Neuwahlen: So geht es weiter, wenn Christian Lindner sich zu springen traut

FDP-Chef Christian Lindner provoziert mal wieder mit neoliberalen Wirtschaftsideen – aber bringt er die Koalition wirklich zum Scheitern? Warum das Ampel-Finale Ende November anstehen könnte und welche Optionen Olaf Scholz als Kanzler hat


Wie lange wollen sie noch reden? Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner

Foto: Sean Gallup/Getty Images


Springt er nun? Oder traut er sich wieder nicht? Allmählich verlieren die Anhänger der Liberalen die Geduld mit Christian Lindner. Wie oft hat der FDP-Chef nun schon mit neoliberalen „Reformideen“ provoziert – SPD und Grüne juckt das offenbar nicht. Sie sagen dem Störer nur immer wieder, Christian, wir können über alles reden, wir haben immer ein offenes Ohr für deine Sorgen. Doch lange kann der Nervenkrieg nicht mehr gutgehen, am Ende wird Springer-Chef Matthias Döpfner ein Machtwort sprechen müssen: Christian, wenn du jetzt nicht springst, schreiben wir dich kaputt!

Am Mittwoch tagt der Koalitionsausschuss. Der wird noch keine Entscheidung bringen, erst die Haushaltsberatungen in der kommenden Woche haben das nötige Sprengpotential. Über den Bundeshaushalt ist ja schon manche Regierung zerbrochen. Und der Haushalt für 2025 ist extrem unter Druck. Es gibt zu viele Luftbuchungen, es fehlen viele Milliarden. Wie man das Haushaltsloch schließen könnte, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen (Grüne und SPD) wollen mehr Kredite aufnehmen, das heißt mehr Schulden machen, die anderen (FDP) wollen Sozialausgaben und Energiewendesubventionen kappen.

27. November: Generaldebatte im Bundestag

Nach einer ersten Lesung im September ging der Entwurf des Bundeshaushalts erst mal in die Fachausschüsse und anschließend in den entscheidenden Haushaltsausschuss (wo der ehemalige Kanzleramtsminister Helge Braun, CDU, den Vorsitz hat). Die Korrekturvorschläge des Haushaltsausschusses sollen in der kommenden Woche per „Bereinigungssitzung“ festgeklopft werden. Bereits da könnte es zum endgültigen Zerwürfnis kommen.

Doch viel wahrscheinlicher ist der große Kladderadatsch in der Haushaltswoche Ende November, in deren Verlauf am 27. November am Beispiel des Kanzleretats auch die Generaldebatte im Bundestag stattfindet. An diesem Tag könnte Olaf Scholz die versprochene Führung demonstrieren und eine Entscheidung erzwingen: Seid ihr nun für oder gegen mich? Laut Artikel 68 Grundgesetz kann sich der Kanzler mit der Vertrauensfrage vergewissern, ob er noch die Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten für seine Politik genießt. Er kann die Vertrauensfrage auch mit einer Sachfrage verbinden, in diesem Fall mit der Verabschiedung des „Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2025“.

Neuwahlen würden wohl auf Anfang März 2025 fallen

Verliert Olaf Scholz die Abstimmung, kann der Bundespräsident auf Ersuchen des Kanzlers das Parlament binnen 21 Tagen auflösen. Dann kommt es zu Neuwahlen, vermutlich am 2. oder 9. März 2025. Der Bundestag könnte aber auch eigenmächtig einen Kanzler aus seiner Mitte küren, etwa – was kaum vorstellbar ist – wenn sich FDP und Grüne auf Friedrich Merz als neuen Kanzler einigen. Dafür müssten sowohl Lindner als auch Habeck die Seiten wechseln. Ein Wechsel nur der FDP – wie 1982 – würde mandatsmäßig nicht reichen. Nähme sich das so gebildete Jamaika-Bündnis ein Beispiel am Vorgehen Helmut Kohls, würden dennoch bald Neuwahlen stattfinden, vermutlich ebenfalls im März.

Für die Liberalen, die in Umfragen bei vier Prozent stehen, wären Neuwahlen mit einem hohen Risiko verbunden. Aber auch mit der Chance, dass sie als mutige Macher von Medien und Wirtschaft so hochgelobt werden, dass sie erneut ins Parlament und in die nächste Regierung einziehen. Um dort – so lautet ihr Auftrag – „wirtschaftsfeindliche“ Gesetze zu verhindern.

BundeshaushaltBundestagCDUChristianChristian LindnerEndeFDPFDP-ChefFriedrichFriedrich MerzGesetzeGesetzesGrüneHabeckHaushaltJamaikaKoalitionKrediteLangeLindnerMANMatthiasMedienMerzOlafOlaf ScholzPolitikRegierungRobertRobert HabeckScholzSchuldenSozialausgabenSPDUmfragenWirtschaft