„Recht aufwärts schnelles Internet“: Was es den Bürgern einfahren soll

Das sogenannte Recht auf schnelles Internet wird aller Voraussicht nach verschärft. Der Digitalausschuss des Bundestags stimmte für einen Bericht der Bundesnetzagentur, dem zufolge künftig alle Haushalte in Deutschland mindestens 15 Megabit pro Sekunde im Download bekommen müssen und damit fünf Megabit mehr als bislang. Der Upload soll sich auf fünf Megabit verdreifachen. Das könnte zum Beispiel stabile Verbindungen bei Videokonferenzen ermöglichen. Bis es so weit ist, dauert es aber noch. Zunächst muss die Netzagentur eine Verordnung ändern, danach braucht sie erneut grünes Licht von dem Digitalausschuss des Bundestags und das „okay“ vom Bundesrat. Die neuen Regeln könnten ab Dezember gelten.

Ab dann könnten sich Haushalte, die schlechteres Festnetz-Internet bekommen, auf den verschärften Rechtsanspruch berufen und möglicherweise einen besseren Anschluss erzwingen. Laut Bundesnetzagentur haben 2,2 Millionen Adressen in Deutschland Festnetz-Internet unterhalb des neuen Mindestlevels. Bislang wird der seit Ende 2021 gültige Rechtsanspruch aber nur wenig genutzt. Mit dem Rechtsanspruch soll dem Stadt-Land-Gefälle bei der Internetversorgung entgegengewirkt werden. Für die allermeisten Haushalte in Städten spielt er keine Rolle, weil dort deutlich besseres Internet möglich ist, als es die im Rechtsanspruch enthaltenen Mindestwerte vorsehen. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.

Wo liegt das Grundproblem?

Woche für Woche verkünden Internetanbieter Fortschritte beim Netzausbau, immer mehr Haushalte können Glasfaser-Verträge buchen, also „Fiber to the Home“ (FTTH). Ein Download-Speed von 1000 Megabit pro Sekunde oder sogar noch mehr ist möglich, auch der Upload ist sehr gut. Separat hierzu bietet das etwas schwächere Fernsehkabel-Internet drei- bis vierstellige Bandbreiten.

Der Haken daran: Das Internet ist in der Regel dort gut, wo viele Menschen wohnen. Auch dünn besiedelte Gebiete können dank staatlicher Förderung gut dastehen, andere Gegenden schauen hingegen in die Röhre – während das Internet für den Großteil der Bevölkerung immer besser wird, werden einige Orte abgehängt. 1,8 Millionen Adressen in Deutschland bekommen derzeit laut Bundesnetzagentur im Festnetz weniger als 10 Megabit pro Sekunde im Download – oder sie sind komplett offline.

Wie lautet die bisherige Lösung?

Damit das Stadt-Land-Gefälle bei der Netzversorgung nicht noch steiler wird, gilt seit Ende 2021 ein sogenanntes Recht auf schnelles Internet. Hierzu legte die Bundesnetzagentur im Frühjahr 2022 ein Minimum fest: 10 Megabit pro Sekunde im Download und 1,7 Megabit pro Sekunde im Upload muss es überall mindestens geben. Die Latenz – also die beispielsweise für Onlinegames wichtige Reaktionszeit – muss 150 Millisekunden oder weniger betragen.

Wer schlechter wegkommt, kann sich bei der Bundesnetzagentur melden und einen besseren Anschluss erzwingen. Es soll „eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe“ im Digitalzeitalter ermöglicht werden, wie es in einer Verordnung heißt. Verschlüsselte Kommunikation über einen VPN-Tunnel oder Videokonferenzen im Homeoffice sollen in allen deutschen Haushalten möglich sein.

Woran hapert es?

Was sich auf dem Papier vielversprechend liest, ist mit Blick auf die Praxis ernüchternd. Nach Auskunft der Bundesnetzagentur erreichten sie seit 2022 insgesamt etwa 5500 Eingaben von Bürgern, die von dem Rechtsanspruch Gebrauch machen wollten.

Doch häufig fielen die Antragsteller durchs Raster. Bei ihnen stellte sich nach technischen Messungen heraus, dass ihr Anschluss nicht so schlecht war wie gedacht – sie fühlten sich unterversorgt, waren es aber nicht. Manch Antragsteller bekam auch eine gute Nachricht: Bei ihm sollte ohnehin ausgebaut werden, davon hatte er nur noch nichts gewusst.

Nur in circa 30 Fällen erfolgte die „Unterversorgungsfeststellung“ – das ist die Voraussetzung dafür, dass die Behörde einen Internetanbieter zu einem besseren Anschluss beim Verbraucher verdonnern kann. Dies wiederum tat die Bundesnetzagentur bislang nach eigenen Angaben nur viermal.

Was wird nun verbessert?

Die Mindestvorgaben sollen steigen, beim Download von 10 auf 15 Megabit pro Sekunde und beim Upload von 1,7 auf 5 Megabit. Einen entsprechenden Prüfbericht der Bundesnetzagentur nahm der Digitalausschuss des Bundestags an. Der bessere Upload dürfte wesentlich dabei helfen, Videokonferenzen schadlos zu überstehen. Dank der neuen Werte könnten künftig 2,2 Millionen Adressen und damit 0,4 Millionen mehr als unterversorgt gelten. Bei der Latenz bleibt es bei 150 Millisekunden.

Außerdem pocht der Digitalausschuss darauf, die Nutzung des Rechtsanspruchs für die Bürger zu vereinfachen. Zudem solle die Bundesnetzagentur zusätzlich zum Kontaktformular im Internet eine Broschüre erstellen, fordert die Grünenbundestagsabgeordnete Tabea Rößner. „Ein Informationsangebot über das Recht auf Internet sollte in jedem Rathaus und Bürgeramt ausliegen, ganz analog und nah an den Bürgern – schließlich können die ohne Versorgung schlecht Internetformulare ausfüllen.“

Was sagen Verbraucherschützer dazu?

Verbraucherschützer halten die bisherigen Regeln für zu lasch. „Eine Erhöhung der Mindestbandbreite ist längst überfällig“, sagt Ramona Pop, die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, und fordert ein einfacheres und transparenteres Antragsprozedere. Sie weist darauf hin, dass es Fälle gebe, in denen die Bundesnetzagentur eine Unterversorgung festgestellt habe „und es passiert trotzdem nichts“.

Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW hält die derzeit noch gültigen Regeln für wenig hilfreich. „Der Gesetzgeber muss an einigen Stellen nachbessern, damit alle Verbraucherinnen und Verbraucher eine ausreichende Verbindung zur digitalen Welt und damit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erhalten können.“ Die Anhebung der Werte sei ein Schritt in die richtige Richtung, er falle aber zu gering aus.

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