieder etwas auszusetzen. Beim Rentenpaket II stilisiert sich die Partei als Anwalt der jungen Generation. Doch ihre Interessen sind dabei ganz andere
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Wer den Aussteiger bei der FDP geben wird, ist noch unklar. Dem Provokateur Wolfgang Kubicki fehlt die Macht, Fraktionschef Christian Dürr der Mut und dem Vorsitzenden Christian Lindner die Überzeugung, dass seine Partei aus dem Treuebruch siegreich hervorgehen wird. Deshalb piesacken sie ihre Koalitionäre, wo es geht.
Dass dem jungdynamischen Vizechef Johannes Vogel der Part zufällt, am bereits geschnürten Rentenpaket II zu zurren, passt in die Dramaturgie der Erzählung „Alt gegen Jung“. So sei das Paket nicht zustimmungsfähig, erklärte er im Bundestag und schwang sich zum Anwalt der jungen Generation auf. Das Rentenniveau von 48 Prozent sei zu hoch, der Einstieg in die Aktienrente zu kleinmütig, die „arbeitende Mitte“ zu belastet.
Wie der Rentenkasse geholfen werden kann
Diese „arbeitende Mitte“ hat auch Christian Lindner im Blick: Gutverdiener ab 8.000 Euro Monatseinkommen. Ihnen verspricht er, die Beitragsbemessungsgrenze einzufrieren und zulasten der ohnehin angeschlagenen Sozialversicherungen zu entlasten. Die Mär, dass die Alten den Jungen die Butter vom Brot nehmen, ist ein sehr beliebter Spaltstoff.
Was das Rentenniveau betrifft, spricht schon der gesunde Menschenverstand dagegen, denn ohne Feststellschrauben wird es für Jüngere in den Keller gehen. Das von der Koalition ausbaldowerte Projekt „Generationenkapital“ als erster Schritt in die Aktienrente ist zwar fragwürdig, aber nicht deshalb, weil es die Rentenbeiträge nicht völlig unkontrolliert dem Kapitalmarkt überlässt, wie es die FDP gerne hätte. Dass sich armutsgefährdete Rentner:innen von morgen heute privat absichern könnten, gehört ohnehin in den Fantasiestock versicherungsfreundlicher Politiker. Was (nicht nur) der Rentenkasse kurzfristig helfen würde, wäre ein Mindestlohn von 15 Euro. Und eine merkliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze.
Der Schlüssel, so die Analyse der Hans-Böckler-Stiftung, liegt auf dem Arbeitsmarkt, den Löhnen und der sozialversicherungspflichtigen Erwerbsbeteiligung. Und dem Beitrag derjenigen, ließe sich ergänzen, die gar nicht zur solidarischen Rente beitragen. Aber davon, Selbstständige, Beamte und Politiker zur Rentenkasse zu bitten, hat die SPD ohnehin längst Abschied genommen. Ein Kotau vor den Partnern, den sie gerade bitter bezahlt.