Nvidia-Chef Jensen Huang: Der Drei-Billionen-Dollar-Mann

Der atemberaumebde Börsenboom des amerikanischen Chipherstellers Nvidia geht in die nächste Runde: Nun halten die Anleger das Unternehmen für mehr als 3 Billionen Dollar wer. Dafür sorgte aktuell ein Kursplus von gut fünf Prozent. eine Nvidi-Aktie kostet nun mehr als 1220 Dollar – zum Vergleich: Vor ungefähr fünf Jahren kostete so ein Anteilsschein noch gut 30 Dollar. Kein anderer Technologiewert vergleichbarer Größe verzeichnete eine ähnliche Entwicklung während dieser Zeit.

Inzwischen ist Nvidia am Kapitalmarkt sogar wertvoller als der iPhone-Hersteller Apple, der jahrelang die Liste der Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung dominierte. Nur der Softwarehersteller Microsoft liegt nun (noch) vor Nvidia. Dabei speist sich der Kursanstieg beider Konzerne aus einer ähnlichen Hoffnung: dem weiteren Fortschritt der Schülsseltechnologie Künstliche Intelligenz. Microsoft setzt auf das Massengeschäft mit KI-Anwendungen, die in sein beliebtes Betriebssystem und die Bürosoftware integriert werden etwa aus der Zusammenarbeit mit dem ChatGPT-Hersteller OpenAI.

Nvidia wiederum ist der maßgeblicher Hardware-Ausrüster für diese Technologie: Die Chips eigenen sich besonders gut für die für die großen Sprachmodelle erforderlichen Rechnungen, mit denen die KI-Systeme angelernt und gewaltige Datenmengen verarbeitet werden. Wer ein KI-Rechnenzentrum baut, fragt heute händeringend Nvidia-Prozessoren nach. Nvidia verkauft unter anderem Microsoft, Google sowie dem Facebook-Konzern Meta tausende Chipsysteme.

KI-Woodstock

Der Architekt hinter diesem Erfolgt heißt Jensen Huang. Seit Jahrzehnten führt er Nvidia, heute ist er so etwas wie der Rockstar der KI. Zuletzt konnte man das in Taiwan erleben, wo er zu Besuch war. Die Stimmung in Taipehs großer Basketballarena erinnerte an ein Rockkonzert. Coldplays „Viva La Vida“ und Taylor Swifts „Shake It Off“ dröhnten aus den Boxen. Viele Besucher hatten schon lange vor dem Einlass im strömenden Regen vor der Halle ausgeharrt. Jensen Huang wurde mit tosendem Applaus von den vielleicht 5000 Zuschauern empfangen – der Vorstandsvorsitzende eines Technologiekonzerns, der in der Branche im Moment so verehrt wird, dass ihn ein Analyst auf der Plattform X unlängst begeistert als „König der Welt“ beschrieb.

Wie immer in schwarzer Lederjacke und kalifornischer Lässigkeit, ist Huang zu einer Art Steve Jobs des KI-Zeitalters geworden. Einer, der den breiten Massen erklären kann, welche gewaltigen Veränderungen die Computerwelt durchmacht. Eine Nvidia-Konferenz für Softwareentwickler im März wurde von Analysten KI-Woodstock genannt. Huang wählt während siener Auftritte gerne große Worte, wenn er über KI spricht. Er ruft eine „neue Computer-Ära“ aus oder auch „die nächste industrielle Revolution“.

Die Rede in Taipeh anlässlich der Technologiemesse Computex war ein Heimspiel für Huang, er ist gebürtiger Taiwaner. Immer wieder scherzte er auf Chinesisch, und er erzählte, dass er sich die Narbe auf seinem Gesicht auf einem der vielen Nachtmärkte in Taipeh zugezogen habe. „Ein Verkäufer wusch seine Messer, und ich war damals ein kleines Kind.“

Auch sportlich versiert: Nvidia-CEO Huang wirft bei einem Baseballspiel in Taipei den zeremoniellen ersten Ball.AFP

Huang gab den Taiwanern etwas, das sie in diesen unruhigen Zeiten der wachsenden Kriegsgefahr aus China brauchen: Zuversicht und die Bestätigung, wie wichtig dieses kleine Land im Fernen Osten, in dem der größte Teil der Hochleistungschips für die ganze Welt für Nvidia und andere Unternehmen gebaut wird, für die globale IT-Industrie ist. „Danke, Taiwan. Ihr habt die Infrastruktur für die KI-Revolution in der Welt aufgebaut“, sagt er. „Und wir werden auch in Zukunft diese Technologien mit euch zusammen aufbauen.“

KI im Miniaturformat

Wie die Zukunft aussieht, so schien es immer wieder während der zweistündigen Rede, weiß keiner besser als Huang. Er machte mehrere Ankündigungen, stellte eine neue Prozessorgeneration Rubin vor, was umso bemerkenswerter war, weil Nvidia erst im März das neue Chipmodell Blackwell präsentiert hatte, dessen Produktion gerade anläuft und das er an diesem Abend in Taipeh unter begeistertem Jubel auf die Bühne trug. Die Rubin-Prozessoren sollen 2026 herauskommen.

Wie Huang sagte, sollen sie bei immer besserer Rechenleistung immer weniger Strom verbrauchen. 2016 habe die Generierung eines Tokens, also die kleinste Einheit, in der KI Texte verarbeitet, 17.000 Joule an Energie erfordert. Dies entspreche der Energie, mit denen zwei 100-Watt-Lampen zwei Tage lang leuchten können. Heute seien es nur noch 0,4 Joule. Das mache es zu einem echten Kostensparprogramm, alte Prozessoren durch neue zu ersetzen, sagt Huang und scherzte:„Je mehr Sie kaufen, desto mehr sparen Sie.“ Das sei „CEO-Mathematik“, zwar nicht akkurat, aber korrekt.

Hat eine Vision: Huang spricht bei der Tech-Messe Computex in Taipei, Taiwan.AP

Der 61 Jahre alte Nvidia-Chef sprach da auch über die neue Softwareplattform Nim. Damit will das Unternehmen KI im Miniaturformat anbieten, die sich Kunden je nach Bedarf zusammensetzen. „Sie werden funktionieren wie echte Mitarbeiterteams aus unterschiedlichen Experten. Und der Teamleader bietet Ihnen dann die Lösungen.“ Nvidia wurde im vergangenen Jahr zum ersten Chipanbieter überhaupt, der an der Börse mit mehr als einer Billion Dollar bewertet wird. Seither hat sich der Aktienkurs noch mehr als verdoppelt

Und davon profitiert auch Huang persönlich. Auf dem Bloomberg Billionaires Index wird er derzeit mit einem Vermögen von mehr als 96 Milliarden Dollar geführt. In seinem jüngsten Quartalsbericht meldete Nvidia mehr als eine Verdreifachung seines Umsatzes und mehr als eine Versiebenfachung seines Nettogewinns. Das Unternehmen dominiert bislang das Geschäft mit Chips mit KI-Anwendungen. Konkurrenten wie Advanced Micro Devices, Intel oder Arm versuchen zwar aufzuholen und zeigen auch auf der Computex ihre Neuheiten, aber bisher bleibt Nvidia das Maß aller Dinge. Huangs Chips sind so gefragt, dass er darüber spricht, wie er sie möglichst fair auf seine Kunden verteilen kann.

Huang hatte seine frühe Kindheit in Taiwan und in Thailand verbracht. Seine Eltern schickten ihn zusammen mit seinem Bruder in die USA, als er neun Jahre alt war, weil sie wollten, dass er unter stabileren politischen Verhältnissen aufwächst. Er studierte Elektrotechnik, erst in Oregon, dann in der kalifornischen Stanford-Universität. Nach ersten Jobs, unter anderem beim heutigen Wettbewerber AMD, gründete er 1993 mit zwei Freunden Nvidia.

Der Unternehmenslegende zufolge entstand die Idee in einer Filiale der Restaurantkette Denny’s. Huan­g hat als Teenager auch in einem Denny’s-Lokal gekellnert. Nvidia wurde ursprünglich mit Grafikkarten bekannt, die helfen, aufwendige Videospiele darzustellen, und war deshalb lange vor allem Spielefanatikern ein Begriff. Die Fähigkeit von Nvidias Grafikprozessoren, viele Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, machte sie aber in der jüngeren Vergangenheit auch zunehmend für andere Felder relevant. Wie sich herausgestellt hat, eignen sie sich besonders gut für komplexe KI-Aufgaben.

Huang identifiziert sich so sehr mit Nvidia, dass er sich vor einigen Jahren das Logo des Unternehmens auf den Oberarm tätowieren ließ. Und offenbar schaltet er nicht allzu oft ab. Kürzlich sagte er: „Ich arbeite von dem Moment, in dem ich aufwache, bis zu dem Moment, in dem ich ins Bett gehe. Ich arbeite sieben Tage in der Woche. Wenn ich nicht arbeite, denke ich an die Arbeit.“ Und wenn er sich Filme ansehe, könne er sich hinterher nicht mehr an sie erinnern, weil er währenddessen an die Arbeit gedacht habe. In der amerikanischen Fernsehsendung „60 Minutes“ hat Huang unlängst auch zugegeben, dass er viel von seinen Mitarbeitern fordere und dass es nicht immer leicht sei, für ihn zu arbeiten. Andererseits: „So sollte das auch sein. Wenn man außergewöhnliche Dinge tun will, sollte das nicht leicht sein.“

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