Luftangriff in Nigeria: Trumps nächste Front

Über eines sollte man nicht mit Trump streiten, auch wenn es sonst über den Atlantik hinweg viele Unstimmigkeiten gibt: Der „Islamische Staat“ ist eine ernsthafte Bedrohung, das gilt auch für seinen Ableger in Nigeria. Tausende Tote gehen im Norden des afrikanischen Landes auf das Konto dieser Terrormiliz und der Gruppe Boko Haram, von der sie sich einst abspaltete. Das Terrorreich des IS in Syrien und im Irak ist untergegangen, aber seine extremistische Ideologie und seine brutalen Methoden leben in anderen Regionen fort.

Das war und ist auch für Europa ein ernstes Sicherheitsrisiko, wenn es zur Radikalisierung von hiesigen Muslimen beiträgt. Und es kann Fluchtbewegungen verursachen, auch wenn die Anerkennungsquote von nigerianischen Asylbewerbern in der EU eher gering ist.

Wie so oft bei Trump stellt sich aber die Frage, ob der Zweck die Mittel heiligt. Verfolgt werden in Nigeria nicht nur Christen, und es spielt auch Kriminalität eine Rolle. Trump deutet die Terrorismusbekämpfung, die der Westen seit 9/11 mit gemischter Bilanz führt, in eine religiöse Aufgabe um. Mal davon abgesehen, dass eine Bombardierung an Weihnachten nicht zur Friedensbotschaft des Festes passt, gibt der Präsident auf diese Weise der „Kreuzzügler“-Rhetorik des Dschihadismus neue Nahrung.

Auch haben Luftangriffe allein in der Regel nicht ausgereicht, den IS zu besiegen. Im Grunde müsste Amerika über längere Zeit gemeinsam mit den nigerianischen Sicherheitskräften gegen die diversen gewalttätigen Gruppen in dem Land vorgehen.

Gruß vom Weihnachtsdinner: Donald Trump hat die nächste selbstgewählte Front eröffnet.Reuters

Das wäre aber nicht Trumps Sache. Er schielt auf den schnellen PR-Erfolg, in diesem Fall beim christlich motivierten Teil der MAGA-Bewegung. Es spricht nicht viel dafür, dass der Präsident gerade in Nigeria mehr Sorgfalt und Geduld aufbringt als in Iran oder Gaza, wo nur oberflächlich Ruhe herrscht; in der Ukraine noch nicht mal das. Aber es ist nach Venezuela in kurzer Zeit die nächste selbst gewählte Front Trumps. Ein Isolationist ist er nicht mehr.

Source: faz.net