Für sein wichtigstes Produkt hat sich Porsche nun endgültig die Spezialbatterie V4Drive von Varta gesichert. Der Sportwagenhersteller übernimmt die Mehrheit an der Produktionsgesellschaft der Energiespeicher, um den Turbohybrid seines Modells 911 Carrera GTS mit den Akkumulatoren auszustatten. Der Einstieg erfolgt über eine Kapitalerhöhung, die Verträge sind unterschrieben, wie Varta am Mittwoch in Ellwangen mitteilte. Porsche hält künftig 70 Prozent der Anteile an der Produktion.
Zurzeit läuft die Herstellung der Batteriezelle auf einer Pilotanlage im baden-württembergischen Ellwangen, die gesamte Produktion kauft schon jetzt der Stuttgarter Autohersteller. Varta bringt das Know-how und ein neues Gebäude am Standort Nördlingen ein, wo die Industrialisierung der Batteriezelle erfolgen soll. Die Finanzierung der auf die industrielle Fertigung ausgelegten Produktionsanlagen in Nördlingen übernimmt Porsche. „Wir sehen für unsere großformatigen Lithium-Ionen-Zellen sehr gute Perspektiven und freuen uns, mit der Porsche AG einen starken Partner für die Weiterentwicklung und Vermarktung gefunden zu haben“, sagte Varta-Vorstandschef Michael Ostermann der F.A.Z. Mit dem Vollzug des Einstiegs rechnet Varta im ersten Quartal 2025.
Porsche braucht die Batteriezelle, weil er bei dem weltbekannten Sportwagen 911 auf ein besonderes Antriebskonzept setzt. Das Modell soll auch künftig mit einem Verbrennungsmotor fahren. Um die Klimaziele des Unternehmens zu erreichen, sollen Motoren allerdings durch einen Hybridantrieb unterstützt werden, und zwar in einer Form, die bislang in der Branche noch nirgends realisiert wurde, dem sogenannten Turbohybrid.
Die wirtschaftliche Lage von Varta ist labil
Dafür benötigt man Spezial-Akkus, die in besonders kurzer Zeit sehr viel Energie aufnehmen oder abgeben können. „Mit der heute geschlossenen Vereinbarung wollen wir die V4Drive voranbringen und damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von Schlüsseltechnologien und Arbeitsplätzen am Standort Deutschland leisten. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns vor Abschluss der Transaktion nicht zu weiteren Details äußern“, sagte ein Porsche-Sprecher auf Anfrage.
Die Zurückhaltung des Sportwagenherstellers gründet sich auf die wirtschaftlich schwierige Situation des Varta-Konzerns. Das Unternehmen hatte sich durch Investitionen in neue Fabriken und die Ausweitung der Produktion auf Batteriezellen für die Automobilindustrie übernommen. Ohne einen Schuldenschnitt und frisches Geld in Höhe von 120 Millionen Euro ist eine Insolvenz aller Voraussicht nach nicht zu vermeiden. Ziel von Gläubigern, Management und Mehrheitseigner ist es, den angeschlagenen Batteriehersteller mithilfe des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) zu stabilisieren. Auch an diesem Prozess beteiligt sich Porsche, das als Aktionär in die Muttergesellschaft Varta AG einsteigt. Die Verträge dazu haben die Partner am Montag unterzeichnet.
Mitte August hatten sich Mehrheitseigentümer Michael Tojner und Porsche mit Gläubigern, die vorrangige Darlehen halten, auf ein Restrukturierungsmodell im Rahmen des StaRUG-Verfahrens geeinigt. Dabei verlieren alle bisherigen Aktionäre einschließlich Tojner ihre alten Kapitalanteile, was dazu führt, dass die Börsennotierung der Varta-Aktien verloren geht.
Wie sich der Mehrheitsaktionär Tojner und Porsche einbringen
Neue Gesellschafter sollen eine von Tojner kontrollierte Gesellschaft sowie die Porsche AG werden: Während Porsche 30 Millionen Euro an Barmitteln einbringt, steuert Tojner zehn Millionen Euro in bar und 20 Millionen an Immobilien bei. Dazu kommt ein neuer Vorrangkredit in Höhe von 60 Millionen Euro, der von bestehenden Gläubigern gewährt wird. Diese partizipieren künftig zudem über eine virtuelle Beteiligung zu 36 Prozent am wirtschaftlichen Eigenkapital der Varta, die übrigen 64 Prozent teilen sich mit jeweils 32 Prozent die Tojner-Gesellschaft und Porsche.
Nach langwierigen Verhandlungen und einem leicht verbesserten Angebot stimmten Mitte September auch die Schuldschein-Gläubiger der Lösung zu. Diese Gruppe, die in der ursprünglichen Vereinbarung auf fast 60 Prozent ihrer Investitionen hätte verzichten müssen, erhält eine leicht verbesserte Quote. Zudem wird ein Teil ihrer Darlehen im Rang höher gesetzt, was ihre anfangs sehr ablehnende Haltung geändert hat.
Die Kleinaktionäre sperren sich weiter gegen den seit Montag in Verträge gegossenen Stabilisierungsplan. Sie können die gefundene Lösung allerdings aller Voraussicht nach nicht kippen. Nach einer Hauptversammlung vor gut zwei Wochen warf der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Marc Tüngler, der Varta-Führung vor, die Interessen der Kleinanleger zu ignorieren. „Nach der Hauptversammlung werden wir klarer werden müssen, was die Konsequenzen sind, wenn das Unternehmen den Streubesitz ohne Entschädigung rausdrücken will“, sagte Tüngler. Der nächste Schritt im StaRUG-Verfahren ist, dass das zuständige Gericht die Lösung bewertet.