Präsident Sergio Mattarella: Italien braucht keine Ratschläge von Elon Musk

Der Trump-Vertraute empfiehlt eine Säuberung des italienischen Justizapparates. Ihn stören Richter, die nicht dulden, dass Migranten in albanischen Abschiebelagern interniert werden


Ziemlich beste Freunde: Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und Milliardär Elon Musk

Foto: Imago/Zuma Press


„Der Präsident der Republik ist das Oberhaupt des Staates und vertritt die Einheit der Nation“, heißt es in Artikel 87 der italienischen Verfassung. Nur in Ausnahmefällen äußert er sich zu politischen Streitfragen. Jetzt gab es einen solchen Fall, der sich allerdings wiederholen könnte. Noch vor Donald Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus hielt dessen prominentester Fahnenträger es für geraten, auch außenpolitisch aufzutrumpfen und den italienischen Partnern Ratschläge zu erteilen. Elon Musk, Trumps Berater für „effizientes Regieren“, empfahl dringend eine Säuberung des italienischen Justizapparats: „These judges must go!“, schrieb er wörtlich auf X.

Zu entlassen seien die Richter des für Migrationsfragen zuständigen Gerichts in Rom, die sich der ungesetzlichen Politik der italienischen Regierung entgegenstellen. Zwei Mal ordneten sie an, Asylsuchende aus Ägypten und Bangladesch nach Italien zu bringen: Deren Unterbringung in dem unter italienischer Verwaltung stehenden Abschiebelager in Albanien sei illegal. Dagegen wüteten auch Premierministerin Giorgia Meloni und Partner, Musk allerdings ging noch einen Schritt weiter. In einem von mehreren Tweets stellte er die rhetorische Frage, ob denn in Italien „eine nicht gewählte Autokratie die Entscheidungen treffe“. Gemeint waren die „roten Togen“, angeblich politisch motivierte Juristen, die planmäßig notwendige Regierungsvorhaben sabotieren würden.

Der am häufigsten zitierte Satz Mattarellas lautet: „Italien kann für sich selber sorgen

An diesem Punkt intervenierte Staatspräsident Sergio Mattarella. Ohne Namen zu nennen, wies er Musk in die Schranken: „Jedermann – besonders wenn er im Begriff ist, eine bedeutende Rolle in der Regierung eines befreundeten und verbündeten Landes zu übernehmen – muss unsere Souveränität respektieren und darf sich nicht anmaßen, Vorschriften zu erlassen.“ Denn, so der von den italienischen Medien am häufigsten zitierte Satz Mattarellas: „Italien kann für sich selber sorgen.“ Das weiß auch Musk, der mit Meloni befreundet ist und sich regelmäßig mit ihr austauscht. So auch vergangene Woche, als er zwischen zwei Tweets gegen die italienische Justiz schnell noch den deutschen Seenotrettungsverein Sea Watch zur „kriminellen Organisation“ erklärte.

Das ist ganz im Sinne Melonis und ihrer Koalitionäre. Die von Teilen der Opposition geäußerte Aufforderung an die Regierungschefin, sich Musks Einmischung zu verbitten, geht ins Leere. Denn die amtierende italienische und die künftige US-Regierung funken in Sachen Migrationsabwehr auf derselben Wellenlänge. Hier findet zusammen, was ideologisch zusammen gehört. Melonis Vizepremier Matteo Salvini von der Lega bejubelte Donald Trumps Wahlsieg denn auch ganz offen. Aus Italien ist ein nennenswerter Beitrag zur europäischen „Trump-Resistenz“ nicht zu erwarten.

Wer die italienische Politik schon länger verfolgt, könnte versucht sein, in der neuen Offenheit der transatlantischen Beziehungen auch etwas Positives zu sehen: Zumindest kennt man heute die handelnden Personen. In Zeiten des Kalten Krieges war das anders. Den US-Regierungen galt Italien, seit 1949 Mitglied der NATO, als „weicher Bauch“ des westlichen Lagers. Schon bald nach Kriegsende rekrutierten US-Agenten faschistische Kader für die geheime Bürgerkriegsarmee „Gladio“. William Colby, seit 1953 in Rom stationiert und in den 1970er Jahren CIA-Chef, blickte später stolz auf seine Tätigkeit zurück, lobte die militärischen Interventionspläne der US-Regierung in Italien und bekannte im Dezember 1994 gegenüber dem Corriere della Sera: „Es wäre dumm gewesen, sich nicht auf einen Notfall vorzubereiten.“ Als solcher galt damals schon eine Regierungsbeteiligung der Kommunistischen Partei.

Von einer ähnlichen „Bedrohung“ ist Italien heute weit entfernt. Auch die jetzt angefeindeten Richter, die sich nur an geltendes internationales Recht halten, „werden uns nicht stoppen“, verkündete Giorgia Meloni. Ob Elon Musks Einmischungen dabei helfen oder doch eher schaden, ist derzeit offen. Für das übrige Europa sind sie ein weiteres Alarmsignal.

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