
US-Präsident Donald Trump will die KI-Entwicklung neu regulieren – und die Tech-Riesen haben große Wünsche. OpenAI will sich einen Freibrief zur Verwendung urheberrechtlich geschützten Materials ausstellen lassen. Es gehe um Amerikas Vorsprung vor China – und die Sicherheit im Land.
Die US-Regierung unter Donald Trump will die Regulierung der Entwicklung künstlicher Intelligenz für US-Unternehmen neu fassen – und die wichtigsten KI-Konzerne nutzen diese Chance, neue Freiheiten und Ausnahmeregelungen für sich zu verlangen und die Konkurrenz aus China auszubremsen.
Trumps Vorgänger Joe Biden war dem Vorbild der EU-Kommission gefolgt und hatte relativ strenge Regeln rund um die KI-Entwicklung implementiert – allerdings nur als „Executive Order“, nicht in Gesetzesform. Darum kann Trump nun relativ einfach die Biden-Regeln streichen und eine eigene KI-Regulierung aufsetzen. Er arbeitet an einem „nationalen KI-Aktionsplan“, zu dem auch die US-Tech-Konzerne beitragen wollen.
Das Regulierungs-Wunschkonzert haben jetzt die Chat-GPT-Erfinder von OpenAI angestimmt. Sie beabsichtigen, sich einen Freibrief zur Verwendung von urheberrechtlich geschützten Materialien im Netz zum Training ihrer Algorithmen geben zu lassen. Bislang ist in den USA nicht final vor Gericht geklärt, ob die KI-Unternehmen Texte und Daten, die auf fremden Seiten etwa von Zeitungsverlagen im Netz stehen, für das Training verwenden dürfen. Es ist offen, ob das KI-Training unter die sogenannte „Fair Use“-Doktrin fällt – oder ob die Unternehmen den Rechteinhabern Lizenzgebühren zahlen müssen.
Autoren und Verlage klagen gegen KI-Konzerne
OpenAI argumentiert jetzt, dass die bisherigen Regeln zu streng sind und die Forschungsarbeit der US-Unternehmen ausbremsen. Das sei, so OpenAI, sogar eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA: „Die Anwendung der Fair-Use-Doktrin auf KI ist nicht nur eine Frage der amerikanischen Wettbewerbsfähigkeit – es ist eine Frage der nationalen Sicherheit.“
Die Konkurrenz aus China etwa müsse sich nicht um US-Urheberrechtsregeln sorgen, so das Argument. Dort werde einfach kopiert, was im Netz verfügbar sei. Offen nennt OpenAI den chinesischen Konkurrenten DeepSeek und verlangt von der US-Regierung ein Verbot für KI-Modelle aus China. Dabei spart OpenAI nicht an patriotischen Untertönen, um Trump zu überzeugen: „Während Amerika heute in der KI führend ist, zeigt DeepSeek, dass unser Vorsprung nicht groß genug ist und schrumpft.“ Der KI-Aktionsplan solle sicherstellen, „dass sich die von Amerika entwickelte KI gegenüber der von der kommunistischen Partei Chinas geförderten KI durchsetzt und so sowohl die amerikanische Führungsrolle in der KI als auch eine bessere Zukunft für alle Amerikaner sichert“.
Keine Lizenzgebühren mehr, um den Vorsprung Amerikas zu sichern – ähnlich argumentiert auch der Internetkonzern Google. Ausnahmen beim Copyright seien entscheidend, damit die US-Konzerne weiterhin schnell entwickeln können. „Diese Ausnahmen ermöglichen die Nutzung urheberrechtlich geschützten, öffentlich verfügbaren Materials für das KI-Training, ohne die Rechteinhaber wesentlich zu beeinträchtigen.“ Langwierige Verhandlungen mit Rechteinhabern während der Modellentwicklung, so Google, wolle man lieber vermeiden.
Dass das die Rechteinhaber anders sehen, liegt in der Natur der Sache. In diversen Verfahren weltweit klagen aktuell Autoren und Verlage gegen die KI-Konzerne, die sich das verfügbare Material im Netz erst einmal gegriffen haben. So klagte die „New York Times“ bereits 2023 gegen OpenAI. Diverse weitere Autoren und Verlage drohen, auch die Anwender und Kunden der KI-Konzerne zu verklagen, so sie Material verwenden, dass von der KI geschrieben wurde.
Google hat deswegen inzwischen sogar eine Anti-Copyright-Garantie für die Anwender seiner künstlichen Intelligenz verkündet: „Vereinfacht ausgedrückt: Werden Kunden aus urheberrechtlichen Gründen belangt, übernehmen wir die damit verbundenen möglichen Rechtsrisiken.“
Trump-Berater Musk hat eigene Interessen
In Europa hat die EU-Kommission bislang eine Ausnahmeregelung für sogenanntes Data-Mining zu Forschungszwecken im Urheberrecht vorgesehen. Ob diese auch für Konzerne uneingeschränkt gilt, ist bisher nicht vor Gericht entschieden. Gleichzeitig aber schließen Verlage und Verwertungsgesellschaften bereits Lizenzverträge mit den US-Unternehmen ab, um die Verwendung von Inhalten für Trainingsdaten zu legalisieren. Die deutsche VG Wort bietet seit November eine eigene KI-Lizenz für Unternehmen an.
Auch die US-Konzerne reagieren – und sammeln kostenlose Daten bei den Nutzern ihrer Social-Media-Netzwerke ein. So hat Meta etwa in den USA seine Lizenzbedingungen entsprechend angepasst. Allerdings hält man sich in Deutschland bisher zurück und hat die Einführung der neuen Regeln hierzulande „aufgrund des Feedbacks von Aufsichtsbehörden“ verschoben.
Auch Elon Musks X verwendet die Nutzerbeiträge für das Training der Musk-KI Grok. Google gibt an, dass seine KI-Modelle „anhand einiger YouTube-Inhalte trainiert werden“, was im Rahmen von Vereinbarungen mit YouTube-Erstellern erlaubt sei.
Untereinander streiten die Konzerne. So hat etwa OpenAI laut US-Medienberichten ohne vorherige Erlaubnis Transkripte von mehr als einer Million Stunden YouTube-Videos ausgewertet. Meta soll sich laut den Berichten bei Buch-Zusammenfassungen im Netz, wie sie unter anderem Googles „Books“-Service anbietet, bedient haben.
Fraglich ist nun, wie Trumps Regierung die „Fair Use“-Klauseln für die KI-Konzerne neu interpretiert. Dabei könnten auch Elon Musks Interessen eine Rolle spielen: Er besitzt mit xAI selbst Mehrheitsanteile an einem milliardenschweren KI-Start-up und hat eigene Interessen daran, dass die Trainingsdaten günstig oder kostenlos verfügbar bleiben. Sollte Trump einem entsprechenden Rat seines wichtigsten Tech-Ratgebers folgen, dürften es Rechteinhaber in den USA künftig schwer haben, am AI-Boom mitzuverdienen.
Benedikt Fuest ist Wirtschaftskorrespondent für Innovation, Netzwelt und IT.
Source: welt.de