Protest gegen AfD-Jugend: „Stadt Gießen zum Brennen mitbringen“

Rund um die geplante Gründung einer neuen AfD-Jugendorganisation am letzten November-Wochenende in den Hessenhallen in Gießen muss mit Gewalt gerechnet werden. Darauf lässt ein Aufruf aus der Schweiz auf dem Online-Portal „Indymedia“ schließen. In dem Text von selbsternannten Anarchisten heißt es: „Egal ob wir in der Messehalle die Durchführung sabotieren, ob wir die Autobahnen stilllegen, die Stadt Gießen zum brennen bringen, oder in anderen Städten solidarische Aktionen machen – wir widersetzen uns alle.“ Die Polizei wertet dies als Aufruf zur Gewalt, wie ein Sprecher sagte. Der Text ändere aber nichts an der Vorbereitung auf den Einsatz: Die Polizei stellt sich demnach auf alle möglichen Szenarien ein.

Am 29. und 30. November wird eine fünfstellige Zahl von Gegnern der AfD in der Uni-Stadt erwartet. Die kursierenden Zahlen schwanken zwischen 10.000 und 40.000. Allein das in ganz Deutschland gegen Rechtsextremismus tätige Aktionsbündnis Widersetzen wird nach dem Stand der Dinge mindestens 10.000 Menschen nach Gießen bringen: Nach seinen Angaben sind bisher aufgrund seiner Aufrufe Fahrkarten für mehr als 180 Busse gechartert worden. Unter anderem auf Instagram wirbt es um Teilnehmer.

Marktbeschicker in Gießen bleiben zu Hause

Der örtliche Handel befürchtet erhebliche Umsatzeinbußen durch das AfD-Treffen und den Gegenprotest. Der weithin von Kunden geschätzte Wochenmarkt in der Innenstadt dürfte, wenn überhaupt, nur sehr dünn besetzt sein. „Die meisten von uns werden nicht kommen“, sagte der Vorsitzende der Marktbeschicker, Eric Döbele, der F.A.Z. und verwies auf die geplanten Blockaden. Zahlreiche Kunden dürften angesichts dessen eine Fahrt in die Stadt erst gar nicht in Betracht ziehen. Die Marktbeschicker seien dessen ungeachtet für das Wohl ihrer Beschäftigten und ihre Fahrzeuge verantwortlich. Sie wollten kein Risiko eingehen.

Der Aufruf aus der Schweiz setzt einen neuen Ton in der Debatte um das Treffen in Gießen, den bisher das Aktionsbündnis Widersetzen prägt. Das Aktionsbündnis hat mehrfach hervorgehoben, es werde die Lage bei den Protesten „nicht eskalieren“. Nach den Worten von Sprecherinnen aus Gießen will Widersetzen die Neugründung der AfD-Jugend durch Blockaden verhindern. Zu diesem Zweck sollen sich Demonstranten vor die Hessenhallen setzen und eine Zufahrt zum Tagungslokal unmöglich machen. Alle Beteiligten würden sich verpflichten, dabei Einsatzfahrzeugen Vorrang zu gewähren, heißt es.

Am Wochenende übte das Aktionsbündnis in der Gießener Kongresshalle für seinen Einsatz. Dazu gehörten neben Sitzblockaden auch Trainingseinheiten, wie im Gespräch mit anderen Menschen gegen AfD-Positionen argumentiert werden sollte. Das Bündnis wolle am letzten Novemberwochenende ein buntes, offenes und fröhliches Bild von Gießen zeigen. Die Antifa sei, anders als vielfach behauptet, keine radikale Bewegung – sie vereine nur Menschen, die sich gegen Faschismus wendeten.

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Auch in dem Aufruf aus der Schweiz wird das Aktionsbündnis als Haupttreiber der Mobilisierung des Protestes gegen das Treffen der AfD-Jugend genannt. Doch wird es darin auch für seine Haltung kritisiert: „Es reicht nicht die Straße zu blockieren und die Gründung für ein paar Stunden zu verhindern. Es braucht mehr“, heißt es in dem Aufruf.

Source: faz.net