Will US-Präsident Trump wirklich Atomsprengköpfe testen – oder spielte er auf Trägersysteme an? Experten rätseln, was genau er mit seiner Aussage gemeint haben könnte. Und sie warnen vor möglichen Folgen.
Eins gleich vorweg: Es ist weiter unklar, was genau US-Präsident Donald Trump mit seiner Ankündigung von Atomwaffentests wirklich gemeint hat. Auf dem Weg zurück von Südkorea in die USA erklärt Trump nur das, was er zuvor auf seiner Onlineplattform Truth Social geschrieben hat: „Wir testen nicht mehr. Das haben wir vor vielen Jahren gestoppt. Aber jetzt, wo es andere wieder tun, sollten wir es auch machen“, so Trump.
Die Sache ist nur: Andere Länder führen keine Atomwaffentests durch. Der Sicherheitsanalyst und Atomwaffenexperte Jon Wolfsthal sagt im ARD-Interview, wie so oft bei Ankündigungen von US-Präsident Trump müssten sowohl die Öffentlichkeit als auch Trumps Berater erst einmal herausfinden, was der Präsident wirklich gemeint habe und wie er darauf gekommen sei.
Reagierte Trump auf Putins Raketentest?
In diesem Fall habe vermutlich der russische Präsident Wladimir Putin mit Trumps Ankündigung zu tun, so Wolfsthal. „Putin hat in den vergangenen Tagen den erfolgreichen Test einer atomgetriebenen Marschflugrakete und eines Unterwassertorpedos bekannt gegeben. Wir vermuten, dass Präsident Trump das Gefühl hatte, darauf reagieren zu müssen.“
Aber Russland hat Waffen ohne Atomsprengköpfe getestet. Und so sagt Michael McFaul, der in der Obama-Regierung US-Botschafter in Russland war, auf CNN, der Präsident sei wahrscheinlich verwirrt. Es sei eine Sache, Trägersysteme zu testen. Atomsprengköpfe tatsächlich zu zünden, wäre eine ganz andere.
Seit mehr als 30 Jahren keine Atomwaffentests in den USA
Es ist völlig unklar, ob Trump den Test von Trägersystemen meint. Viele Atommächte führen solche Tests regelmäßig durch. Oder meint Trump wirklich das Zünden von Atomsprengköpfen? Der letzte echte Atomwaffentest in den USA fand 1992 statt. Das war auf einem Militärgelände nordwestlich von Las Vegas im Bundesstaat Nevada. Danach verhängte der damalige Präsident George W. Bush Senior nach dem Ende des Kalten Krieges ein Moratorium.
Experten gehen davon aus, dass die Wiederaufnahme von Atomwaffentests jahrelange Vorbereitung und erhebliche finanzielle Mittel benötigen würde. Die benötigte politische Unterstützung durch den US-Kongress ist äußerst unwahrscheinlich.
Russland und China würden nachziehen
Und es liegt auf der Hand: Sollten die USA tatsächlich Atomwaffen testen, würden Russland oder China nachziehen. Russland hat davor bereits gewarnt. Profitieren würden nicht die USA, erklärt Atomwaffenexperte Wolfstahl. Die USA hätten während des Kalten Krieges über tausend Atomtests durchgeführt, Russland nur einige hundert, China einige Dutzend. „Wir haben in den letzten 30 Jahren in das fortschrittlichste Atombeobachtungsprogramm investiert, das je entwickelt wurde. Das Einzige, was passieren würde, wenn die USA Atomtests wieder aufnehmen, wäre, dass Russland, China und Nordkorea unseren technischen Vorsprung aufholen könnten“, ist Wolfsthal überzeugt.
Ähnlich äußert sich der demokratische Senator Ed Markey aus Massachusetts. Er ist der Vorsitzende der Kongress-Arbeitsgruppe für Atomwaffen und Rüstungskontrolle. Markey wirft Trump Leichtsinnigkeit vor. Auf MSNBC warnt er davor, dass Trump ein neues nukleares Wettrüsten auslösen könnte.
Wenn Trump sage, dass er Atomtests durchführe, dass er das Raketenabwehrsystem „Goldener Dome“ baue, dann werde das nur dazu führen, dass Russland und China noch mehr Waffen entwickelten. Markey und 20 weitere Kongressmitglieder haben Anfang Oktober einen Brief an US-Außenminister Marco Rubio geschickt, in dem sie die Regierung dazu auffordern, sich aktiv mit Russland über einen neuen Abrüstungsvertrag auszutauschen.
Forderung nach Rüstungskontrolle
Auch McFaul, der ehemalige US-Botschafter in Russland, fordert, Trump sollte sich lieber um eine Neuauflage des atomaren Abrüstungsvertrages New Start kümmern. Es ist das letzte große Rüstungskontrollabkommen zwischen den USA und Russland. Im Februar kommenden Jahres läuft es aus. „Wir haben 30 Prozent der Atomwaffen weltweit vernichtet“, betont McFaul. Der Präsident solle besser versuchen, einen Weg zu finden, diesen Vertrag zu verlängern, anstatt über Atomtests nachzudenken.
Wie so viele hat er die Hoffnung, dass Trump nicht ernsthaft Atomwaffentests meint. Trump selbst sagt auf die Frage, wann und wo die Test stattfinden sollten, nur: Das werde er bald bekannt geben.
Source: tagesschau.de