„Lemon Tree“: BMG kauft Rechte an Fools Garden-Aufnahmen

Zuletzt machte der Name Pink Floyd einmal mehr, vor allem in Hinblick auf Roger Waters, die Runde. Der Mitbegründer der britischen Band geht im Frühjahr kommenden Jahres auf Tour. Angesichts seiner Äußerungen zum Ukraine-Krieg und auch seiner schon lange bekannten Unterstützung der Israel-Boykottbewegung BDS diskutiert man an den deutschen Tournee-Halten, ob die Auftritte abgesagt werden sollten.

Dass nach wie vor auch um ein Rechtepaket von Pink Floyd gepokert wird – es soll um die Rechte an den Aufnahmen und den Rechten an Name, Bild und Abbild, nicht aber um die Autorenrechte gehen – muss da in der Regel hinten anstehen. Ohnehin bewegt sich hier offenbar wenig. Zuletzt hatte Bloomberg über Streitigkeiten zwischen Waters und seinen ehemaligen Kollegen und die daraus folgenden Verzögerungen berichtet.

Kataloge werden aber natürlich weiterhin verkauft und über längst nicht alle Deals erfährt die Öffentlichkeit etwas. Einer der vergleichsweise großen wurde erst Ende September vermeldet: Phil Collins, Tony Banks und Mike Rutherford veräußerten ein umfangreiches Paket an das US-Musikunternehmen Concord Music. Dem Wall Street Journal zufolge lag der Preis bei mehr als 300 Millionen Dollar – obgleich diese Angaben immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen sind. Bekanntgemacht werden finanzielle Details von den beteiligten Parteien ohnehin nur sehr selten.

Fools Garden als nächste Bertelsmann-Kauf

Das gilt auch für den neuesten Zukauf der Bertelsmann-Musiksparte BMG, der zwar nicht in der Riege Dylan, Springsteen oder Genesis zu verorten ist, aber unterstreicht, wie vielfältig der Markt ist – und wie sehr auch Kataloge eher lokaler Acts (für natürlich geringere Preise) von Interesse sind in der Branche: Künftig liegen so die Rechte an vielen Aufnahmen der Band Fools Garden bei BMG. Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte, umfasst die Vereinbarung die Rechte an den Aufnahmen aller Alben, die zwischen 1991 und 2003 veröffentlicht worden seien. Dazu gehörten „Fool’s Garden“ (1991), „Once In A Blue Moon„ (1993), das Nummer-eins-Album „Dish Of The Day“ (1995),“ Go And Ask Peggy For The Principal Thing“ (1997), „For Sale“ (2000) und „25 Miles To Kissimmee“ (2003).

Die 1991 gegründete Band ist vor allem bekannt für ihren Song „Lemon Tree“ aus 1995. Alleine auf Spotify kommt dieser derzeit auf rund 345 Millionen Streams. An den Erfolg des Songs und dem zugehörigen Album „Dish Of The Day“ reichten andere Veröffentlichungen der Band nicht mehr heran. Ihr aktuellstes Album „Captain… Coast Is Clear“ erschien Ende 2021. Im vergangenen Jahr veröffentlichte der deutsche DJ und Produzent Alle Farben zudem eine eigene Version von „Lemon Tree“, an der auch die Band gewesen sei.

Geschrieben haben „Lemon Tree“ Peter Freudenthaler und Volker Hinkel. Die separat zur Aufnahme zu betrachtenden Rechte an den Texten und Kompositionen sind nicht Teil der Übernahme. Diese besonders mit Blick auf Cover-Versionen des Super-Hits wichtig oder auch für die Lizenzierung zur Verwendung der Lieder in Filmen, Werbung oder Serien.

Konkurrenz von Finanzriesen

BMG hat in diesem Jahr schon diverse Übernahmen getätigt. Darunter waren etwa die Übernahme der Autorenrechte des französischen Elektro-Pioniers Jean-Michel Jarre, ein Rechtepaket am Schaffen der Simple Minds oder 50 Prozent der Autorenrechte der Band Primal Scream. „Wir haben weiterhin großes Vertrauen in die Wachstumsaussichten der Branche und gehen davon aus, auch in diesem Jahr wieder eines der akquisitionsfreudigsten Unternehmen zu sein“, unterstrich BMG-Chef Hartwig Masuch im August zur Vorlage der Halbjahreszahlen.

An Konkurrenz, teils auch sehr finanzstarke wie Blackstone, Blackrock, Apollo Global Management oder KKR, mit denen BMG eine Partnerschaft für gemeinsame Zukäufe hat, mangelt es nicht. Zwar dürften durchaus manche Käufer, die im jüngsten Boom auf Musikrechte aufmerksam geworden waren, angesichts der steigenden Zinsen und der generell schwierigerer makroökonomischer Lage wieder Abstand von Katalogdeals genommen haben. Doch (bislang) zeigt sich die Musikindustrie, wie von Masuch angeführt, tatsächlich als sehr krisenfest. Eine schwächere Entwicklung zeigt sich derzeit lediglich bei den werbefinanzierten Streaming-Angeboten. Marktführer Spotify wächst grundsätzlich stabil und die jüngste Preiserhöhung von Apple Music, der die Konkurrenz wohl auf kurz oder lang folgen wird – Spotify-Chef Daniel Ek deutete es schon an –, kommt in der Musikindustrie ohnehin gut an. Generieren die Musikriesen doch über die Dienste einen sehr großen Teil ihrer Einnahmen.

Kate Bush als Paradebeispiel

Der Reiz von Katalogen wie jenem von Fools Garden liegt so auf der Hand. Im Gegensatz zum CD- oder Vinyl-Verkauf bedeutet jeder neue Stream neue, wenngleich für sich genommen sehr geringe, Einnahmen, die dafür aber beständig fließen und sich mit der Zeit summieren. Aus diesem Grund sehen auch Finanzinvestoren begehrte Kataloge als stabile Geldanlage an. Die Herausforderung besteht „nur“ darin, die Kataloge bei Musikhörern beliebt zu halten, damit sie nicht in Vergessenheit geraten und die Rechte sorgfältig wahrzunehmen.

Für ersteres bieten sich diverse Wege, wie die sehr begehrten Platzierungen in Filmen, Serien oder der Werbung sowie aufwendig gestaltete Re-Releases alter Alben – ein lukratives und beliebtes Geschäft in der Branche. Was eine Serien-Platzierung bewirken kann, zeigte erst kürzlich der Hype um den Kate Bush-Song „Running Up That Hill“ infolge der Netflix-Serie Stranger Things.

Den Optimismus der Branche schüren zudem stetig neue Vermarktungswege, seien es Fitness-Apps, Social-Media- und Gaming-Plattformen, das Metaverse – oder der Einfluss von Tiktok. Ein Hype auf der Plattform hat schon die Streamingzahlen zahlreicher alter Songs befeuert. So lief es etwa beim Fleetwood Mac-Song „Dreams“. Hier landete sogar das zugehörige Album wieder in den Billboard-Charts. Auch an diesem Kuchen ist BMG übrigens beteiligt: Anfang 2021 erwarb das Unternehmen Mick Fleetwoods Anteile an vielen Aufnahmen der Band.

GeldanlageGesellschaftMetaverseUnternehmenWerbung