Im Prozess gegen die mutmaßliche NSU-Unterstützerin Susann E. hat die Angeklagte zunächst darauf verzichtet, sich zu äußern. Der 44 Jahre alten Frau wird vorgeworfen, dem sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund geholfen zu haben. Vor dem Oberlandesgericht Dresden muss sie sich wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung in drei Fällen verantworten.
Der NSU ermordete zwischen 2000 und 2007 neun Menschen mit türkischen und griechischen Wurzeln und eine Polizistin. Er verübte drei Sprengstoffanschläge, bei denen Dutzende Menschen verletzt wurden. Kern des NSU waren Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe. Zschäpe sitzt ihre lebenslange Freiheitsstrafe in der JVA Chemnitz ab.
Um das Leben im Untergrund zu finanzieren, begingen Böhnhardt und Mundlos zudem 15 Raubüberfälle. Am 4. November 2011 erschossen sie sich selbst in dem Wohnmobil, das sie für ihren letzten Raubzug gemietet hatten, als sie aufzufliegen drohten. Ihre Komplizin Zschäpe steckte daraufhin die gemeinsame konspirative Wohnung in Zwickau in Brand und verschickte Bekennervideos für die Mordtaten. All das, so ist die Bundesanwaltschaft überzeugt, wusste Susann E. Und trotzdem half sie dem NSU.
Zschäpe wird im Dezember als Zeugin erwartet
E. soll das Kerntrio des NSU laut Anklage durch ihren mittlerweile verurteilten Ehemann kennengelernt haben. Seit 2006 habe sie eine „intensive und vertrauensvolle Freundschaft“ mit Zschäpe geführt, wie es in der Anklageschrift heißt. Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt, dass Susann E. spätestens seit 2007 wusste, dass Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos im Untergrund lebten, um ihre rassistischen Vorstellungen durch Morde umzusetzen. Sie soll davon erfahren haben, als Zschäpe wegen eines Diebstahls in ihrem damaligen Wohnhaus von der Polizei vernommen wurde und der NSU daher aufzufliegen drohte. Zschäpe gab sich als Susann E. aus und ging mit André E. zur Polizeiwache, um ihre Aussage zu machen. Zschäpe nutzte dafür Susann E.s Ausweis. Die Freundinnen sahen sich relativ ähnlich.
Davon ist in Dresden nichts zu merken. Vor Gericht ist Susann E. kaum wiederzuerkennen. Sie trägt ihr Haar nun kurz und mit blonden Strähnchen, nicht mehr lang und schwarz gefärbt wie früher. Die Ärmel ihres Oberteils sind lang, es ist nicht zu sehen, ob auf ihrer Haut noch die Tätowierungen von früher prangen. Ihr Gesicht versteckt sie hinter einer gelben Aktenmappe vor den Reportern. Sie trägt eine Brille, weiße kugelförmige Ohrringe und schwarze Schnürstiefeletten, um den Hals einen bunten Schal.
Mehr als ihre Personalien, mit leicht heiserer Stimme, gibt sie am Donnerstag vor Gericht nicht an. Die Vorsitzende Richterin unterbricht die Hauptverhandlung daher nach einer knappen halben Stunde. Am Folgetag soll die Befragung von Zeugen beginnen, zunächst eines Beamten des Bundeskriminalamts. Diesem hatte auch Beate Zschäpe vor zwei Jahren noch einmal Informationen in einer längeren Befragung gegeben. Die Anklage gegen Susann E. stützt sich in Teilen wohl auf die dort gewonnenen Erkenntnisse. Zschäpe, die sich im Münchner NSU-Prozess immer schützend vor die Mitangeklagten gestellt und behauptet hatte, sie hätten von nichts gewusst, soll da unter anderem geäußert haben, dass Susann E. durchaus wusste, dass das Trio kein normales Leben führe.
Ob der Prozess gegen E. noch zu Aufklärung führt, wird auch Zschäpe mitbestimmen. Sie soll Anfang Dezember in Dresden als Zeugin aussagen.
Source: faz.net