Auch wenn Markus Finke auf dem Foto ein wenig so wirken mag: Der Mode- und Sporthändler aus Gütersloh ist keiner, der sich zurücklehnt. Im Gegenteil. Er riskiert viel für seine Läden. „Ich will in zehn Jahren auch noch da sein“, sagt er im TW-Gespräch.
Der innerstädtische Mode- und Sporthandel hat keine Zukunft mehr? Das sieht Markus Finke aus Gütersloh ganz anders. Doch der 56-Jährige redet nicht nur über die Chancen, die er sieht – er geht dafür auch kräftig ins Risiko. Ein Besuch in Ostwestfalen.
Manchmal scheint es für einen ganz kurzen Augenblick so, als traue Markus Finke seinem Mut und Optimismus selbst nicht so ganz über den Weg. „Es kann ja alles auch schiefgehen, es ist schon ein großes Risiko“, sagt der 56-Jährige an der Bar seines neuen Sporthauses mitten in der Innenstadt von Bielefeld. Die große Investition in seine stationären Geschäfte hier in der Innenstadt, drei Baustellen gleichzeitig, 4 Mio. Euro Volumen, während die beiden Häuser im benachbarten Gütersloh störungslos weiterlaufen müssen – da kann man schon mal ins Grübeln kommen. Vor allem, wenn man – so wie er bei Modehaus Finke – in der Gesellschaftsform „e.K.“ unterwegs ist. Also als „eingetragener Kaufmann“, der als Alleineigentümer mit all seinen persönlichen Besitztümern für die Firma haftet.
Doch bei Finke gewinnt schnell wieder das Unternehmer-Gen die Oberhand, die amerikanische Sichtweise: „Wenn Du hinfällst, stehst Du halt wieder auf und versuchst es erneut.“
Store des Tages Herbst 2024: Intersport Finke in Bielefeld
Dass er hinfallen wird, glaubt der Spross der Gütersloher Modehändler-Familie allerdings nicht wirklich. Er ist eher froh, dass er ins Risiko gegangen ist. Obwohl fast alle überregionalen Parameter dagegen sprachen, Millionen in seine Geschäfte in Bielefeld zu stecken: die Konjunktur, die Konsumstimmung, die steigende Zahl der Händler-Insolvenzen, das Zins-Niveau, die allgemeine Mit-Deutschland-geht es-bergab-Stimmung. Und so weiter.
„Den Abgesang auf den innerstädtischen Handel mache ich nicht mit.“
Warum sich der Ostwestfale – Stammgeschäft: ein Fashion-Store in Gütersloh – sein privates Konjunkturprogramm dennoch gönnte? „Ich will auch in zehn Jahren mit meinen Läden noch da sein. Ich habe den unbedingten Willen dazu. Den Abgesang auf den innerstädtischen Handel mache ich nicht mit“, sagt er. Für ihn sei der Mode- und Sporthandel kein Job, sondern Berufung. Und wer Mut habe, den eigenen Weg suche und in ihn investiere, könne nicht nur die aktuell schwierigen Zeiten mit ihren Strukturveränderungen überstehen, sondern sogar davon profitieren, wenn andere sich nicht auf den Weg machen: „Wir wollen nach vorne.“ Klingt ein bisschen stark nach Berater-Sprech zum ewigen Thema „Chance in der Krise“, soll hier allerdings tatsächlich umgesetzt werden. Und dann auch noch auf eigene Rechnung.
So wundert es nicht, dass Mittelständler Finke irgendwann im Gespräch sagt, zumindest beim Thema Mut könne man sich ausnahmsweise von Private Equity-finanzierten expansiven Handelsformen durchaus etwas abschauen. Bei jenen also, die eher die Chancen sehen, als die Risiken zu fürchten.
Die größte Chance für sich machte Finke im vergangenen Jahr praktisch direkt vor seiner Ladentür aus: Sport. Denn die lokalen Wettbewerber gingen nach und nach aus dem Rennen: Sport Voswinkel hatte sich nach der Insolvenz bereits aus Bielefeld zurückgezogen, die Schließung des Galeria-Hauses stand bevor. SportScheck hatte wegen Umbaus monatelang geschlossen. Es gab noch einen Decathlon-Store in der City und einen an der Autobahn, aber das war eine etwas andere Zielgruppe.
Aus Mode wird Sport
Also fasste Finke einen mutigen Entschluss: Aus seinem 1800 m² großen Modehaus im besseren Teil der Innenstadt – Niedernstraße, gute Kundschaft, kaum Leerstände – sollte ein Sporthaus werden. Und die Mode? Ein Teil der DOB könnte zu „Finke First“ umziehen, dem eingesessen hochgenrigen DOB-Store ebenfalls in der Niedernstraße, ein paar Geh-Minuten entfernt, so die Vision. Das Geschäft, das einst seine Mutter betrieben hatte. Eine dezente Quadratmeter-Erweiterung war dort möglich, dennoch gingen rund 350m² verloren. Ähnlich bei der HAKA: Für sie war nur der frühere Peter-Hahn-Laden in unmittelbarer Nachbarschaft zu bekommen, sonst war nichts frei. Problem: Damit würde die Finke-HAKA von 750 auf 400m² schrumpfen.
Sneaker bei Finke: Ist das nun Sport oder Fashion?
Egal! Ihm war klar: „Wir sind aus tiefer Inbrunst Innenstadthändler und deswegen sagen wir jetzt: Bielefeld braucht ein richtiges Sporthaus!“ Nämlich Intersport Finke. Im Verbund aus Heilbronn ist das Familienunternehmen, sprich die Betreibergesellschaft Finke Fashion & Sports GmbH, schon lange überzeugtes Mitglied.
Banken gehen mit
Der Entschluss war also da, das Geld jedoch noch nicht. Jedenfalls nicht genug. Zwei positiv ausgefallene Potenzial-Analysen zum sportlichen Ertüchtigungs-Plan der Finkes gab es, eine von der Intersport und eine von „Stadt und Handel“. Diese Studien in Kombination mit der kaufmännischen Erfahrung und der regionalen Verwurzelung der Familie, sicherlich noch untermalt mit einem Hauch ostwestfälischer Sturheit ließen Finke und seinen Vater Heiner Finke, ihren Steuerberater, Intersport-Vertreter Michael Asskamp sowie Intersport-Chef und HDE-Präsidenten Alexander von Preen beim zweistündigen Termin bei der örtlichen Volksbank dann wohl so überzeugend rüberkommen, dass es klappte: Das Institut war bereit, das Finke-Wagnis zu finanzieren. Die Immobilie – in den oberen Stockwerken befindet sich ein verpachtetes Hotel – ist Familien-Eigentum, was die Finanzierung erleichterte.
Ein halbes Jahr wurde geplant, am 3. Juni 2024 ging die letzte Ware aus dem Haus – und am 6. September war Eröffnung des komplett erneuerten Hauses. Die Zwischenzeit war heftig: Zeitweise hatten 60 bis 80 Handwerker gleichzeitig das Gebäude bis auf den Rohbau gestrippt. „Wir haben alles rausgerissen, Böden, Klima, Licht, alles.“ Aus zwei bisher mit Handel bespielten Etagen wurden durch Hinzunahmen einer dritten, bisher als Lager genutzten, drei: insgesamt 2000m² Ladenfläche, plus 400m² angrenzendes Handlager.
Store des Tages Herbst 2024
Bei Intersport Siebzehnrübl geht es hoch hinaus
5 Mio. Euro hat Intersport Siebzehnrübl in die Erweiterung und den Komplettumbau des Hauses in Altötting investiert – inklusive einer sechs Meter hohen Kletterwand und eines neuen Ski-Schleifroboters. Im Intersport-Verbund ist Inhaber Udo Siebzehnrübl in bester Gesellschaft: Bei Intersport Hübner stehen mit mittlerweile neun Filialen die Zeichen auf Wachstum, und Intersport Voswinkel feiert fast im Wochentakt Eröffnungen.
Besondere Schwierigkeiten? „Die Ertüchtigung des alten Brandschutzes aus den 90er Jahren war nicht billig und nicht einfach. Es waren kaum Termine bei Sprinkler-Experten zu bekommen“, so Finke. Jeden Tag sei er auf der Baustelle gewesen, von morgens bis abends. „Die Handwerker arbeiten dann anders. Deswegen konnten wir das Projekt auch in drei Monaten durchziehen“, sagt Markus Finke lächelnd. So viel Material wie möglich sollte wiederverwendet werden, nachhaltige Baustoffe standen im Vordergrund, der Blick war auf Energie- und CO2-Sparsamkeit gerichtet.
Dazu beschäftigte das Familienunternehmen vor allem Handwerker aus der Region, bei vielen stand man bereits seit längerem auf der Kundenliste. So etwas kann am Bau ungemein helfen und keiner der Handwerks-Betriebe ging während der Bauphase in die Insolvenz.
Doch die Glückssträhne riss im Juli ausrechnet im Untergeschoss – dem einzigen, in dem schon der Ladenbau fertig war: Ein Feuer brach aus. Großer Schaden. „Da war ich fast am Ende“, gesteht Finke. Zumal zunächst die Schuldfrage unklar war. Doch der Bauherr hatte nichts falsch gemacht, die Versicherung zahlte. Hätte sie das nicht getan, so Finke noch immer sichtlich berührt am Ort des Geschehens, „dann stünden wir heute nicht hier“. Alles ging letztlich gut, auch die Baustellen HAKA-Store und Finke First, dem Standort für Top-DOB, liefen, die Eröffnungen klappten tatsächlich fast planmäßig.
„Kunden und Nicht-Kunden sagen mir: ‚Danke, dass Sie das für die Bielefelder getan haben.‘ So etwas hatte ich noch nie erlebt.“
Hier Mode, dort Sport? So eindeutig ist die Trennung jedoch nicht, bei der Schichtung des Haupthauses etwa gehen beide Segmente ineinander über oder stehen nebeneinander: Ist der Outdoor-Bereich mit der Kaffeebar im 1. OG nun Mode oder Sport? Kriterien, die für die Kundschaft wahrscheinlich deutlich weniger wichtig sind als für althergebrachte Handels-Kategorisierer. Im Untergeschoss ist es ähnlich, klassische Sport-Sortimente wie Running und Fußball neben Beach- und Kidswear. Im EG finden sich Sportstyle und Training neben Sneakern – und der Hauptkasse mit dem riesigen Spruch „Aus Liebe zum Sport“ oben drüber.
Online? Den E-Commerce beschränkt Finke auf 10 bis 20% vom Sport-Umsatz, komplett abgewickelt über die Intersport-Plattform. „Alles andere macht wirtschaftlich keinen Sinn.“
„Ein bisschen irre“ sei das Brick-and-Mortar-Bauprojekt schon gewesen, räumt Finke ein, „aber jetzt sind wir auch stolz darauf, dass wir es gemacht haben.“ Stolz ist er auch hierauf: „Kunden und Nicht-Kunden sagen mir: ‚Danke, dass Sie das für die Bielefeld getan haben.‘ So etwas hatte ich noch nie erlebt.“
Mehr Umsatz auf weniger Fläche
Zur Umsatzentwicklung im Sporthaus seit der Eröffnung will sich Finke nicht äußern, dafür sei es noch zu frisch am Markt, „wir haben noch einen weiten Weg zu gehen.“ Auch Umsatzzahlen für das Gesamtunternehmen nennt er nicht, aber immerhin soviel: „Im Modebereich sind wir in diesem Jahr mindestens pari, damit bin ich schon sehr zufrieden. Vielleicht wird es noch ein bisschen besser.“ Und das mit rund 1000m² weniger Fläche.
Bei der durch den Umzug auf 400m² halbierten HAKA passierte recht schnell Unerwartetes: „Wir haben im September in dem kleinen Laden tatsächlich den Umsatz der deutlich größeren Fläche übertroffen.“ Wie das? Mit einem starken Trading-up, also höheren Bons bei weniger verkauften Teilen. Mit Brands, die es nicht an jeder Ecke gebe.
Store des Tages Herbst 2024
Leffers in Lohne stärkt das Premium-Segment
Neues Highlight in Lohne: Leffers hat im Erdgeschoss des 3570m² großen Modehauses eine 290m² große Fläche für Premium Womenswear geschaffen. So sieht sie aus und das verspricht sich Geschäftsführer Johannes Böckmann davon.
Chef Finke ist Italien-Fan: „Dort finde ich immer spannende Brands. Wir haben Bob, die coole andere Ware machen.“ Doch es muss nicht immer Italien sein: „Ich habe etwa den Österreicher Phil Petter als neuen Anbieter aufgenommen und günstigere Pendants ausgelistet. Wir haben keinen Ralph Lauren, wir machen Hackett, nicht Lacoste, dafür Fred Perry. Es gibt immer eine Alternative, gute, schöne, kleine Labels.“ Das zeige, dass interessante, individuelle Sortimente in der Innenstadt funktionieren könnten und nicht nur die immer gleichen Preis-Aktionen.
Er wolle sich nicht mehr allzu viel von den Brands vorschreiben lassen, sich nicht Stapel von Ware reindrücken lassen, die er eigentlich gar nicht haben wolle, sagt der Vollblut-Händler. „Wir sind nicht der Mittelpunkt der Branche, aber wir gehen unseren eigenen Weg. Und seit wir das tun, macht es auch wieder richtig Spaß. Das war zwischenzeitlich nicht immer so.“
Markus Finke: „Wir sind nicht der Mittelpunkt der Branche, aber wir gehen unseren eigenen Weg. Und seit wir das tun, macht es auch wieder richtig Spaß.“
Dass 50 % seiner HAKA-Kunden Stammkunden aus der Region sind, hilft. Nicht zuletzt für diese Herren aus der zahlungskräftigen Generation der Benziner Boys hat Finke zahllose edle Automodelle gekauft und auf die Fläche gestellt. Porsche 911, Mercedes SL, auch Käfer, Ente oder Renault Alpine. „Damit ist man sofort im Gespräch. Fast jeder unserer Kunden aus der Baby Boomer-Zeit hat mal eines dieser Autos gefahren und erzählt gerne darüber.“
Vorteile im Verbund
In der HAKA und der DOB kaufen die Finkes komplett selbst ein: Sabine Finke für Finke First, Marion Krapohl für die DOB, Markus Finke und Michael Menke für die HAKA: Beim Sport ordert Benedikt Landwehr die Hälfte der Ware, der übrige Teil kommt über Intersport. „Dieser Anteil an individuellem Einkauf reicht vollkommen, um unserem Haus ein eigenes Gesicht zu geben“, sagt der Eigentümer, der voll des Lobes für die Verbundgruppe ist. Intersport-CI auf der Fläche durch und durch. „Das Haus heißt auch nicht ‚Sport Finke‘, sondern ‚Intersport Finke‘.“ Die Zentrale in Heilbronn verfüge über exzellente Wirtschafts- und Finanzsysteme, kümmere sich um die Werbung und sei im datenbasierten Einkauf ganz weit vorne. Kein kleiner Händler könne sich so etwas auf eigene Faust leisten. „So kann ich mich um das Wichtigste kümmern, unser Haus und unsere Kunden und habe immer noch die Freiheiten des Unternehmers.“
Nicht zuletzt komme er über den großen Verbund an Ware, die ihm Adidas oder Nike sonst nicht liefern würden. Grundsätzlich beobachtet auch Finke eine Veränderung bei den großen Sport-Brands: „Sie sind in Sortimentsfragen jetzt verhandlungsbereiter als früher. Ich habe den Eindruck, dass sich die Strategie, vor allem über eigene Stores oder den eigenen E-Shop verkaufen zu wollen, aufgrund der gegenläufigen Marktentwicklung anderer Wettbewerber wie On ein bisschen dreht. Zu Gunsten der lokalen Innenstadt-Sporthändler.“ Wie Finke in Bielefeld und Gütersloh.
Das Unternehmen Finke
2.000 qm, DOB / HAKA. inkl. FIRST-Abteilung, Premium bis Premium+
Intersport Finke Gütersloh:
2.000 qm, Sportstyle, Training, Outdoor, Teamsport, Running, saisonal Bike- und Wintertextil. Intersport-Shopformate plus Individualisierungs-Labels
Intersport Finke Bielefeld:
2.000 qm, Sportstyle, Training, Outdoor, Teamsport, Running, saisonal Bike- und Wintertextil. Intersport plus Individualisierungs-Labels
Finke First Bielefeld:
800 qm, DOB, Premium+ bis Luxus
HAKA Bielefeld:
400 qm, HAKA und Sportswear, Premium+