Plötzlich sind sogar Militärinterventionen gegen missliebige Regierungen wie in Venezuela wieder möglich. Die USA kehren zu einer klar imperialistischen Politik zurück, die einen „Hinterhof“ in Schach halten sollte
Zwei Jahrhunderte nach Monroe zeigt sich die US-Außenpolitik erneut im imperialen Gewand
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Vor gut 200 Jahren sandte der damalige US-Präsident James Monroe eine unmissverständliche Botschaft in Richtung Europa. Vor dem Kongress erklärte er Ende 1823, europäische Mächte sollten sich nicht in die Angelegenheiten der neu entstehenden Staaten Lateinamerikas einmischen. Mit der Zeit entwickelte sich daraus die „Monroe-Doktrin“ als zentraler Pfeiler von US-Außenpolitik. Die spätere Weltmacht nahm für sich das Recht in Anspruch, ihre Interessen im „Hinterhof“ Lateinamerika rigoros durchzusetzen – durch offene Militärinterventionen, verdeckte CIA-Operationen, die Stützung korrupter Diktaturen oder wirtschaftlichen Druck.
Auch Kolumbiens Staatschef gerät ins Visier
In der Geschichte häufig an neue Umstände angepasst, schien die Monroe-Doktrin mit dem Ende des Kalten Krieges an Relevanz zu verlieren. Unter Donald Trump jedoch tritt der nördliche Hegemon auf dem Kontinent Amerika wieder unverblümt imperialistisch auf. Was mit der Erpressung in Zoll- und Migrationsfragen begann, nimmt inzwischen auch militärische Formen an. Seit August schicken die USA unter dem Deckmantel der Drogenbekämpfung tausende Soldaten in die südliche Karibik. Es wurden unter Missachtung des Völkerrechts bereits mehrere angebliche „Drogenboote“ versenkt und mindestens 30 Personen getötet. Weil sich die Drohgebärden gegenüber der venezolanischen Regierung häufen, deutet vieles daraufhin, dass es Trump um den Sturz von Präsident Nicolás Maduro und einen künftigen Zugriff auf das Erdöl des Landes geht.
Aber auch dem linken kolumbianischen Staatschef Gustavo Petro droht der US-Präsident und wirft ihm vor, ein „Drogenbaron“ zu sein. Petro wiederum bezichtigt die Trump-Regierung, für den Tod eines Fischers vor Kolumbiens Küste verantwortlich zu sein. Die USA, die das Land seit Jahrzehnten bei der Bekämpfung des Drogenhandels unterstützen, wollen nun alle Finanzhilfen für Bogotá streichen. Gegenüber Ecuador, das ebenfalls weitreichende Drogen- und Sicherheitsprobleme, aber eine rechte, US-freundliche Regierung hat, hält man sich hingegen zurück.
Verbündete in El Salvador und in Argentinien
Es wirkt so, als rücke die Monroe-Doktrin wieder brachial ins Zentrum der US-Außenpolitik. Einerseits richtet sie sich heute gegen China, das seinen Einfluss auf dem Subkontinent über Handelsbeziehungen und Infrastrukturprojekte in den vergangenen 25 Jahren erheblich ausbauen konnte. Es geht Trump aber offensichtlich auch darum, jegliche Ansätze souveräner lateinamerikanischer Politik zu unterbinden und seine Interessen über Verbündete wie die Präsidenten Nayib Bukele in El Salvador oder Javier Milei in Argentinien durchzusetzen.
Nach der Abwahl der linken Regierung in Bolivien könnten die Wahlen in Chile und Honduras im November sowie in Kolumbien und Brasilien 2026 jeweils rechte Präsidenten an die Macht bringen. Dass es gegenüber den übrigen links regierten Ländern nur bei Drohungen bleibt, ist nicht ausgemacht. Trump hat häufig erwähnt, mexikanische Kartelle auch jenseits der US-Grenze attackieren zu wollen. Und sollte US-Außenminister Marco Rubio, der aus einer exilkubanischen Familie stammt, seine harte Linie durchsetzen, dürfte irgendwann auch Kuba wieder in den Fokus rücken. Symbolisch ist der sozialistische Inselstaat für die lateinamerikanische Linke noch immer bedeutend. Das brutale Vorgehen in der Karibik sendet eine Botschaft weit über Venezuela und Kolumbien aus. Die USA wollen die gesamte Region in die klassische Hinterhof-Rolle drängen.