Niedrigwasser im Rhein stresst die Logistiker

Auf dem für die europäischen Lieferketten wichtigsten Fluss kommt es zu Einschränkungen. So reduzieren nach Auskunft eines Sprechers des Hafenbetreibers Rhein Cargo aktuell einige Rheinschiffe ihre Ladung wegen niedriger Wasserstände. Für Freitag seien allerdings schon wieder steigende Pegel prognostiziert. Der Scheitelpunkt sei wohl erreicht. Das Unternehmen betreibt sechs Rheinhäfen in Köln, Düsseldorf und Neuss.

Der Chemieriese BASF bezeichnet die aktuelle Situation als „beherrschbar“, die Versorgung der Produktion mit Rohstoffen und die Belieferung der Kunden sei gesichert. Das liege auch daran, dass BASF gemeinsam mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde ein Frühwarnsystem eingerichtet und die Bahnlogistik ausgebaut habe. Zudem hat das Unternehmen die Zahl seiner für Niedrigwasser geeigneten Schiffe verdoppelt.

Warum der Rhein für die Wirtschaft so wichtig ist

Trotzdem weckt die Situation unschöne Erinnerungen an die Dürrejahre 2018 und 2022 mit extrem niedrigen Wasserständen im Rhein und auf anderen Flüssen. Laut dem online verfügbaren Wasserstraßen-Informationssystem Elwis ist der Wasserstand an der Engstelle bei Kaub am Mittelrhein von 1,51 Metern am 27. August auf 1,18 Meter am Montag gesunken. Das liegt weit unter dem langfristigen Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2020 von 2,08 Metern, ist aber immer noch deutlich mehr als der historische Tiefststand von nur 25 Zentimetern im Oktober 2018. Damals gab Deutschland als Reaktion auf die Logistikprobleme sogar einen Teil der strategischen Ölreserve frei, denn der Rhein ist ein wichtiger Transportweg für Diesel und Heizöl, aber auch für Getreide, Chemikalien und viele andere Waren und Rohstoffe.

Im Fall von Niedrigwasser verhängt das Wasser- und Schifffahrtsamt keine offizielle Sperre – das tut die Behörde nur bei Hochwasser. Die Kapitäne und Reedereien müssen in besonders trockenen Zeiten in eigener Verantwortung die Beladung und damit den Tiefgang ihrer Schiffe reduzieren, damit sie an den flachen Stellen vorbeikommen. Dadurch steigen die Transportkosten, und Fabriken und Tankstellen müssen länger auf Nachschub warten. Die Binnenschifffahrt ist für die Versorgung nicht zu ersetzen, weil Güterzüge und Lkw viel weniger Ladung transportieren können.

Weil es im Frühjahr und bis weit in den Sommer hinein kräftig geregnet hat, ist die Rheinschifffahrt in diesem Jahr von extremen Dürremonaten wie 2018 oder 2022 bislang verschont geblieben. Doch der heiße und trockene August hat den Wasserstand im Rhein nun wieder auf ein kritisches Niveau sinken lassen.

Hauptgrund für das niedrige Rheinwasser ist der Schneemangel in den Alpen, hervorgerufen durch die Klimaerwärmung. Nach schneearmen Wintern fließt nur wenig Schmelzwasser in den Fluss. Kommt dann noch ein trockener Sommer hinzu, wie im Jahr 2022, wird es kritisch.

Wie Unternehmen gegen Niedrigwasser vorsorgen

Die Unternehmen sind schon länger dabei, sich auf die veränderten klimatischen Rahmenbedingungen einzustellen, wie die zur Kölner Logistikgruppe HGK gehörende HGK Shipping , der mit 350 Schiffen größte europäische Betreiber von Binnenschiffen. Seit einigen Jahren schafft das Unternehmen nur noch niedrigwassertaugliche Schiffe an, von denen eine Handvoll schon im Einsatz ist. Weil Schiffe lange genutzt werden, braucht die Modernisierung der Flotte entsprechend Zeit.

Der stark vom Rhein abhängige Chemiekonzern BASF hat die Zahl der gecharterten Niedrigwasserschiffe – teil eigens neu gebaut – verdoppelt. Das Flaggschiff, die „Stolt Ludwigshafen“, ist 135 Meter lang und 17,5 Meter breit und kann nach Angaben des Konzerns bis zu einer Wassertiefe, die einem Niedrigpegel von 30 Zentimetern bei Kaub entspricht, noch 800 Tonnen Material transportieren. Der niedrige Pegel bei Kaub von aktuell 1,18 Metern ist für dieses Schiff also kein Problem.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der Chemiestandorte am Rhein langfristig zu sichern, ist laut BASF jedoch die geplante „Abladeoptimierung Mittelrhein“ zwingend erforderlich. Dahinter verbirgt sich der Plan, den Rhein in der Engpassage zwischen Budenheim bei Mainz und St. Goar auf rund 50 Kilometern tiefer schiffbar zu machen. Der Plan wurde 2019 vorgestellt, ein Jahr nach dem historischen Niedrigwasser. In dem von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) anschließend vorgelegten Planungsbeschleunigungsgesetz fand das Projekt jedoch zum Ärger der Industrieanrainer keinen Eingang. Nach aktuellen Planungen dauert die Vertiefung noch bis 2033.

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