Normalisierung von Rechtspopulismus: Mit dem Rechtsruck leben?

Es ist wieder so weit: In Berlin hat am Montag die re:publica begonnen, das große Sehen und gesehen werden der linksliberalen Blase, der Digital-, Medien- und Kulturschaffenden in Berlin. 25.000 Zuschauerinnen und Zuschauer zieht die dreitägige Konferenz, die einmal im Jahr stattfindet, nach eigenen Angaben so an. Auch einige Toppolitiker wollen es sich natürlich nicht nehmen lassen, auf einer der großen Stages zu den großen Themen der Zeit zu thinktanken, um nur ganz kurz in den re:publica-Jargon zu verfallen. 

Den Politikern geht es natürlich auch darum, ein bisschen Werbung für potenzielle Wählerinnen und Wähler zu machen: Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) wird erwartet, seine parteiinterne Konkurrentin Außenministerin Annalena Baerbock ließ sich spät ebenfalls auf die Rednerliste schreiben, SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil kommt, Berlins CDU-Bürgermeister Kai Wegner und der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck. In den allermeisten dieser Podiumsdiskussionen spielen der befürchtete Rechtsruck bei den anstehenden Wahlen zum EU-Parlament und im Osten eine zentrale Rolle.

Umso bemerkenswerter war daher, wie uninspiriert und auch ein wenig hilflos sich zwei prominente Gäste – Wolfgang Schmidt, als Kanzleramtsminister die rechte Hand von Olaf Scholz, und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen – zu diesem Thema einließen. Und das nach einem Wochenende, an dem die Sylt-Gröler ein neues Symbol für die rechte Wohlstandsverwahrlosung im Land geliefert hatten. Kanzleramtsminister Schmidt ist eigentlich bekannt als talentierter Spindoktor, jemand, der so lange ohne Luft zu holen über die Vorzüge von Olaf Scholz‘ Nichtcharisma reden kann, bis das Gegenüber auch wirklich daran glaubt.

Der populistische Moment ist an allem schuld

Doch am Montag wirkte er wenig überzeugend. Folgt man Schmidt, hat der Rechtsruck – die AfD liegt mit der SPD mindestens gleich auf, oft auch vor ihr – nichts mit dem miesen Image des Kanzlers zu tun. Schuld sei vielmehr das populistische Moment, dem man als seriöser Faktenpolitiker nur schwerlich etwas entgegensetzen könne. Immer mal wieder, sagt der Kanzleramtsminister, erlebe die Geschichte sogenannte populistische Momente, also Ereignisse, die sich von Populisten gut nutzen ließen, um die Menschen zu verunsichern und aufzuhetzen. Beginnend mit der Eurokrise 2011, über die sogenannte Flüchtlingskrise 2015, dann Corona und nun dem Krieg in der Ukraine hätten Deutschland und auch die EU in den vergangenen Jahren leider einige populistische Momente erlebt.

Zuletzt eine „Rekordinflation“ und den Zuzug von 1,5 Millionen Geflüchteten aus der Ukraine. In der Folge verhalte es sich wie mit dem Frosch, den man so langsam erhitze, dass er es zunächst nicht merke: Nicht nur in Deutschland sei die Regierung wegen all der Umbrüche extrem unbeliebt – die Rechtspopulisten seien auch überall sonst in Europa auf dem Vormarsch.

Was also tun? Schmidt findet: weiterarbeiten und hoffen, dass dieser nervige Moment bald vorbei sei. Jetzt, wo die Inflation sinkt, wird auch die Stimmung im Land wieder besser, ganz bestimmt. Zur mageren Performance seines Chefs, was Sympathiegrundtugenden betrifft, sagt der Kanzleramtsminister nichts, leider wird er von der Moderatorin auch nicht danach gefragt.

Eine große aufrüttelnde Kanzlerrede zur Lage an die Nation, ein Aufruf zum Unterhaken gegen den Rechtsruck in Deutschland? Da würde der Kanzleramtsminister seinem Chef abraten: So was würden die Journalisten in diesen oberflächlichen Zeiten sicher nur nutzen, um Haltungsnoten zu verteilen. Hat er gut genug performt? Inhaltlich, findet Schmidt, habe die Ampel doch geliefert: Keine Wohnung blieb im Energiekrisenwinter 2022 kühl, und die Migrationspolitik wurde verschärft. „Ich bin eher dafür, konkrete pragmatische Politik zu machen, das ist dann manchmal langweilig.“

Merz soll es erst mal besser machen

Allerdings weiß auch Schmidt, dass es die unbeliebte Ampelregierung ist, die die Leute triggert. Streit bleibt bei solch ungleichen Partnern nicht aus, gibt er zu – aber daran sollten sich die Deutschen besser mal gewöhnen: Selbst wenn Friedrich Merz die Bundestagswahl gewönne, müsste er zur Regierungsbildung im Zweifel auf dieselben zerstrittenen Akteure, nämlich Grüne und FDP, zurückgreifen. Die AfD würd’s freuen.

Es ist wieder so weit: In Berlin hat am Montag die re:publica begonnen, das große Sehen und gesehen werden der linksliberalen Blase, der Digital-, Medien- und Kulturschaffenden in Berlin. 25.000 Zuschauerinnen und Zuschauer zieht die dreitägige Konferenz, die einmal im Jahr stattfindet, nach eigenen Angaben so an. Auch einige Toppolitiker wollen es sich natürlich nicht nehmen lassen, auf einer der großen Stages zu den großen Themen der Zeit zu thinktanken, um nur ganz kurz in den re:publica-Jargon zu verfallen. 

Den Politikern geht es natürlich auch darum, ein bisschen Werbung für potenzielle Wählerinnen und Wähler zu machen: Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) wird erwartet, seine parteiinterne Konkurrentin Außenministerin Annalena Baerbock ließ sich spät ebenfalls auf die Rednerliste schreiben, SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil kommt, Berlins CDU-Bürgermeister Kai Wegner und der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck. In den allermeisten dieser Podiumsdiskussionen spielen der befürchtete Rechtsruck bei den anstehenden Wahlen zum EU-Parlament und im Osten eine zentrale Rolle.

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