Bei „Maischberger“ streitet der CDU-Politiker mit der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge über die Zuwanderung. Die „Festung Europa“ wird immer wahrscheinlicher – während immer ungewisser wird, ob die Ukraine als Festung gegen Russland Bestand hat.
Grüne und Union kommen in der Migrationsfrage wie häufig auf keinen gemeinsamen Nenner. Doch nicht nur mit der Opposition gibt es Ärger: Auch innerhalb der Regierung erhitzt das Thema die Gemüter, stellen die Journalisten bei „Maischberger“ fest. Keine klaren Vorstellungen gibt es in der Sendung hingegen, als es darum geht, wie der Ukraine-Krieg beendet werden soll.
Quo Vadis, Europa? Während Italien in Albanien aktuell seine ersten Abschiebezentren eröffnet, steht das Thema Migration auch beim EU-Gipfeltreffen in Brüssel oben auf der Tagesordnung. „Es geht eine Welle der Überforderung, gefühlt oder real, durch Europa“, sagte TV-Moderator Theo Koll, der das Thema gemeinsam mit „Spiegel“-Autor Markus Feldenkirchen und Alev Doğan, stellvertretende Chefredakteurin von „The Pioneer“, diskutierte.
Die Staaten stünden vor zwei Möglichkeiten, „entweder sie machen Abstriche bei den eigenen Ansprüchen der Humanität und des Schutzes oder sie schauen zu bei einer weiteren Radikalisierung und der Zunahme von Populismus“, sagte Koll.
Feldenkirchen erinnerten die Abschiebezentren jedenfalls an Guantanamo – nicht gerade ein Aushängeschild für Humanität. Aber auch er sagte: Der Druck aus der Gesellschaft sei gewachsen, stärker die Kontrolle zurückzugewinnen. Der Zeitgeist habe sich geändert, stellte auch Doğan fest, es werde an einer „Festung Europa“ gearbeitet, nicht gemeinschaftlich, sonderlich einzelstaatlich. „Man muss schon sehr tief den Kopf in den Sand stecken, um nicht zu sehen, dass die Menschen das Gefühl haben, dass es einen Stopp braucht bei der Migration“, so die Journalistin.
Vielleicht nicht mit Kopf im Sand, aber zumindest ohne Äußerung zum Thema war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungserklärung zum EU-Gipfel geblieben. Warum? Laut Koll sei es der Versuch gewesen, das Thema „niedrig zu hängen“. Ein Gewinnerthema sei es für Scholz nämlich nicht, wie Doğan sagte: Es spalte die Partei, eine restriktivere Politik könnte außerdem für Konflikte mit den grünen Regierungspartnern sorgen.
Der grüne Ansatz, Asyl vor allem über eine gemeinsame europäische Zusammenarbeit zu lösen, spricht auch gegen die Unionsforderungen der vergangenen Wochen, die deutschen Grenzen zu schließen.
Nicht nur deshalb wetterten CDU-Chef Friedrich Merz und insbesondere der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) jüngst auf dem Parteitag der CSU gegen die Umweltpartei. Sind die Zerwürfnisse zwischen den Christdemokraten und den Grünen so groß, dass eine mögliche Regierungskoalition zwischen den beiden Parteien im nächsten Jahr schon heute ausgeschlossen werden kann?
Söder verlöre nach dem Rundumschlag gegen die Grünen vollkommen sein Gesicht, wenn es doch dazu käme, so Feldenkirchen: „Aus meiner Sicht ist Schwarz-Grün tot“. Dass die inhaltlichen Gräben zwischen beiden tatsächlich tief sind, bewiesen auch CDU-Politiker Jens Spahn und die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge, im nachfolgenden Gespräch: „Wir halten das nicht mehr weiter durch, wenn das die Botschaft ist, die in der Welt bleibt“, sagte Spahn.
Damit meinte er, dass „wer irgendwie Deutschland erreicht, egal aus welchem Grund, zu nahezu 100 Prozent in Deutschland bleibt, ab Tag Eins Sozialleistungen kriegt, auf einem Niveau, wie es das in nahezu keinem anderen Land der Welt gibt.“ Arbeitskräfte aus dem Ausland brauche es zwar, so Spahn, jedoch kämen die aktuell nicht auf die Idee, nach Deutschland zu kommen, „weil sie sagen, dieses Land hat keine Willkommenskultur“, entgegnete ihm Dröge. Sie hielt die Migrationspläne der Union für „herzlos und undurchdacht“.
Um das Durchhaltevermögen ging es bei „Maischberger“ nicht nur bei der Migration, sondern auch beim Ukraine-Krieg. Auch hier ist ein schnelles Ende des Konfliktes nicht in Sicht. Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinem Parlament noch einen neuen Siegesplan vorstellte, dem zufolge der Kontrahent schon 2025 besiegt sein könnte, ist das russische Militär aktuell nicht im Rückzugsmodus.
Im Gegenteil: Die Lage scheint aus ukrainischer Sicht eher prekär als aussichtsvoll. Um zu helfen, versprach zumindest Scholz jüngst neue Hilfen in Form von militärischem Gerät. Allerdings stellt sich dabei auch die Frage, wie und ob dieser Konflikt überhaupt beendet werden kann.
Militärhistoriker Sönke Neitzel konnte diese Frage als letzter Gesprächsgast gegen Ende der Sendung zwar nicht konkret beantworten, aber „das, was man sich vorstellen ist, dass wir an der Frontlinie eine Art Waffenstillstand haben“, sei durchaus denkbar, so Neitzel. Dass der Krieg jedoch wirklich ende, was die Koexistenz beider Staaten bedeute, glaube er erstmal nicht.
„Wenn ich als Historiker darüber spreche, sind Kriege sehr lang und wiederholen sich immer wieder“, sagte der Militärhistoriker. Frieden sei letztlich nur möglich, wenn beide Seiten die Koexistenz akzeptieren würden. Dass das angesichts der durch den Angriffskrieg noch einmal stärker werdenden Westbindung der Ukraine in naher Zukunft erfolgen könnte, ist eher unwahrscheinlich.
Source: welt.de