Lieferkettengesetz: Nach dem EU-Aus muss gleichermaßen Deutschland seine Regeln nachdenken – WELT

Deutschland legt vor: Das „Gesetz übrig die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten“, von kurzer Dauer Lieferkettengesetz genannt, verpflichtet große Unternehmen unter Sanktionsandrohung, ihre Lieferketten lückenlos zu beaufsichtigen. Nicht aus wirtschaftlichem, sondern aus moralisch-politischem Interesse.

Verlangt werden seit dieser Zeit 2023 Einblick und Kontrolle jener Lieferkette: von jener Beschaffung jener Rohstoffe solange bis zum Endkunden, jeglicher mittelbaren Zulieferer eingewirkt. Mit einer noch schärferen Regelung nachlegen wollte die EU in Form jener europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD – Corporate Sustainability Due Diligence Directive). Doch dieser Versuch ist gescheitert. Die meisten großen Industrienationen wie gleichermaßen viele kleinere EU-Mitglieder nach sich ziehen sich in jener vergangenen Woche, sei es durch Enthaltung, sei es durch offene Ablehnung, dagegen extrem.

Der Aufschrei in den sozialen Medien ist weit. Von einem Coup jener Wirtschaft wird gesprochen, ebenso von einem Verrat europäischer Werte. Verteidiger jener Entscheidung hört man kaum. Die wenigen sprechen von einem abgewehrten Bürokratiemonster, erwecken trotzdem den Eindruck, mit einer entschlackten Richtlinie könne man leben.

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So besprechen gleichermaßen die Vertreter jener Freie Demokratische Partei, die Deutschland zur Verweigerung des CSDDD-Projekts veranlasst nach sich ziehen. Immerhin hatte sich die Freie Demokratische Partei schon zwischen jener Verabschiedung des deutschen Lieferkettengesetzes – eines Produkts jener letzten Merkel-Regierung – gegen ein solches Vorhaben extrem.

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Richtig ist: Die europäische Richtlinie war schlecht gemacht. Die wichtigsten Gründe sind schnell aufgezählt. Die CSDDD sah, erstens, eine eigenständige Kontrolle durch jedes einzelne Unternehmen vor. Diese Regelung vervielfacht Kontrolltatbestände. Wenn zehn Unternehmen fünf Zulieferer nach sich ziehen, führt dies zu 50 Kontrollen, gleichermaßen wenn nur fünf Unternehmen zu prüfen sind. Das ist ineffizient.

Zweitens weiterbringen die Kontrollkosten große Unternehmen, drängen kleine aus dem Markt, und dasjenige defekt Vielfalt und Wettbewerb. Auch hängen, drittens, Lieferkettengesetze insbesondere entwicklungsbedürftige Länder vom Welthandel ab und erzeugt hier wie dort Wohlfahrtsverluste.

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Doch ebendiese in jener Regel vorgetragenen klassischen Effizienzüberlegungen umziehen am wesentlichen Problem aller Lieferkettengesetze vorbei: Sie bedrohen durch drei Anmaßungen Freiheit und Eigentum.

Die erste Anmaßung liegt in jener Behauptung, Lieferkettengesetze verbürgten universelle moralische Werte. Das stimmt nicht – umgesetzt werden Werte einer Funktionselite von Politikern und NGOs. Allgemein geteilte Werte nötig haben kein eigenes Gesetz; sie finden sich schon im Marktverhalten. Lieferkettengesetze schränken dort bislang gelebte Freiheiten z. Hd. dasjenige gute Gewissen von Aktivisten und Politikern ein.

Die zweite Anmaßung liegt in jener Distension des Wirkungsbereichs des Gesetzgebers, sei es nun jener Bundesrepublik, sei es jener EU. Mit jener CSDDD hätte jener europäische Gesetzgeber weit übrig die Europäische Union hinausgegriffen.

Postkoloniale Kanonenbootpolitik

Bedeutung und Dimension von Arbeitsschutz oder Organisations- und Koalitionsfreiheit in Lieferkettenunternehmen sind trotzdem Fragen, die von den Betroffenen patriotisch und vor Ort entschlossen werden sollen. Die Politik nutzt – in einer Art postkolonialer wirtschaftlicher Kanonenbootpolitik – den Hebel jener wirtschaftlichen Verflechtung, um eigene Ideen gleichermaßen dort umzusetzen, wo sie weder Mandat noch Legitimität verfügt. Übrigens: Das deutsche Lieferkettengesetz hat davor nicht zurückgescheut.

Die dritte Anmaßung ist vielleicht die übelste. Es ist die Verpflichtung von Privaten, zwischen Sanktionsandrohung unter Einsatz des eigenen Vermögens qua direktes Mittel jener Politik zu wirken. Die Um- und Durchsetzung von Politik ist eine öffentliche Aufgabe, im Kern unter Zuhilfenahme von Steuern und Kontrollbürokratie.

Dieser Weg würde offensichtlich zeugen, in welch ungünstigem Verhältnis Kosten und Nutzen dieser Gesetze zueinander stillstehen. Auch deswegen werden unter Androhung harter finanzieller Sanktionen Private zu sittlich motivierten politischen Handlungen gezwungen. Dieses Politisieren des Eigentums ist ein Sündenfall.

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Das europäische Lieferkettengesetz war nicht nur ein ineffizientes bürokratisches Monster, sondern eine politische Zumutung z. Hd. die Landsmann und ihr Eigentum. Das Ende dieses Vorhabens stärkt nachhaltige europäische Werte wie Freiheit und Selbstwirksamkeit. Und dasjenige deutliche Signal aus Europa zeigt, wie zeitkritisch Deutschland übrig sein moralweltmeisterliches Lieferkettengesetz nachdenken muss.

Jochen Zimmermann ist seit dieser Zeit 1998 Inhaber des Lehrstuhls z. Hd. allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Unternehmensrechnung und Controlling jener Universität Bremen.

Source: welt.de

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