Das Küchen- und Kantinengebäude, vor dem Oberst Stefan Gruhn sich mit einigen Kameraden und Ingenieuren vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) in der Kölner Gereon-Kaserne postiert, wurde in nur neun Monaten errichtet. Nun soll es dem nordrhein-westfälischen Finanzminister Marcus Optendrenk präsentiert werden. Truppenbesuche gehören zwar nicht zu den Kernaufgaben des CDU-Politikers, wohl aber zu seinen abgeleiteten Aufgaben.
Denn in Nordrhein-Westfalen ist der landeseigene BLB – über den das Finanzministerium die Dienst- und Fachaufsicht führt – für ein zentrales Element der Zeitenwende zuständig: den Neubau und die Ertüchtigung von Gebäuden für eine Bundeswehr, die wieder wachsen muss, um für die Bedrohungen gewappnet zu sein, die sich seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für Deutschland und die NATO ergeben könnten.
Dass der Bund nicht selbst für seine Bundeswehr baut, ist Verfassungsgrundsatz. Das in Bonn ansässige Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) mit seinen insgesamt sieben Zweigstellen in Kiel, Strausberg, Hannover, Düsseldorf, Wiesbaden, Stuttgart und München bedient sich per Organleihverfahren der Bauverwaltungen der Länder.
Die Bundeswehr investiert viel Geld in NRW
Für die Bundeswehr spielt Nordrhein-Westfalen seit ihrer Gründung vor 70 Jahren in Bonn eine ungebrochen wichtige Rolle. Zentrale Einrichtungen der Landes- und Bündnisverteidigung befinden sich hier. Das Verteidigungsministerium hat nach der Wiedervereinigung seinen ersten Sitz auf der Bonner Hardthöhe behalten.
Hinzu kommen unter anderem der Militärische Abschirmdienst (MAD) in Köln, die Luftwaffenkaserne Köln-Wahn mit der Flugbereitschaft der Bundesregierung und die Kölner Gereon-Kaserne mit dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr. In Geilenkirchen ist das NATO-System AWACS zur Luftraumüberwachung angesiedelt. Und im Zeichen der Zeitenwende investiert die Bundeswehr in Nordrhein-Westfalen immer mehr Geld.
Flossen 2023 rund 180 Millionen Euro in hiesige Bundeswehrliegenschaften, sollen die jährlichen Ausgaben bis 2029 auf 560 Millionen Euro wachsen. „Das ist eine große Herausforderung für unsere Bauverwaltung“, sagt Finanzminister Optendrenk. Hinzu komme, dass weiterer Baubedarf im Rahmen des neuen Wehrdienstes in dieser Steigerung von mehr als 200 Prozent noch gar nicht abgebildet sei. Damit die Verwaltung noch effektiver funktioniere, werde der Bundesbau in Nordrhein-Westfalen, den sich bisher der BLB und die Bauabteilung der Oberfinanzdirektion teilen, Anfang 2026 unter einem Dach gebündelt, kündigt der Minister an.
Die wachsende Truppe muss untergebracht werden
Für die Reform gibt es einen weiteren Grund: Nordrhein-Westfalen soll federführend dabei helfen, dass die möglichst rasch wachsende Truppe an allen deutschen Standorten ordentlich untergebracht werden kann. Wie bei der Kantine in der Geroen-Kaserne setzt die Bundeswehr auch bei Unterkünften stark auf Modulbauweise. Anstatt sich bei der Sanierung der oft ziemlich heruntergekommenen Kasernen zu verzetteln, sollen vielerorts Fertigmodule mit modernen Stuben und Sanitäranlagen für bis zu 240 Rekrutinnen und Rekruten aufgebaut werden.
Gebaut werden Viererstuben, Büroräume, Lehrsäle, Lagerräume für militärisches Ausbildungsmaterial selbst und Waffenkammern zur sicheren Lagerung von Waffen. Nach derzeitiger Planung werden deutschlandweit 270 solcher Modulgebäude errichtet – für deren Beschaffung und Vergabe NRW zentral zuständig ist, weil seine Bauverwaltung viel Erfahrung mit der Methode bei Projekten für Landesbehörden, etwa der Polizei, gesammelt hat.
„Zeit ist der entscheidende Faktor in der Zeitenwende“, sagt Oberst Gruhn vom BAIUDBw. In der Gereon-Kaserne ging es sogar noch schneller als gedacht: Nicht wie geplant nach schon ambitionierten 16 Monaten Bauzeit war das Wirtschaftsgebäude fertig, sondern sieben Monate früher. Möglich ist das, weil beim seriellen Bauen die Planungs- und Genehmigungsverfahren kürzer sind als im konventionellen.
Die vom Hersteller vorgefertigten Stahlelemente wurden auf dem Kasernengelände im Baukastenprinzip binnen weniger Tage zusammengefügt, der Innenausbau mit der aufwendigen Kücheneinrichtung konnte früher als erwartet beginnen. „Der Neubau des Wirtschaftsgebäudes ist ein Erfolgsprojekt und ein praktisches Beispiel dafür, wie aus abstrakten Zeitenwendesummen in Rekordzeit konkrete Infrastruktur für die Bundeswehr und ihre wichtigen Aufgaben wird“, sagt Finanzminister Optendrenk.
Zunächst plant die Bundeswehr, weitere solcher Einzelmodule nach Kölner Vorbild zu errichten – 2026 unter anderem in Augustdorf und in Minden. „In einem zweiten Schritt wird es dann um komplette Kasernen gehen“, sagt Oberst Gruhn.
Neu ist die Modulmethode für die Bundeswehr nicht. Schon seit einigen Jahren gibt es ein Konzept namens „German Armed Forces – Contractor Augmentation Program“ (G-CAP), das es der Truppe ermöglicht, Soldaten bei Auslandseinsätzen wie in Litauen schnell und flexibel in zusammengefügten Containern unterzubringen. Mittlerweile ist G-CAP für den regulären Grundbetrieb im Inland weiterentwickelt worden – mit hochwertigen Elementen wie in der Kölner Gereon-Kaserne, die nicht nach Fertigmodulen aussehen, eine Nutzungsdauer von mindestens 25 Jahren haben und trotzdem bei Bedarf rasch demontiert und an anderer Stelle wieder errichtet werden können.
Source: faz.net