Die Messerattacke auf eine Lehrerin hat ein Schlaglicht auf die herrschende Gewalt an einer Ludwigshafener Realschule geworfen. Warnungen seien jahrelang zu wenig beachtet worden, gestand der Bildungsminister von Rheinland-Pfalz ein – und kündigte eine bessere Schulung der Lehrer an.
Nach dem Bekanntwerden gravierender Missstände an der Karolina-Burger-Realschule plus in Ludwigshafen hat Landesbildungsminister Sven Teuber (SPD) Versäumnisse bei der Schulaufsichtsbehörde ADD eingeräumt. Über Jahre hinweg seien Warnbriefe „nicht genug gewürdigt“ worden, sagte er am Donnerstag im Bildungsausschuss des Mainzer Landtags. Ein für die Region zuständiger Schulrat sei in der Zwischenzeit abgelöst worden.
Nach einer Messerattacke auf eine Lehrerin im Mai hätten jedoch alle Behörden vom ersten Tag an sofort die nötigen Maßnahmen ergriffen, versicherte der Minister. „Die mutmaßliche Täterin ist seitdem in stationärer Therapie“, sagte er. „Wir reden hier von einer kranken Person.“ Die Schulgemeinschaft sei unter anderem psychologisch begleitet worden.
Teuber versprach, das Kollegium solle im Umgang mit herausfordernden Schülern besser geschult werden. Es gehe darum, vor Ort Autoritäten zu stärken. Bereits jetzt gebe es sieben Vollzeitkräfte, die sich an der Schule mit verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen beschäftigten.
Berichte über ein massives Gewaltproblem an der Karolina-Burger-Realschule plus hatten im November ein bundesweites Medienecho ausgelöst. Dort kam es in der Vergangenheit zu zahlreichen Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Bedrohungen von Schülern und Lehrern und zuletzt zu einem Amokalarm. Lehrkräfte berichteten, es sei nicht mehr möglich, an der Schule strukturierten Unterricht zu halten.
Keine Debatte über Ludwigshafen beginnen
Teuber räumte ein, dass die schwierige Situation an der Schule, die er als landesweiten Einzelfall darstellte, nicht kurzfristig aufgelöst werden könne. Die Probleme hätten sich über Jahre hinweg aufgebaut. Drei Wechsel in der Schulleitung innerhalb von acht Jahren deuteten ebenfalls darauf hin, dass die Lage vor Ort instabil gewesen sei.
Für viele der inzwischen aufgeworfenen Fragen sei nicht das Land, sondern die Stadt Ludwigshafen zuständig, sagte der Minister: „Der Schulträger hat da einige Hausaufgaben aufgeschrieben bekommen.“ So sei die bauliche Situation der Schule mit einer Vielzahl bislang unkontrollierter Ein- und Ausgänge schwierig. Die Stadt sei auch nicht untätig geblieben und habe Maßnahmen ergriffen, um das Sicherheitsgefühl vor Ort zu stärken. Die Probleme an dieser konkreten Schule dürften nicht in eine allgemeine „Debatte über Ludwigshafen“ oder über die Realschulen plus ausufern, mahnte Teuber.
CDU: Verlust staatlicher Autorität
In der vergangenen Woche war die Situation an der Schule bereits Thema einer teils emotional geführten Debatte. CDU-Fraktionschef Gordon Schnieder hatte dem Land vorgeworfen, Warnzeichen über Jahre hinweg ignoriert zu haben. Die CDU-Bildungspolitikerin Jenny Groß warf dem Land vor, die Probleme an der Karoline-Burger-Schule seien nur „die Spitze des Eisbergs“.
Die Berichte aus Ludwigshafen über eingeschüchterte Kinder, Böllerwürfe oder heimliche Videoaufnahmen zeigten „nichts weniger als einen Verlust staatlicher Autorität“. Die rheinland-pfälzische CDU hat in der Zwischenzeit ein Meldeportal im Internet freigeschaltet, auf dem anonyme Hinweise auf Sicherheitsprobleme an den Schulen in ganz Rheinland-Pfalz möglich sind.
epd/doli
Source: welt.de