Das Vermögen der Superreichen der Welt wächst nach Angaben der Entwicklungsorganisation Oxfam immer schneller. Allein im vergangenen Jahr sei das Gesamtvermögen der weltweit knapp 2.800 Milliardäre von 13 auf 15 Billionen US-Dollar gestiegen – dreimal so schnell wie im Jahr 2023, berichtet Oxfam in einer neuen Studie zum Auftakt des Weltwirtschaftsforums in Davos.
Im vorigen Jahr kamen zudem 204 neue Milliardärinnen und Milliardäre hinzu und damit im Schnitt fast vier pro Woche. Zugleich stagniere die Zahl der Menschen, die unter der erweiterten Armutsgrenze der Weltbank von 6,85 US-Dollar pro Tag leben, und die Zahl hungernder Menschen steige. Dem Oxfam-Bericht Takers not Makers liegen Daten aus verschiedenen Quellen zugrunde. So führte Oxfam etwa Forbes-Schätzungen zum Vermögen von Milliardären mit Daten der Weltbank und solchen aus dem UBS-Weltvermögensreport zusammen.
Jeden Tag um zwei Millionen Dollar reicher
Die Oxfam-Analysten rechnen angesichts der rapide steigenden Vermögen damit, dass fünf der derzeitigen Milliardäre innerhalb der nächsten zehn Jahre zu Billionären werden könnten. Das Vermögen einer Milliardärin oder eines Milliardärs vergrößerte sich demnach pro Tag im Schnitt um zwei Millionen US-Dollar. Die zehn reichsten Milliardäre wurden pro Tag sogar um durchschnittlich 100 Millionen US-Dollar reicher. Selbst wenn sie über Nacht 99 Prozent ihres Vermögens verlieren würden, blieben sie Milliardäre, teilt Oxfam mit.
„Der Vermögenszuwachs der Superreichen ist grenzenlos, während es bei der Bekämpfung der Armut kaum Fortschritte gibt und zum Beispiel Deutschland die Unterstützung einkommensschwacher Länder sogar kürzt“, sagte die geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland, Serap Altinisik.
Deutschland auf Platz vier der Milliardärsstatistik
Deutschland hat laut Bericht die viertmeisten Milliardäre weltweit. Ihre Zahl stieg demnach im vergangenen Jahr um neun auf 130. Ihr Gesamtvermögen liege inzwischen bei 625,4 Milliarden US-Dollar. Oxfam errechnete zudem, dass deutsche Milliardärinnen und Milliardäre überdurchschnittlich von Erbschaften profitieren. Während weltweit 36 Prozent des Milliardärsvermögens aus Erbschaften stammt, ist der Anteil in Deutschland mit 71 Prozent fast doppelt so hoch.
„Auch in Deutschland wächst der Superreichtum unaufhaltsam“, warnte Oxfam. Zugleich habe die Armut in den letzten Jahren stark zugenommen, viele Menschen könnten ihren gewohnten Lebensstandard nicht halten. „Diese extreme Ungleichheit entsteht maßgeblich durch eine ungerechte Steuerpolitik“, sagte Oxfam-Referent Manuel Schmitt. „Superreiche zahlen hierzulande oft weniger Steuern und Abgaben als Mittelschichtsfamilien.“
Oxfam fordert härtere Vermögensbesteuerung
Die nächste Bundesregierung müsse deshalb eine Besteuerung großer Vermögen beschließen, fordert Oxfam. Unter anderem SPD und Grüne schlagen dies in ihren Programmen für die Bundestagswahl im Februar vor. „Schon mit sehr kleinen Steuersätzen auf die Vermögen Ultrareicher könnte man viele Probleme lösen“, sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) der Funke Mediengruppe.
Sorgen macht Oxfam auch, dass sich die Wirtschaftsmacht der Milliardäre deutlich sichtbar auch in politischer Macht niederschlägt. Die Ungleichheit habe Folgen für die Demokratie, warnte Altinisik. „Denn Reichtum geht Hand in Hand mit politischer Macht. Das sehen wir heute bei der Amtseinführung des US-Präsidenten Donald Trump: ein milliardenschwerer Präsident, unterstützt vom reichsten Mann der Welt, Elon Musk.“
Proteste vor Gipfelstart in Davos
Im Schweizer Alpenkurort Davos treffen sich ab diesem Montag Politiker und Wirtschaftsführer zu fünftägigen Gesprächen. Allein 60 Staats- und Regierungschefs werden erwartet – von Kanzler Olaf Scholz
und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über Chinas
Vizepremier Ding Xuexiang bis zu Argentiniens Präsident Javier Milei. Am Vortag protestierten etwa 300 Menschen in dem Bergort für eine stärkere Besteuerung von Reichen und blockierten die Hauptzufahrtsstraße.
Die Polizei schritt ein, nachdem die Demonstranten zwei Aufforderungen, den Ort zu verlassen, ignorierten, sagte eine Polizeisprecherin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Unter den Demonstranten befand sich auch die österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn, eine Nachfahrin von BASF-Konzerngründer Friedrich Engelhorn. Sie sagte dem Sender AFPTV, das Weltwirtschaftsforum symbolisiere, „wie viel Macht wohlhabende Menschen wie ich haben“. Sie sprach zudem von einem großen „Mangel an Transparenz“. Engelhorn kritisierte außerdem die Umweltverschmutzung, die durch die zum Gipfel fliegenden Privatjets verursacht werde.