Musik: Reeperbahn-Festival traumhaft gestartet – WELT

Im Grunde ist die Molotow SkyBar eine Garage. Deshalb passt die 2017 gegründete Band Letters Sent Home aus Wolfsburg mit ihrer späten Fortsetzung des Garagenrock – ihrem kraftvollen, alternativer Hardrock, ganz wunderbar zu diesem Spielort. Sängerin Emily Paschke und ihre drei eingeschworenen Mitstreiter Louis Schramm am Schlagzeug, Robin Werner an der Gitarre und Lara Ripke am Bass spielen im – mit tanzenden Fans prall gefüllten – Raum unterm Dach Songs von ihrem Debütalbum „Forever Undone“ (Sharptone Records). Das ist hörenswert und gipfelt in dem bemerkenswerten Song „I hope I die first“. Live sind die vier darüber hinaus eine wahre Macht und sicher bald kein Geheimtipp mehr. Dazu dürfte auch ihre kommende Tour beitragen, die sie im Anschluss an Auftritte in Stuttgart und Kopenhagen am 21. Februar 2025 wieder auf die Reeperbahn nach Hamburg führt. Dann spielt Letters Sent Home im Club Headcrash.

500 Konzerte in 81 Clubs und Spielstätten

Beim Konzert um 21.30 Uhr in der Molotow SkyBar wurde erlebbar, was den besonderen Geist des Reeperbahn Festival ausmacht, der während der Eröffnung ab 18 Uhr im Stage Operettenhaus am Spielbudenplatz unablässig beschworen wurde. Das größte Clubfestival Europas mit 500 Konzerten in 81 Clubs und weiteren Spielorten an vier Tagen ist der Live-Musik und dem Nachwuchs gewidmet, damit den Entdeckungen und der Zukunft, die gerade beginnt. Zudem ist das Festival „das wichtigste europäische Treffen für Popmusikkultur“, wie Kulturstaatsministerin Claudia Roth in ihrer Eröffnungsrede erklärte. Roth weiter: „Hier tanzt und feiert ein internationales Publikum Musik, Vielfalt, Respekt, Toleranz und Freiheit. Das sind die Werte, für die das Reeperbahn Festival seit Jahren einsteht.“ Sie beschwor die Gefahr durch den Rechtspopulismus, dessen Politiker uns vorschreiben wollten, welche Musik wir zu hören haben. Wie Roth begrüßte auch Bürgermeister Peter Tschentscher das Publikum auf Englisch.

Moderator Aurel Mertz führte durch ein buntes Programm, das mit der Begrüßung der Gäste durch den neuen Festivaldirektor Detlef Schwarte begann, der seine Zuschauer auf das Motto „Let the music grow“ einschwor. Im Verlauf der Show stellte auch Schauspielerin und Sängerin Alli Neumann – sie gibt am Freitag eines der beiden Elbphilharmonie-Konzerte beim Festival – eines ihrer Lieder vor. Zudem wurden in kurzen Einspielungen die Nominees und live auf der Bühne die Juroren des Anchor Awards vorgestellt, des Festivalpreises für den besten Newcomer. Die Jury – Emily Kokal (USA), Julia Stone (AUS), Tayla Parx (USA) und Tim Bendzko (GER) – hört heute und morgen Abend die Konzerte von Milan Ring, Moonchild Sanelly, Kässy, strongboi und Beth McCarthy im Grünspan. Der Gewinner wird bei der Award-Show am Samstag bekannt gegeben.

450 Künstler aus 30 Nationen

Im Anschluss an die Eröffnung ging es bei bestem Festival-Wetter gleich vor dem Stage Operettenhaus weiter, wo die Gruppe Brew Berryy More auf der Spielbudenplatz-Bühne Open air die Fans begeisterte, die zum Teil in die Clubs an und um die Reeperbahn weiterzogen. Nach Letters Sent Home gab es auch im 25 Club noch gelungene Konzerte: Die Wienerin Edna Million – benannt nach einer Kunstfigur von Tom Waits – ließ mit ihrer tiefen, angenehm warmen Stimme aufhorchen, zu der sie sich selbst an der Gitarre begleitet und die aus der Verlorenheit philosophische Botschaften sendet, in denen Sätze wie „anywhere is erverywhere“ oder „I made something out of nothing“ die Richtung in den fundamentalen Existenzialismus weisen, der durch die Musik allerdings immer auch eine tröstliche Komponente aufweist. Nach ihr gab es mit der Band Spilif einen sprachspielerischen Nachschlag aus Österreich, in Form von Rap auf Jazzbasis, schnell und direkt. So darf es mit weiteren Auftritten von insgesamt 450 Künstlern aus 30 Nationen in den nächsten Tagen gern weitergehen. Die Veranstalter erwarten 45.000 Zuschauer, darunter 4000 Fachbesucher.

Das volle Programm unter: www.reeperbahnfestival.com

Source: welt.de

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