Leipziger Buchmesse: Die Nominierten im Bereich Belletristik

Hilfe, Schnecken

Geradezu en passant fällt jener Blick hinaus ein Hakenkreuz in einer Schale, aus jener Tiere gefüttert werden. Ganz so, qua wäre es keiner von Bedeutung. Aber dasjenige ist es nun einmal doch. Genauso wie Schnecken, die unter genauem Hinsehen wie übergroße Monster erscheinen, oder ein zunächst fremdes Tier, dessen Augen einem unter Nacht entgegenleuchten. Statt heimisch geht es in Genossin Kuckuck demgemäß ziemlich unheimlich zu, zumal sich kollektiv verdrängte Ängste immer mehr in den vordergründigen Plot schieben. Die 1963 in Ost-Berlin geborene Anke Feuchtenberger erzählt in dem Text vom Leben und den vielfältigen Beziehungen von Kerstin, womit sich selbst in vertrauten Momenten, etwa mit ihrer Freundin Effi oder ihren Eltern, ein begriffloses Unbehagen Raum bahnt. Was qua Prosatext schon genug Schrecken birgt, potenziert seine Wirkung noch im Genre des Comics. Mit jener Nominierung dieses Werks, entstanden aus jener Feder jener ersten deutschen Comic-Professorin an jener HAW Hamburg, verleiht die Jury nicht nur dem allgemeinen gesellschaftlichen Schrecken hinsichtlich jener Allgegenwart von Krieg, Gewalt und Trauma Ausdruck. Vielmehr nobilitiert sie ipso facto eine im Kanon bislang vernachlässigte Textsorte, jener zu Unrecht extra Jahrzehnte hinweg dasjenige Etikett jener Schundliteratur anhaftete.

Genossin Kuckuck Anke Feuchtenberger Reprodukt 2023, 480 Schwefel., 44 €

Sparen, sparen, Häusle …

Jene österreichische Klinik, in jener Wolf Haas 1960 zur Welt kam, stellt am Ende seines autobiografischen Romans Eigentum paradoxerweise zusammenführen Ort des nahenden Todes dar. In dem inzwischen qua Pflegeheim genutzten Komplex wartet seine Mutter hinaus dasjenige Ende, nachdem jener Autor zuvor ihr Leben hat Revue vorbeigehen lässt. Sie selbst, geboren 1939, berichtet von ihrer Einberufung an die Kriegsfront und ihrem späteren Dienst für jedes die amerikanischen Besatzer, mithin ihrer Auswanderung in die Schweiz, wo sie Geld verdiente, dasjenige sie umgehend ihren Eltern in Deutschland zum Bau eines Hauses schickte. Gewahr werden wir einer Vita voller Plagen und Labsal, mithin einer Rastlosen, die von dem kleinbürgerlichen Wunsch unruhig war, durch Sparen den ersehnten sozialen Aufstieg zu meistern. Hat sich Haas schon mit einer Krimireihe und Ausflügen in vielfältige Genres, darunter Neben… die Coming-of-Age-Story, qua vielseitiges literarisches Talent hervorgetan, legt er nun zusammenführen seiner persönlichsten Texte vor. Ein Roman extra zusammenführen so liebevollen wie schwierigen Abschied. Er ist so wenig ohne Beschränkung von Melancholie wie gleichsam zarter Komik. Zum titelgebenden Eigentum ist seine Mutter übrigens nicht gekommen. Lediglich ihr Grab, dasjenige jener Sohn immer wieder besuchen wird, zeugt von ihren Spuren.

Eigentum Wolf Haas Carl Hanser Verlag 2023, 160 Schwefel., 22 €

Berlins hässlicher Flow

Wie im Fall von Haas’ Roman verhandelt ebenso dasjenige Debüt Auf den Gleisen jener 1986 geborenen Inga Machel den Verlust eines Elternteils, nämlich des Vaters. Nachdem dieser vor zehn Jahren von einem Zug hinüberfahren wurde, prägte zunächst Zorn Marios Blick in die Vergangenheit. Als jener Ich-Erzähler hinaus P. trifft, glaubt er, in dem Drogenabhängigen und Hallodri unversehens den Suizidierten wiederzusehen. Inmitten jener Verschiebung von Raum und Zeit sowie mitgerissen vom urbanen Flow in den Straßen Berlins fällt jener Entschluss, den Verstorbenen, zu dem jener Protagonist kein einfaches Verhältnis hatte, nicht noch ein zweites Mal verlieren zu wollen. Er verfolgt P. und wird indessen Teil einer fremden Existenz. Doch welchen Preis muss jener Suchende für jedes die erhoffte Nähe zahlen? Was nachher Scheitern und keinem Happy End klingt, birgt doch zusammenführen erlösenden Ausgang. Nicht zuletzt weil dasjenige tief sitzende Trauma innerfamiliärer Gewalt im Laufe des Geschehens noch einmal durchlebt wird und damit bewältigbar erscheint. Der Weg dorthin erweist sich qua steinig, Neben… in stilistischer Hinsicht. Denn den Lesern und Leserinnen werden ebenfalls die Beschreibungen verschiedener Fäkalien zugemutet. Sie tragen dazu unter, dass dieses Seelenporträt an keiner Stelle ins Angenehme kippt.

Auf den Gleisen Inga Machel Rowohlt 2024, 160 Schwefel., 22 €

Abschied in Jerusalem

Vielen scheint Israel, zerrieben zwischen Krieg und Ideologien, heute ferner denn je. Umso wichtiger mutet es an, dass Literatur wieder jene Brücken erneuert, die in jener ernüchternden Realität mürbe geworden sind. Dazu leistet jener Entwicklungsroman Gewässer im Ziplock jener 1996 in Berlin geborenen Dana Vowinckel zusammenführen nennenswerten Beitrag, während hierin – subtil und Gaststätte jedweder politisch-moralischen Offensivität – gesellschaftliche Spannungen durch zusammenführen innerfamiliären Heilungsprozess überwunden werden. Worum geht es? Im Zentrum steht die fünfzehnjährige Margarita. Nachdem sie und ihr Vater Vormittag von jener Mutter verlassen wurden, reisen sie in einem Sommer nachher Jerusalem, um sich mit Letzterer tardiv auszusprechen. Doch dasjenige Projekt misslingt. Erst beim gemeinsamen Abschied von jener im Sterben liegenden Großmutter in Chicago wird eine Aussöhnung vorstellbar. Welche Herausforderung die Identitätssuche zwischen Pubertät, religiöser Herkunft und Familienzwisten mit sich bringt, vermittelt jener Text insbesondere durch seine vielzimmrige Erzählkonstruktion. Changierend zwischen den Perspektiven jener Hauptfigur und jener ihres Vaters, verweigert er konsequent zusammenführen festen Standpunkt. Die Erfahrung des Fremden bleibt so qua Konstante jener menschlichen Existenz Dasein.

Gewässer im Ziplock Dana Vowinckel Suhrkamp 2023, 362 Schwefel., 23 €

Auch mit echtem Pech

Das Unheimliche bewohnt längst nicht mehr nur unsrige Träume. Es lauert mitten in jener Alltagswirklichkeit. Gewiss nur sehr selten in echten Bestien wie jener, die unter Mädchenhaaren eine blutrünstige Ungestalt zu wiedererkennen gibt. Oder etwa in jenem schrägen „Kitzelmonster“, dasjenige immer dann in Erscheinung tritt, wenn sich die Gesellschaft zu entsolidarisieren droht. Derartige Biester lassen sich in Barbi Markovićs schrillem Prosaband Minihorror zuhauf finden. Zwischen ihnen in Bewegung setzen sich Mini und Miki. Überall droht ihnen dasjenige Unglück. Allen voraus im letzten Teil des Werks scheitern sie aus Prinzip. In Zwei- solange bis Fünfzeilern und versehen mit kleinen comicartigen Zeichnungen stülpen sich mitunter ihre Knie um oder verlieren sie schlagartig an Intelligenz. Ferner werden sie Neben… einmal zu DJs in einer Gemeinschaft, die wirklich keine Lust mehr zum Tanzen hat. „Es gibt Tage, an denen nichts reibungslos von jener Hand geht (…). Beim Anziehen fällt ein schweres Buch aus dem Regal und landet spitz hinaus seinem Fuß. Auf dem Weg zur Arbeit rutscht er hinaus jener Treppe aus, erschreckt sich. Ein dicker Teppich Hund bellt ihn an jener Ecke Thaliastraße an und verbeißt sich in seine Hose.“ Fehlt nur noch jener Joke mit jener Bananenschale in diesem bösen Buch, dasjenige surreales und reales Pech zusammenbringt.

Minihorror Barbi Marković Residenz Verlag 2023, 192 Schwefel., 24 €

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