Marktmissbrauch: Idealo will 3,3 Milliarden Euro Schadenersatz von Google

Wer im Internet nach Produkten oder Schnäppchen sucht, nutzt dafür häufig die Suchmaschine von Google . Dort werden dem Suchenden die gewünschten Produkte angezeigt. Er kann die Suchergebnisse filtern und direkt auf die Angebotsseiten, teilweise auch auf Preisvergleichsportale, zugreifen. Manche Links sind als „gesponsert“ gekennzeichnet, was den Nutzern signalisiert, dass der Onlineshop für die prominente Platzierung vermutlich gezahlt hat.

Der Zustand, über den Nutzer heute kaum mehr nachdenken, war über Jahre ein anderer. Mit seiner Suchmaschine brachte Google auffallend häufig den eigenen Dienst zum Vergleich von Produktpreisen auf den vordersten, sichtbaren Plätzen unter.

Klageforderung wächst rasant

Google wollte seinem Dienst, der seit 2013 „Google Shopping“ heißt und zuvor schon andere Namen trug, damit offenbar etwas Anschub geben. Die Europäische Kommission nahm dies zum Anlass, das Vorgehengenauer zu untersuchen. Und es rief diverse Wettbewerber wie das Unternehmen Idealo , ein zum Axel-Springer -Konzern gehörendes Vergleichsportal, auf den Plan, Google auf Schadenersatz zu verklagen. In der im April 2019 beim Landgericht Berlin eingereichten Klage wirft Idealo dem amerikanischen Konzern vor, seine marktbeherrschende Stellung missbraucht zu haben, um den eigenen Dienst zum Vergleich von Produktpreisen zu bevorteilen.

An diesem Donnerstag, fast sechseinhalb Jahre später, wird nun erstmals in Berlin in dem Streit verhandelt. Von anfänglich 500 Millionen Euro hat die Klägerin ihre Forderungen im Februar dieses Jahres erheblich ausgeweitet: Auf mindestens 3,3 Milliarden Euro beläuft sich die Summe, aufgeschlüsselt in 2,69 Milliarden Euro Schadenersatz zuzüglich der über Jahre aufgelaufenen Zinsen.

In der Klage stützt sich Idealo neben eigenen Daten und Auswertungen vor allem auf die Erkenntnisse aus dem langjährigen Verfahren der EU-Kommission wegen „Google Shopping“, das im vergangenen Jahr vor dem Europä­ischen Gerichtshof in letzter Instanz endete. Die Rechtskraft dieses Urteils ist auch der Grund, warum beide Prozessparteien mehrere Jahre auf den ersten Termin vor einer Zivilkammer in Berlin warten mussten. Das eigentliche EU-Kartellverfahren gegen Google war schon 2017 beendet worden. Die Wettbewerbshüter verhängten damals wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für Preisvergleichsdienste ein Bußgeld in Höhe von 2,42 Milliarden Euro.

Gegen diese Entscheidung ging Google in beiden Instanzen in Luxemburg vor. In der Zwischenzeit setzte das Landgericht Berlin den anhängigen Idealo-Rechtsstreit aus, um keiner Entscheidung vorzugreifen. Erst im September 2024 bestätigte der EuGH in letzter Instanz, dass Google in seiner Suche den eigenen Dienst nicht gegenüber anderen Vergleichsportalen bevorzugen darf (Rechtssache C-48/22 P). Das Verbot der Selbstbegünstigung („Self Preference“) durch digitale Gatekeeper hatte Brüssel zuvor als neuen Tatbestand des Marktmissbrauchs definiert.

Google geht in die Offensive

Im Herbst 2024 übte Google Kritik an der Entscheidung des EuGH. So habe man bereits 2017 Änderungen vorgenommen, um den Auflagen der Kommission nachzukommen. „Unser Ansatz hat mehr als sieben Jahre lang erfolgreich funktioniert und Milliarden von Klicks für mehr als 800 Preisvergleichsdienste generiert“, sagte ein Sprecher des Unternehmens damals auf Nachfrage. Von der damit rechtskräftig festgestellten Geldbuße profitieren benachteiligte Wettbewerber wie Idealo jedoch nicht. Sie müssen auf Grundlage des EU-Kartellverfahrens eigene Schäden vor einem Gericht geltend machen.

Dennoch zeigte sich Albrecht von Sonntag, Ko-Gründer von Idealo und Beirat des Unternehmens, anlässlich der Ausweitung der Klageforderung sehr selbstbewusst: Der EuGH habe bestätigt, „dass Google mit Google Shopping seine Marktmacht missbraucht und damit dem Wettbewerb, dem E-Commerce und letztlich den Verbrauchern Schaden zufügt“. In dem Verfahren vor dem Landgericht gehe es „nicht nur um Idealo, sondern um die Frage, wieweit wir den Missbrauch extremer Marktmacht zulassen wollen, der die Wahlfreiheit der Verbraucher einschränkt“

Neben Deutschland sieht sich Google auch in anderen europäischen Staaten mit hohen Schadenersatzforderungen konfrontiert. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Bloomberg waren im Sommer dieses Jahres zwölf Zivilklagen in sieben Ländern anhängig, deren Forderungen sich auf rund zwölf Milliarden Euro belaufen.

Den höchsten Schadenersatz fordert demnach das italienische Vergleichsportal Trovaprezzi mit 2,97 Milliarden Euro, gefolgt von Pricerunner aus Schweden mit 2,1 Milliarden Euro und dem britischen Portal Kelkoo mit 1,4 Milliarden Euro.

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