Lasst euch von Junger Union und Friedrich Merz nicht täuschen: So wird die Rente sicher

Eine Reform der Rente, die eine sichere Altersvorsorge garantiert, ist möglich. Sie ist nur eine Frage des politischen Willens. Der Streit zwischen Junger Union, CDU und SPD lässt deshalb auf dreierlei schließen


In der CDU unter Friedrich Merz gibt es vorwiegend ideologische Bedenken gegen eine Reform der Rente

Foto: Chris Emil Janßen/Imago


Eines ist sicher: Nein, nicht die Rente, jedenfalls nicht für die Zukunft. Sicher dagegen ist, dass CDU/CSU und SPD sich auf etwas einigen werden, das den Namen „Rentenpaket“ trägt. Und sie werden etwas hineinpacken, das die Junge Union beruhigt. Womit schon einmal klar wäre:

Wenn junge Konservative beim „Deutschlandtag“ ihr Ex-Idol Friedrich Merz auflaufen lassen, weil sie nicht mal ein bescheidenes Mindest-Rentenniveau über 2031 hinaus versprechen wollen, denkt der Kanzler und CDU-Vorsitzende laut über Möglichkeiten nach, das von seiner Regierung beschlossene Versprechen zu relativieren. Wenn es aber SPD-Mitglieder wagen, gegen ein knallhartes Sanktionsregime bei der „neuen Grundsicherung“ aufzubegehren, kanzelt der eigene Parteivorsitzende Lars Klingbeil das Mitgliederbegehren als „falsches Signal“ ab.

Macht- und parteipolitisch betrachtet, lässt sich daraus zumindest dreierlei schließen.

Erstens: Der Kanzler redete zwar bei der Jungen Union brav der Koalitionsdisziplin das Wort. Aber ideologisch steht er den Jungen und ihren Aversionen gegen die staatliche Altersvorsorge näher als den Plänen seiner SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas. Der glaubwürdigste Verteidiger der Koalitionsbeschlüsse ist er also nicht.

Die „Arbeiterpartei“ des Lars Klingbeil

Zweitens: Bei der SPD und der Grundsicherung ist es ziemlich genau umgekehrt. Der Vorsitzende Klingbeil verkündet ja landauf, landab, seine Partei habe sich in der jüngsten Vergangenheit zu viel um die Arbeitslosen und zu wenig um die „hart arbeitenden“ Menschen gekümmert. Gerade so, als wäre es Aufgabe einer „Arbeiterpartei“, Lohnabhängige mit Job gegen solche ohne Job auszuspielen. Damit ist er – leider – ein sehr glaubwürdiger Verteidiger der Schikanen gegen Arbeitslose, die die SPD mit der CDU/CSU ausgehandelt hat.

Drittens bestätigt sich damit, dass das Spektrum dieser Koalition nach rechts deutlich offener ist als nach links. Wer die öffentliche Daseinsvorsorge weiter einschränken will (Rente), findet dort fast schon natürlicherweise mehr Gehör als diejenigen, die sie an anderer Stelle verteidigen möchten (Grundsicherung). Nicht, dass das jemanden wundern müsste. Aber es tut immer wieder Not, an diese Gesamtkonstellation zu erinnern.

Die gesetzliche Rente ist eine geniale Erfindung

Wieder einmal nämlich droht in Vergessenheit zu geraten, wie weit das Wollen und das Können dieser Regierung – nicht anders als bei ihren Vorgängerinnen – von der Wirklichkeit entfernt sind. Die Versuche der SPD, ins bestehende System wenigstens ein paar „Haltelinien“ einzuziehen, mögen sympathischer sein als die von Unionsseite betriebene Auszehrung des gesetzlichen Systems zugunsten einer finanzmarktabhängigen Privatvorsorge. Aber die solidarische Pflicht, Menschen jenseits des Erwerbslebens ein armutsgeschütztes Leben zu ermöglichen, werden beide Ansätze nicht erfüllen.

Das tut die gesetzliche Rente, im Grunde eine geniale Erfindung, schon jetzt längst nicht für alle. Und nichts gibt den heute Jüngeren Anlass zu glauben, dass sich das ändern wird. Es erstaunt vor diesem Hintergrund immer wieder, wie unangefochten das Märchen von den Folgen des demografischen Wandels seine diskursive Vorherrschaft ausübt. Immer mehr Ältere und weniger Jüngere, so lautet es, könnten im gesetzlichen System nur zu explodierenden Beiträgen oder implodierenden Renten führen. Zu mildern sei das nur, wenn die Leute länger arbeiteten und/oder das Rentenniveau gesenkt werde.

Von der Beitragsbemessungsgrenze bis zu einer Rentenversicherung für alle

Diese Geschichte stimmt dann, wenn man das hergebrachte System eins zu eins übernimmt und Reform-Alternativen, die es der neuen Demografie und einer veränderten Arbeitswelt anpassen würden, ignoriert. Dass das Geld der versicherungspflichtig Beschäftigten in Zeiten von Solo-Selbstständigkeit, gebrochenen Erwerbsbiografien und Teilzeit-Beschäftigung nicht mehr reicht, ist eine derartige Binsenweisheit, dass man nur über die Chuzpe staunen kann, mit der sie in jeder Talkshow wie eine Neuigkeit verkündet wird.

Nicht weniger bekannt wären (wenn sie denn mehr Beachtung fänden) die Stellschrauben für eine echte Reform. Als da wären die Beitragsbemessungsgrenze, die ja Einkommen von einer bestimmten Höhe an freistellt – was dazu führt, dass auf ein Spitzengehalt prozentual nur ein Bruchteil der Beiträge anfällt, die eine Normalverdienerin bezahlt. Oder die Bindung der Beitragspflicht an das Normalarbeitsverhältnis, das es in dieser Form immer seltener gibt. Oder der Ausschluss von Beamten und Abgeordneten aus dem solidarischen System.

Die Höchstgrenze für Renten in der Schweiz – klassische Umverteilung

Oder auch, das ist der schwierigste Teil: In Deutschland gibt es keine Höchstgrenze für Renten wie etwa in der Schweiz. Dort zahlen die Hochverdienenden entsprechend ihrem Einkommen ein, kassieren aber am Ende nicht so viel, wie es ihren Beiträgen entsprechen würde. Das ist ein klassischer Umverteilungs-Mechanismus, an den sich aber in Deutschland bisher niemand heranwagt – teils wegen verfassungsrechtlicher, aber sicher auch wegen ideologischer Bedenken.

Wie armselig erscheint es in diesem Gesamtbild, wenn deutsche Debatten sich nur zwischen brüchigen Haltelinien und gerechtigkeitsblinden Kürzungen bewegen! Und wie skurril die Einflussmacht der Berufsjugendlichen von der Union.

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