Porsche SE will Milliarden gen VW nachahmen

Wegen der Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Autokonzerns Volkswagen sieht sich die Holding der Aktionärsfamilien Porsche und Piëch zu einer Abschreibung in Milliardenhöhe gezwungen. Wie die Porsche SE mit Sitz in Stuttgart am Freitagabend nach Börsenschluss mitteilte, wird sie den Bilanzwert der Anteile an VW wohl in einer Spanne zwischen sieben und 20 Milliarden Euro nach unten korrigieren. Auch die Beteiligung am Sportwagenhersteller Porsche werde wohl ein bis zwei Milliarden Euro im Wert berichtigt, heißt es weiter.

Die im Aktienindex Dax notierte Holding nimmt deshalb ihre Ergebnisprognose für das laufende Geschäftsjahr zurück und rechnet nun mit einem erheblichen Verlust nach Steuern, wie die Porsche SE am Freitagabend mitteilte. Bislang hatte sie ein Konzernergebnis nach Steuern von 2,4 Milliarden bis 4,4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

Über die Porsche SE kontrollieren die Milliardärsfamilien Porsche und Piëch ihre Mehrheitsbeteiligung an VW und darüber hinaus ein gutes Viertel der Stimmrechte an dessen börsennotierter Tochtergesellschaft, dem Sportwagenhersteller Porsche AG, dessen Ursprünge auf den Ingenieur und Patriarch der Familien zurückgehen, Ferdinand Porsche.

Ausschlaggebend für die jetzt angekündigten Abschreibungen ist, dass die Porsche SE die Aktien in ihren Büchern deutlich höher bilanziert, als sie nach dem aktuellen Kurs wert sind. Das hat auch mit einem technischen Effekt zu tun, der die Rechnungslegung nach dem internationalen Standard „IFRS“ betrifft. Die Regeln zwingen die Porsche SE dazu, jenen Teil des Gewinns, den VW jedes Jahr nicht als Dividende ausschüttet, dem bilanzierten Wert der Aktien zuzuschlagen. So ist der Wert der VW-Aktie in der Bilanz der Porsche SE im Laufe der Jahre auf den theoretischen Wert von rund 300 Euro gestiegen, obwohl die stimmberechtigten Stammaktien an der Börse nach langem Kursverfall derzeit nur etwa 90 Euro kosten.

VW-Eckdaten werden nicht pünktlich fertig

Die Diskrepanz zwischen bilanziertem Wert und Kurswert hat die Porsche SE jedes Jahr durch einen sogenannten Cashflow basierten Fundamentalwert aufgefangen, der sich auf die Fünf-Jahresplanung von VW gründete. Am Freitagmorgen hatte der VW-Vorstand die Stuttgarter Holding aber offenbar darüber informiert, dass die Eckdaten für den kommenden Planungsturnus dieses Mal nicht rechtzeitig zum 31. Dezember fertig werden.

Die Planungsrunden des VW-Konzerns waren viele Jahre lang ein Fixpunkt, zu dem gegen Ende des vierten Quartals jedes Mal eine Pressemeldung mit großen Investitionszahlen veröffentlicht wurde. Zuletzt hatte VW den öffentlichen Aufschlag reduziert, aber an der internen Vorausplanung so wenig Abstriche gemacht, dass auch die Porsche SE als Großaktionärin genug Planungssicherheit für die eigenen Berechnungen hatte.

Das einzige Mal, in dem die entsprechenden Daten zum Jahresende nicht vorlagen, soll dem Vernehmen nach in der Corona-Pandemie gewesen sein. Nun sorgen die laufenden Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern für enorme Unsicherheit. Denn neben den Gesprächen um einen Haustarif, die am Montag und Dienstag fortgesetzt werden, geht es dabei auch um Investitionen und die genaue Belegung der Werke. Alles in allem will der VW-Konzern nach Angaben der Arbeitnehmervertreter seine Kosten um 17 Milliarden Euro senken, um wieder zu wettbewerbsfähigen Renditen zu kommen. Über den Weg dahin wird heftig gerungen, zuletzt hatten Zehntausende Beschäftigte in Warnstreiks die Arbeit niedergelegt.

Pessimistischerer Ausblick der Börsenfachleute nun ausschlaggebend

Die Folge der ausbleibenden Planungen aus Wolfsburg war, dass die Porsche SE den Cashflow basierten Fundamentalwert nun nach eigenen Angaben auf die Einschätzung von Analysten stützen muss, statt auf interne Konzerndaten. Der pessimistischere Ausblick der Börsenfachleute soll nun die Wertberichtung nötig gemacht haben. Die Holding spricht in ihrer Meldung von einer „unter den ursprünglichen Erwartungen liegenden Nachfrage auf diversen Märkten, zunehmenden geopolitischen Spannungen und protektionistischen Tendenzen. All das sorge für Unsicherheit und lasse eine genauere Bewertung erst nach dem Jahreswechsel zu.

Trotz der voraussichtlich hohen Abschreibungen geht die Porsche SE weiterhin von der Ausschüttung einer Dividende aus. „Wir planen, eine Dividende zu zahlen, und wir können auch eine Dividende zahlen, denn der voraussichtliche bilanzielle Verlust ist nicht Cash-wirksam“, sagte Johannes Lattwein, der Finanzchef der Porsche SE, der F.A.Z. „Durch diese Wertberichtungen sind wir in unserer Dividendenfähigkeit nicht limitiert.“ Der VW-Konzern hofft, noch vor Weihnachten eine Einigung mit seinen Arbeitnehmervertretern über die künftigen Löhne zu erzielen, doch ob und in welchem Umfang eine Lösung auch die künftige Werkbelegung und andere Fragen umfassen kann, ist offen.

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