Eine Säule der globalen US-Hegemonie war (und ist noch) das Dollar-Regime. Ohne dieses Regime, ohne die unangefochtene Stellung des US-Dollars als Leitwährung, als wichtigste Reservewährung in allen Ländern, als dominierendes Weltgeld im Welthandel und an den Weltbörsen, ist die Vormachtstellung der USA nicht zu denken.
Verliert der Dollar diese einzigartige Stellung, ist das gesamte Weltwährungssystem, wie wir es kannten, in der Krise. Aus dem einfachen Grund, weil keine andere Wirtschaftsnation und keine der international relevanten Währungen die Funktion der Weltleitwährung ohne weiteres übernehmen kann. Nur in regionalen Handelsblöcken können sie das, wie der Euro in Europa und den mit Europa assoziierten Ländern.
Der Dollar ist auf Talfahrt, ein Ende des Absturzes nicht abzusehen. Seit Trumps Amtsantritt im Januar hat er ständig an Wert verloren. Mehr als zwölf Prozent gegenüber dem Euro, mehr als 6 Prozent gegenüber dem Yen, selbst der Yuan hat gegenüber dem Dollar aufgewertet.
Der Dollarindex, der das Wertverhältnis des Dollar zu einem Währungskorb (Pfund, Euro, Yen, Schweizer Franken, kanadischer Dollar, Schwedische Krone) misst, ist seit Januar um mehr als 10 Punkte gefallen. Hauptsächlich, weil die Anleger aus dem Dollar (bzw. aus Dollar-Anleihen und -Aktien) fliehen und insbesondere der Ausverkauf langfristiger US-Staatsanleihen anhält. Als sicherer Hafen für das Kapital hat der Dollar seinen Ruf noch nicht verloren, aber sein Sonderstatus bröckelt rasant. Seit Wochen ziehen die Anleger Kapital in großem Stil aus den USA ab und führen es zurück nach Europa, vor allem in die Eurozone.
Als letzte der drei großen Ratingagenturen hat vor wenigen Tagen auch Moody’s die Bonität der USA herabgestuft, von der Spitzennote AAA auf AA1. Standard & Poor’s hat das schon 2011 getan, 2023 folgte Fitch. Der Verlust der einst unbestrittenen Spitzenbonität scheint vorerst nur ein Warnschuss zu sein wegen der wachsenden Haushaltsdefizite, der exorbitanten Staatsverschuldung und der wachsenden Zinslasten. Doch die Investoren beginnen, wegen aktueller und drohender Verluste Dollarpapiere abzustoßen.
Große Pensionsfonds sind in der Regel verpflichtet, Papiere ohne Spitzenbonität zu verkaufen – und sie tun es. Fortan wird es für die USA schwieriger und deutlich teurer, sich Kredite per Staatsanleihen auf dem internationalen Kapitalmarkt zu beschaffen. Der enorme Vorteil für die USA, sich in der eigenen Währung verschulden zu können, auch im Ausland, wird damit angekratzt, nicht aufgehoben.
Die ganze Welt hortet US-Dollar – noch
Diese Dollar-Schwäche ist hausgemacht. Donald Trumps wirre und irrwitzige Zollpolitik hat die Finanzmärkte in Aufruhr versetzt. Schon im April zeigten die Finanzmarktakteure, die global operierenden Banken und Anlagefonds ihre Macht, als sie nach Trumps Ankündigungen begannen, US-Staatsanleihen in Massen aus ihren Depots zu werfen. Worauf hin die Marktpreise der US-Bonds absackten, die Renditen stiegen und die Zinsen für Refinanzierungen ebenfalls.
Trumps Attacken auf James Powell, den Chef der Fed, wegen dessen vorsichtiger Zinspolitik, haben zu den Zweifeln an der Berechenbarkeit der amerikanischen Geld- und Finanzpolitik beigetragen. Ob die Fed auch künftig noch eine von den Launen des Präsidenten unabhängige Geldpolitik treiben kann, bezweifeln die Mächtigen der Finanzwelt. Sollte Trump seine Drohung wahrmachen und den Fed-Chef rausschmeißen, würden die Märkte sofort reagieren.
Die relevanten Akteure auf den Devisenmärkten sind bereit und imstande, den Dollarkurs weiter abstürzen zu lassen. Für die Zentralbanken aller Welt, die enorme Dollarreserven halten, ebenso ein gigantischer Verlust. Ebenso für die Großbanken und Anlagefonds, die ihre Dollarpapiere in Massen abstoßen und damit die Entwertung von US-Anleihen und -Aktien beschleunigen würden – wie den weiteren Kursverfall des Dollar.
Trump ist angetreten, den Kopf voll mit kruden und wirren Ideen über die Weltwirtschaft und die Rolle der USA darin. Die teilt er mit den Tech-Oligarchen, mit den Milliardären und deren Clans, die ihm zur Macht verholfen haben. Wie diese Herrschaften hasst Trump die bestehende politische und wirtschaftliche Ordnung, die ihm und seinesgleichen Grenzen setzt.
Besonders mächtige Institutionen wie die Fed, die er nicht unter Kontrolle hat. Oder den Dollar, den sie gegen die Fed nicht manipulieren können, wie sie möchten. Als Weltleitwährung ist der Dollar zwangsläufig überbewertet, da sich die ganze Welt um Dollars reißt und die ganze Welt Dollars hortet, die nicht wieder in die innere Zirkulation der Vereinigten Staaten zurückkehren. Trumps ökonomischer Chefberater, Stephen Miran, hat Trump eingeredet, es sei eine prima Idee, den Dollar zu schwächen, um die amerikanische Position gegenüber den Handelspartnern in der Welt zu stärken. Den Dollar schwächen, um die Last der gigantischen US-Staatsschulden und die amerikanischen Außenhandelsdefizite zu verringern, ist das erklärte Ziel der Trumpschen Zollpolitik.
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Nicht genug, dass Trump mit seinen wilden Zollsprüngen die Welthandelsordnung zerstört und der US-Ökonomie massiv schadet, er mischt auch im Krieg gegen die bestehende Währungsordnung mit, sein Familienclan immer vorn dabei. Wild mit Bitcoins zu spekulieren, neue eigene Bitcoins zu kreieren und neue Plattformen für den Bitcoin-Handel aus dem Boden zu stampfen, Trump samt Familie ist immer dabei.
Der Bitcoin-Hype, der von den Tech-Milliardären nach Kräften befeuert wird, folgt einem auf die absurdesten Spitzen getriebenen neoliberalen Narrativ. Jedermann sein eigener Fußball, spotteten einst die Dadaisten. Jeder kann und soll sein eigenes Geld machen, so glauben die Neoliberalen, das staatliche Geldmonopol muss weg – ebenso wie alle anderen Monopole, auf denen die moderne Staatlichkeit ruht –, so glauben die neoliberalen Ideologen und so handeln ihre eifrigsten Jünger, die neuen und alten Staatsfeinde.
Dazu gehören die Tech-Oligarchen allesamt, vaterlandslose Gesellen durch und durch, die sich die Zerstörung der bestehenden Weltwirtschaftsordnung zur Lebensaufgabe gemacht haben. Trump und seine Truppe dienen ihnen als Brecheisen und Rammböcke. Was ihr Busenfreund und Gesinnungskumpel Milei in Argentinien im Kleinen versucht, das probieren sie in den USA im ganz Großen.
Absehbar kann der Euro den Dollar nicht ersetzen
Wenn der Dollarkurs weltweit fällt, hat das Folgen. Kurzfristig verbilligt der sinkende Kurs amerikanische Exporte, verteuert aber gleichzeitig sämtliche Importe für die USA. Da die USA in einigen Schlüsselbereichen wie Computern, Telekommunikation, Elektronik – insbesondere Halbleitern -, Haushaltsgeräten, Automobilen stark (bei Halbleitern extrem) von Importen abhängig sind und bleiben, bekommen die amerikanischen Unternehmen und Konsumenten die Folgen der Dollarschwäche sofort zu spüren. Zusätzlich zu den Folgen der Importzölle, die jetzt oder in absehbarer Zeit von der Trump-Regierung verhängt werden. Für die Handelspartner der USA, die große Außenhandelsüberschüsse fahren und seit Jahr und Tag enorme Dollarreserven anhäufen, sind das keine guten Nachrichten.
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Für die Gläubiger der USA im Inland verändert sich wenig, für die Auslandsgläubiger ist der Schaden erheblich. Weniger als ein Drittel der insgesamt 36,5 Billionen Dollar Staatsschulden der USA (123 Prozent des BIP) entfallen aufs Ausland, Tendenz seit Jahren fallend. Das meiste davon halten wenige große Gläubigerländer wie Japan, China, Großbritannien, Luxemburg, Kanada, Belgien, die Schweiz, Frankreich, Indien, Brasilien und einige mehr. Alle haben durch den Dollarabsturz Milliarden an Vermögen verloren.
Auch wenn die USA nicht pleite sind, wie Hans Werner Sinn behauptet, bedenklich ist die Lage der US-Staatsfinanzen schon. Denn innerhalb der nächsten zwölf Monate müssen mehr als 22 Prozent der gesamten ausstehenden Staatsanleihen der USA refinanziert werden. Eine enorme Operation, die vor allem die Zinslast der USA erheblich steigern wird. Geht das Wirken Trumps und seiner merkwürdigen Crew weiter, werden die beiden Anker des Dollar-Regimes, das Vertrauen in die jederzeit und überall verfügbaren US-Treasury Bonds als sicherste Geldanlage und der stete Dollarzufluss dank ständiger Leistungsbilanzdefizite der USA weiter geschwächt.
Die BRICS Staaten haben sich bereits einige Male darauf verständigt, der Hegemonie des US-Dollars etwas entgegenzusetzen. Sehr zum Ärger von Donald Trump, der ihnen Vergeltung androhte. Gelungen ist es den BRICS bisher nie, eine eigene Gemeinschaftswährung zu etablieren. Keine ihrer nationalen Währungen kann dem Dollar (oder dem Euro) das Wasser reichen, auch nicht der chinesische Renminbi. Um den Dollar herauszufordern, müsste die chinesische Währung auf den wichtigsten Devisenmärkten der Welt außerhalb Chinas frei gehandelt werden können. Das riskiert die chinesische Führung nicht. Eigene Zahlungssysteme etwa zwischen Russland und China ändern daran ebenso wenig wie Russlands Drängen, in Rubel abzurechnen. Mit den Rubel-Milliarden können weder China noch Indien viel anfangen.
Die Nummer zwei in der Rangordnung der Weltwährungen, der Euro, kann mit dem schwächelnden Dollar rivalisieren, ihn aber in absehbarer Zeit nicht ersetzen. Aus strukturellen Gründen, die sich die Europäer selbst anrechnen müssen: Erstens ist der Binnenmarkt der EU, obwohl potentiell der größte Markt der Welt, weit davon entfernt, sein Potential voll zu entfalten. Bis heute ist dieser Binnenmarkt fragmentiert, bis heute hindern nationale Abgrenzungen den innereuropäischen Handel.
Wie der IWF vorrechnet, könnte die EU den absehbaren Einbruch ihres Handels mit den USA leicht wettmachen, einige Prozent mehr innereuropäischen Handels würden schon einen großen Unterschied machen. Jahr für Jahr kostet stures Festhalten an der Kleinstaaterei die Europäer Milliarden und Abermilliarden. Einen halbwegs einheitlichen Arbeitsmarkt haben wir nicht, von einer Kapitalmarktunion, die die Zersplitterung des europäischen Finanzmarkts überwinden könnte, dürfen wir weiter träumen.
Erst mit einem EU-weit einheitlich organisierten und regulierten Finanzmarkt könnte die EU dem US-amerikanischen Finanzmarkt etwas annähernd Gleichwertiges entgegensetzen. Zweitens fehlen die Eurobonds, die Staatsanleihen, die von allen Mitgliedsstaaten der EU gemeinsam ausgegeben und garantiert werden. Solange es sie nicht bzw. nur als Ausnahme für extreme Notlagen wie die Corona-Pandemie gibt, kann die EU den US-Staatsanleihen als „sicherer Hafen“ für global mobiles Kapital und Vermögen keine wirksame Konkurrenz machen. Solange die Europäer sich von der Kleinstaaterei bremsen lassen, bleiben sie als weltpolitischer Akteur weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.