Miniserie – Natalie Portman in „Lady in the Lake“: Nie wieder Hausfrau!

Maddie Schwartz (Natalie Portman) kotzt ihr Leben als Hausfrau an. Im Jahr 1966 einfach ihren wehleidigen, latent aggressiven Ehemann Milton (Bret Gelman) und den heranwachsenden Sohn Seth (Noah Jupe) zu verlassen, ist aber gar nicht so einfach. Sie hat kein Geld, keinen Job, und als sie versucht, ihr Auto zu verkaufen, um allein über die Runden zu kommen, soll sie eine Unterschrift ihres Mannes vorlegen. In Lady in the Lake pfeift die Ehefrau trotzdem auf alle Konventionen und zieht vom jüdisch geprägten Vorort Pikesville in ein Viertel im Zentrum von Baltimore, wo ausschließlich schwarze Menschen leben. Mann, Sohn und Freunde der Familie sind entsetzt. Aber Maddie will endlich ihren Jugendtraum verwirklichen und Journalistin werden. Auf die gestandenen Schreiberlinge des Baltimore Star, wo sie versucht anzuheuern, macht ihre Entschlossenheit wenig Eindruck. Eine Frau in der Redaktion? Kopfschütteln, und das obwohl Maddie exklusiv Zugang zu Material rund um den medial und politisch aufgeheizten Mordfall an einem jüdischen Mädchen hat. Schließlich darf sie wenigstens eine Leserkolumne betreuen.

Die siebenteilige Miniserie Lady in the Lake, eine Adaption von Laura Lippmans gleichnamigem Roman (2019), inszeniert die 60er Jahre als Zeit des beginnenden gesellschaftlichen Umbruchs. Maddie ermittelt in einem weiteren Mordfall, bei dem die Leiche am selben See gefunden wurde wie das ermordete Kind. Aber für den Tod der schwarzen Barkeeperin Cleo Sherwood (Moses Ingram) interessiert sich außerhalb der schwarzen Community niemand. Haben die Morde womöglich miteinander zu tun? Bald steckt Maddie mitten in einer gefährlichen Recherche um eine illegale Lotterie, dem versuchten Mord an einer schwarzen Politikerin und korrupten Polizisten. Während sie gegenüber Ehemann und Sohn um ihre Unabhängigkeit kämpft, lässt sie sich auf eine Affäre mit dem schwarzen Polizeibeamten Ferdie Platt (Y’lan Noel) ein, was zur damaligen Zeit wegen rassistischer Gesetzgebung illegal war.

Lady in the Lake erzählt als atmosphärisch ungemein dicht inszenierte Geschichte, wie prägend diskriminierende Segregationsmechanismen in der US-amerikanischen Gesellschaft der 1960er Jahre waren und wie einzelne Akteure beginnen, sich in ihrem Alltag dagegen aufzulehnen. Auch Maddie Schwartz, die in surrealistisch anmutenden Rückblenden immer wieder von den Traumata ihrer Vergangenheit heimgesucht wird, muss sowohl gegen Sexismus als auch gegen Antisemitismus kämpfen und sitzt bald zwischen allen Stühlen. Ihr Lover bekommt ebenfalls die Brutalität des rassistischen Systems zu spüren. Als dann auch noch Nazis und Ku-Klux-Klan ein schwarzes Viertel in Baltimore angreifen, eskaliert die Situation. Die Serie erzählt aber nicht nur von politischen und sozialen Kämpfen am Vorabend der großen Aufstände in den schwarzen Vierteln amerikanischer Großstädte, sondern inszeniert auch die hippe schwarze Subkultur mit viel Soul und Jazz. Immer wieder geht es in den Club, in dem Cleo Sherwood arbeitete, einige Szenen bieten stylische Tanzeinlagen und wirken wie Musikvideos, womit die israelisch-amerikanische Regisseurin Alma Har’el ursprünglich ihre Karriere begonnen hat.

Die Erzählung führt den Zuschauer in Rückblenden immer wieder in die Vergangenheit und fächert ein historisches Panorama des jüdischen und schwarzen Baltimore der 50er und 60er Jahre auf, in dem die Biografien der einzelnen Figuren ungemein detailreich erzählt werden. Lady in the Lake erzählt Zeitgeschichte so, dass dieser Siebenteiler auch für heutige gesellschaftspolitische Debatten über Rassismus, Sexismus und Antisemitismus Brisanz und Aktualität besitzt.

Bildästhetisch und dramaturgisch wird das mitunter faszinierend umgesetzt und lebt auch von den tollen schauspielerischen Leistungen, allen voran Natalie Portman, die den schmerzhaften Prozess von der radikalen Verunsicherung bis zur erkämpften Durchsetzungsfähigkeit ihrer Figur schlicht genial darstellt. Lady in the Lake ist vor allem aber auch ein bis zur letzten Szene spannender Krimi, der immer wieder überrascht und mit einem verblüffenden Finale aufwartet.

Eingebetteter Medieninhalt

Lady in the Lake Alma Har’el USA 2024, Sieben Folgen ab 17. Juli auf Apple TV+

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