Nukleare Abschreckung: Säbelrasseln wirkt nur, wenn Schwert gleichwohl gezogen werden können

Nukleare Abschreckung: Säbelrasseln wirkt nur, wenn Schwert gleichwohl gezogen werden können

Das Zeitalter der Atomwaffen schien mit dem Ende des ersten
Kalten Krieges vorbei zu sein. Doch Russland unter Wladimir Putin droht seit
der Invasion in die Ukraine dem Westen immer wieder mit seinen Nuklearwaffen.
Und ausgerechnet jetzt stellen die USA mit Donald Trump im Weißen Haus die
Bündnissolidarität innerhalb der Nato infrage. In Europa und Deutschland wird
nun so intensiv über die atomare Abschreckung diskutiert wie seit den
Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Besorgniserregend sind nicht nur die
internationalen Entwicklungen, sondern auch die unerträgliche Leichtigkeit, mit
der in letzter Zeit in Deutschland über die atomare Abschreckung geredet und
geschrieben wird. Metaphern wie „nuklearer Schutzschirm“ oder „atomare
Sicherheitsgarantie“ werden leichtfertig in die Debatte geworfen. Das zeugt von
einer gewissen Blindheit und Unkenntnis über die Nuklearstrategien der
Atommächte.

Denn das Bild des „nuklearen Schutzschirms“ ist irreführend
und ein glatter Euphemismus. Es erweckt, beabsichtigt oder nicht, den Eindruck,
es könnte eine schützende Kuppel oder eine Schutzglocke über Europa gegen die
atomare Zerstörung geben. So aber funktioniert das Prinzip atomare Abschreckung
mitnichten.

Es gibt keinen „nuklearen Schutzschirm“

Abschreckung funktioniert nur, wenn ein möglicher Gegner
damit rechnen muss, dass ein Angriff atomar vergolten wird. Oder anders gesagt:
Säbelrasseln wirkt, wenn Säbel auch gezogen werden können. Zahlreiche wissenschaftliche Studien und die
Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki vor fast 80 Jahren zeigen, welche
apokalyptischen Folgen es hat, wenn der atomare Rubikon überschritten wird.

Viele Menschen in Politik und Medien verschließen ihre Augen
davor. Sie erlauben sich, ausschließlich in Abschreckungskategorien zu denken.
Sie wollen sich nicht mit den Folgen eines Atomkriegs beschäftigen, weil das
unerträgliche Grauen, das millionenfache Leiden nach Kernwaffenexplosionen sich
der menschlichen Vorstellungskraft entzieht und nur schwer auszuhalten ist. In
der politischen Psychologie ist für diesen kognitiven Mechanismus der Begriff
„psychic numbing“ geprägt worden. Eine Art verleugnender „Apathie“ gegenüber
der Eintrittswahrscheinlichkeit von unermesslichen Katastrophen wie einem
Atomkrieg.

Ein Beispiel dafür: Im Herbst 2022 wurde in US-Medien über
Erkenntnisse der Geheimdienste berichtet, denen zufolge von der russischen
Führung der Einsatz von nicht strategischen Atomwaffen, auch verharmlosend Mini-Nukes
genannt, in der Ukraine konkret erörtert wurde. Präsident Joe Biden und
Außenminister Antony Blinken hatten dies Journalisten berichtet. In Deutschland
wurde das kaum aufgegriffen, vermutlich weil es nicht in die vorherrschenden
Narrative passte, denen zufolge man ja wisse, dass Putin es nicht wagen würde,
Atomwaffen einzusetzen. Das sei alles nur „German Angst“.

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