Neuer Elektronikhändler: Konkurrenz pro Mediamarkt & Co.

Der niederländische Elektronikhändler Coolblue fordert den hiesigen Fachhandel heraus. Bis 2029 will er in Deutschland 38 Filialen betreiben. Die Erlöse sollen dann jene in der Heimat übersteigen: „Ich erwarte, dass 2029 der größte Teil unseres Umsatzes nicht mehr aus den Niederlanden, sondern aus Deutschland kommen wird“, sagte Gründer und Vorstandsvorsitzender Pieter Zwart im Gespräch mit der F.A.Z. Am Freitag eröffnete ein Ladengeschäft in Frankfurt – als dritte deutsche Filiale nach jenen in Düsseldorf und Essen.

Coolblue sieht sich als Online-Händler mit stationären Läden. Das Unternehmen mit Sitz in Rotterdam verkauft in den Niederlanden, Belgien und Deutschland Elektronik- und Haushaltsartikel: von Mobiltelefonen und Laptops über Fernseher bis zu Waschmaschinen. Als Differenzierungsmerkmal in dem dicht besetzten Markt macht das Unternehmen besondere Kundenorientierung geltend. Momentan betreibt es 31 Läden (mit Frankfurt), davon 18 in den Niederlanden. Der Firmenname, der in der Heimat weithin geläufig ist, soll mit einer Werbekampagne auch im großen Nachbarland im Osten bekannt werden: einem Markt, der fünf Mal mehr Einwohner und eine vier Mal höhere Wirtschaftskraft bietet.

Somit geht eine weitere niederländische Handelskette eine entschiedene Offensive in Deutschland an. Mit einem ganz anderen Geschäftsmodell im Gepäck eröffnet der Gemischtwarendiscounter Action aus Zwaagdijk hierzulande beinahe im Wochentakt neue Filialen; Lidl etwa adelte den expandierenden neuen Konkurrenten schon, indem es in Handzetteln seine Haushaltswaren und Preise neben jene Actions stellte.

Coolblue positioniert sich in seinem Spezialsegment nicht über den Preis, sondern über den „besessenen Fokus“ auf den Kunden, wie Zwart es nennt. Das fange mit höflich auftretenden Mitarbeitern an, die im eigenen Liefer- und Montageservice den bestellten Fernseher oder die Waschmaschine Ware zuverlässig zuhause anbringen. Die Kennzahl NPS (Net Promoter Score) zur Kundenzufriedenheit – ermittelt durch Kundenbefragungen – ist nach Unternehmensangaben zentrale und gleichberechtigte Zielgröße neben dem operativen Gewinn (Ebitda).

Lächeln der Kunden im Zentrum

Im vergangenen Jahr erzielte Coolblue 2,4 Milliarden Euro Umsatz, davon 188 Millionen Euro in Deutschland. Eine konkrete Prognose für das laufende Jahr wollte Zwart auf Nachfrage nicht abgeben, zumal die wichtige Saison mit Black Friday und den Festtagen noch ausstehe. Über dem Vorjahreswert soll der Umsatz aber schon liegen: „Wir erwarten sicher Wachstum für dieses Jahr.“ Analoges gilt für das Ebitda, das im vergangenen Jahr 88 Millionen Euro betrug. „Auch da erwarten wir Wachstum.“ Als Konkurrenten sieht Zwart beispielsweise die zu Ceconomy gehörenden Ketten Saturn und Mediamarkt „oder auch die internationalen Riesen wie Amazon “.

So unterschiedlich die Geschäftskonzepte sein mögen: Beide Aufsteiger aus dem niederländischen Handel – Coolblue wie Action – weisen neben ihrem Expansionsdrang in Deutschland noch hier und da Parallelen auf. Beide wurden in den neunziger Jahren gegründet, beide sind heute mehrheitlich in Hand von Private Equity, sogar mit ganz ähnlichen Anteilen: Die britische 3i hält nach jüngsten veröffentlichten Angaben 57,6 Prozent an Action, die niederländische HAL neuerdings 56,5 Prozent an Coolblue. Und die Werbung? „Kleine Preise, großes Lächeln“, trommelt Action. „Alles für ein Lächeln“ verspricht Coolblue.

Großer Stellenaufbau geplant, aber kein zeitnaher Börsengang

Coolblues neuer Mehrheitseigner HAL, ein börsennotierter Investor und eng verbunden mit einer niederländischen Familie, ist in ganz unterschiedlichen Unternehmen engagiert: unter anderem im Wasserbauspezialisten Boskalis – bekannt durch seine Rettungsaktionen für die havarierten Schiffe im Suezkanal und voriges Jahr vor der Nordseeküste – und in dem Verlag hinter der führenden Finanzzeitung „Het Financieele Dagblad“. In Coolblue stieg das Investmentvehikel 2016 mit einem Paket knapp unter der Mehrheitsgrenze ein – im August stockte es auf, indem es ein 7,5-Prozent-Paket von Zwart erwarb. Er und andere Mitglieder des Managements halten nach HAL-Angaben die restlichen Anteile. Zwarts Kollegen aus dem Gründertrio von 1999 sind inzwischen ausgestiegen.

Der jüngste Anteilsverkauf ist Teil des Plans, die Offensive in Deutschland zu finanzieren: Mehr als 150 Millionen Euro will Coolblue in den kommenden Jahren dafür ausgeben, 1500 Beschäftigte sollen hinzukommen, momentan sind es in Deutschland gut 300. Noch in diesem Jahr eröffnen eine vierte Filiale – in Dortmund – und ein drittes Verteilerzentrum, nämlich in Hamm. Bisher existieren Depots in Düsseldorf und Kelsterbach bei Frankfurt, 2029 will Coolblue hierzulande elf Lager betreiben.

Ursprünglich hatte Coolblue seine Wachstumspläne über einen Börsengang verfolgen wollen. Im Oktober 2021 sagte das Unternehmen den weit fortgeschrittenen Plan ab – wegen der Unsicherheit an den Finanzmärkten. Investoren seien abgeschreckt, „namentlich wenn es um Börsengänge im E-Commerce geht“, sagte Zwart damals in einer Botschaft an die Mitarbeiter. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, wie der Manager nun der F.A.Z. sagte: „Irgendwann wird Coolblue an die Börse gehen – aber ich erwarte nicht, dass das kurzfristig geschieht.“ Also nicht in den nächsten drei Jahren? „Sicherlich nicht.“

AmazonBetrugBoerseBörsengängeCoDeutschlandDortmundE-CommerceEssenEuroFFrankfurtHandelKollegenLaptopsLidlManagerNeuerPreisePrivate EquityRotterdamSaturnSchiffeUnternehmenWerbungZ