Liberale wettert gegen grünes Versprechen zum Kohleausstieg

Die Einigung der führenden westlichen Industrienationen (G7) einschließlich Deutschlands, möglichst bis 2035 aus der Kohleverstromung auszustiegen, könnte zum nächsten Krach in der Ampelkoalition in Berlin führen. Die Liberalen von Bundesfinanzminister Christian Lindner pochen darauf, dass das gültige Kohlausstiegsgesetz als Enddatum 2038 vorsieht, auch wenn im Koalitionsvertrag steht, dass es „idealerweise“ auf das Jahr 2030 vorgezogen werden soll.

„Nach dem Kernkraft-Alleingang aus 2022 macht Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen jetzt den nächsten unabgestimmten Schritt bei der Kohle“, kritisierte der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Michael Kruse, im Gespräch mit der F.A.Z. Er verwies darauf, dass sich zwar in den westdeutschen Kohlerevieren der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen sowie der Energiekonzern RWE auf einen vorzeitigen Ausstieg bis 2030 geeinigt hätten. Das gelte aber nicht für die Braunkohleförderung und -verstromung in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

Abschlusserklärung wird erwartet

„Ich kann dem Klimaminister Habeck nur dringend raten, sich in Sachsen und andernorts vor Ort um Lösungen zu bemühen, anstatt international einseitige Zusagen zu machen“, wetterte Kruse. Am Montag hatten sich die G7-Minister für Klima, Energie und Umwelt bei ihrem Treffen in Turin auf den Kohleausstieg in der ersten Hälfte der Dreißigerjahre geeinigt; die Abschlusserklärung wird für den heutigen Dienstag erwartet. Für Deutschland waren Umweltministerin Steffi Lemke und Habecks Staatssekretärin Anja Hajduk (beide Grüne) angereist.

Zur G7 zählen neben Deutschland und Italien – das derzeit die Präsidentschaft innehat – auch die USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, und Kanada. Kruse schimpfte, das unabgestimmte Vorpreschen der grün geführten Ministerien auf der internationalen Bühne in Turin schade nicht nur der Einheit in den neuen Bundesländern, sondern auch der Geschlossenheit der Bundesregierung: „Dieser Beschluss spaltet, anstatt zu einen. Das gilt für den Osten sowie für die Koalition.“

Ziele in Übereinstimmung mit dem Kohleausstiegsgesetz

Aus Kreisen der Bundesregierung verlautete indes, die Übereinkunft von Turin stehe vollständig im Einklang mit den deutschen Kohleausstiegsgesetzen und dem Koalitionsvertrag. Zum einen liege die offizielle G7-Abschlusserklärung noch gar nicht vor, zum anderen werde sie in Ausnahmefällen auch die Kohleverstromung nach 2035 zulassen. Nämlich dann, wenn sich die Verfeuerung im Einklang mit dem Ziel der Staatengemeinschaft fortsetzen lässt, die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf maximal 1,5-Grad-Ziel gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

Wie zu hören ist, hatte Japan diesen Kompromiss hineinverhandelt, da es auch nach dem Zieldatum weiterhin Kohlekraft brauchen werde: vermutlich versehen mit Abscheide- und Speichertechniken für Kohlendioxid (CCS-Verfahren). Diese Möglichkeit zur Dekarbonisierung hatte die Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen COP28 Ende vergangenen Jahres in Dubai als zulässig festgeschrieben. Auf ein Kohleausstiegsziel hatten sich die fast 200 Vertragsstaaten dort hingegen nicht einigen können. Das hat die G7 jetzt im Kleinen nachgeholt.

Dazu sagte der britische Energiestaatssekretär Andrew Bowie in Turin: „Das ist eine historische Übereinkunft, die wir bei der COP 28 in Dubai im vorigen Jahr nicht erreichen konnten.“ Den Europäern erschien der Zeitpunkt in Italien günstig, um die Amerikaner an Bord zu holen. Die US-Umweltschutzbehörde EPA hatte vergangene Woche Regeln erlassen, wonach die amerikanischen Kohlekraftwerke bis 2032 mindestens 90 Prozent ihrer Emissionen verringern oder einfangen müssen.

Die Hoffnung dieser EU-Staaten ist, die vergleichsweise biologisch ausgerichtete Regierung des Demokraten Präsident Joe Biden zu möglichst vielen internationalen Vereinbarungen zu in Bewegung setzen. Denn nachher den Wahlen im November könnte dieser neue Präsident wieder Donald Trump von den Republikanern heißen, zu Gunsten von den dieser Klimaschutz wie weniger wichtig gilt.

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