Lage in dieser Ukraine: Die G7 sorgt vor

Es sind Versprechen und Beteuerungen des US-Präsidenten, die diesen G7-Gipfel in Italien prägten. „Sie werden haben, was sie brauchen“, sagte Joe Biden über die Ukraine im Küstenort Bari. Dort schloss er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein langfristiges Sicherheitsabkommen. Das sei eine Erinnerung für Wladimir Putin, „dass wir nicht
nachgeben“.

Sicherheit und 50 Milliarden Dollar sind das Versprechen an die Ukraine: Es ist der Versuch, der Ukraine in ungewissen Zeiten Kontinuität zu bringen. Egal was in diesem Jahr noch kommen wird, egal wer in den USA im Spätherbst zum Präsidenten gewählt wird. „Stehen
wir an der Seite der Ukraine? Wir haben diese Frage mit Ja beantwortet und wir
werden sie immer wieder mit Ja beantworten“, sagt Biden. Ob Joe Biden bleibt oder Donald Trump zurückkehrt – die USA und die anderen G7-Länder sollen weiter entschlossen an der Seite der Ukraine stehen. Das ist jedenfalls der Plan.

Der Grund, warum die Länder und auch die Nato noch viele Pflöcke in der Ukraine-Hilfe einschlagen möchten, ist Donald Trump. Denn es gibt Zweifel, ob die USA mit einem politischen Kurswechsel unter seiner Führung die Ukraine weiter so entschieden wie
bisher im Abwehrkrieg gegen Russland unterstützen würden. Deshalb wollten alle Teilnehmer des G7-Gipfels beweisen: Auch wenn Trump im November zurück ins Weiße Haus gewählt werden
sollte
– die Ukraine soll sich langfristig auf
finanzielle und militärische Hilfe des Westens verlassen können und sich so an der Front in eine bessere Position bringen.

Nun ging in dieser Woche alles ganz schnell: Biden unterzeichnet mit Selenskyj das Sicherheitsabkommen, das auf zehn Jahre angelegt ist. Es
beinhaltet Waffenlieferungen und Unterstützung, allerdings
keinen Einsatz von US-Streitkräften. Dann einigen sich die G7-Chefs auf einen Kredit in Höhe von 50 Milliarden Dollar, der die eingefrorenen russischen Gelder anzapfen soll. Die Erträge daraus sollen als Absicherung des Kredits dienen. Die Nato beschließt einen Operationsplan, um in Zukunft die internationalen Waffenlieferungen und
Ausbildung der ukrainischen Soldaten zu koordinieren. 

Die Nato will die Koordination für Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Soldaten jetzt selbst in die Hand nehmen.

Selenskyj gibt sich noch optimistisch. „Wenn das Volk hinter uns steht, wird jeder Führer in diesem Kampf für die Freiheit hinter uns stehen“, sagt er bei der Unterzeichnung. Doch kann er wirklich sicher sein? Die Republikaner hatten das dringend benötigte jüngste
US-Hilfspaket für die Ukraine im Repräsentantenhaus blockiert, was vielen ukrainischen Soldaten das Leben kostete. Erst im April gelang eine Einigung.

Doch jedes Abkommen und jede Zusicherung könnte von einer Regierung unter Donald Trump abgeändert oder sogar zurückgenommen werden. Das würde auch einen möglichen Präsidenten Trump viel politisches Kapital kosten, sind sich US-Experten sicher. Es könnte auch die Ukraine-Unterstützer in den republikanischen Reihen verärgern und ausländische Partner verunsichern. 



842 Tage


seit Beginn der russischen Invasion

Die Zitate: Verschleppt und adoptiert

Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit nennt es US-Sicherheitsberater Jake Sullivan: Der US-Regierung liegen nämlich glaubhafte Berichte vor, dass aus der Ukraine
entführte Kinder in Russland auf Adoptionswebseiten landen
. Dort sollen mindestens vier ukrainische Kinder im Alter zwischen acht und 15 Jahren zu finden sein. Sie wurden demnach aus staatlichen Heimen in der Ukraine entführt und sollen nun in unterschiedlichen Regionen von Sibirien bis zur Krim untergebracht sein. 

Die Kinder sollen aus staatlichen Heimen aus der Ukraine entführt worden sein.

Schon seit 2014 gibt es Hinweise auf Verschleppungen, doch seit Beginn
der Invasion werden sie offenbar systematisch und in großem Umfang
durchgeführt. Die Ukraine geht davon aus, dass Russland seit
Kriegsbeginn mehr als 19.000 ukrainische Kinder entführt hat. Lediglich
rund 400 wurden bisher zurückgebracht. Nun forderte auch Olaf Scholz den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf,
„die illegal deportierten Kinder aus der Ukraine endlich nach Hause
zurückkehren“ zu lassen.

Putin darf diese Kinder nicht länger als Geisel nehmen.

Bundeskanzler Olaf Scholz

Die wichtigsten Meldungen: Deutscher Boykott und deutsche Zusicherungen

Ein seltenes Ereignis: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat im Bundestag anlässlich der Wiederaufbaukonferenz gesprochen. Selenskyj dankte dabei Deutschland für die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge und die
Unterstützung im Krieg gegen Russland, etwa durch die Bereitstellung von
Luftabwehrsystemen. Im Plenum waren nicht alle Plätze besetzt, denn das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und fast alle AfD-Abgeordneten boykottierten die Rede. Das Fernbleiben wurde von vielen Seiten
kritisiert. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von Respektlosigkeit,
CDU-Chef Friedrich Merz nannte es einen „Tiefpunkt in der Kultur unseres
Parlaments“.

Die Wiederaufbaukonferenz in Berlin hat
mehrere Initiativen zur Stärkung der ukrainischen Wirtschaft auf den Weg
gebracht. Eine neue internationale Allianz soll insbesondere kleine und
mittlere Unternehmen stärken. Deutschland will zudem den ukrainischen Energiesektor wiederaufbauen und durch die zusätzliche Absicherung von Risiken privates
Kapital für die Ukraine mobilisieren. Auch Rüstungsvereinbarungen wurden
getroffen.

Gleichzeitig hat die Bundesregierung auch neue Hilfe für Programme im Gesundheitsbereich zugesagt. Wie das
Bundesgesundheitsministerium mitteilte, geht es um rund 100 Millionen Euro. Von
dem Geld sind demnach 65 Millionen Euro für geistige Gesundheit und
psychosoziale Unterstützung
vorgesehen. „Das andauernde Leid, der Verlust von Angehörigen und die dramatischen
Erfahrungen traumatisieren ganze Generationen„, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Der Vormarsch russischer Truppen im Raum Charkiw
verlangsamt sich nach US-Angaben. Die Frontlinie stabilisiere
sich, teilt US-Verteidigungsminister Lloyd Austin mit. „Ich
denke, wir werden schrittweise Gewinne sehen – und es wird Vor-
und Rückschritte geben“, sagte er Reportern am Rande eines
Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel.


Waffenlieferungen und Militärhilfen: Patriots aus Europa, Geld aus Asien

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat der Ukraine weitere
Waffenlieferungen zugesagt. Im Rahmen einer deutschen Initiative werden gemeinsam mit Dänemark, den
Niederlanden und Norwegen zusätzliche 100 Patriot-Lenkflugkörper bereitgestellt. Nun sollen auch Handwaffen,
einschließlich Scharfschützengewehre, geliefert werden. Es gehe auch um Unterstützung bei Panzerabwehrwaffen, Komponenten für
Artilleriemunition sowie im Bereich von Drohnen und Drohnenabwehr. 

Keine Waffen, aber dafür Geld: Selenskyj und der japanische Regierungschef Fumio Kishida haben eine Zehnjahresvereinbarung unterzeichnet. Mehr als vier Milliarden Euro stellt das asiatische Land der Ukraine zur Verfügung – für humanitäre Hilfe, Wiederaufbau, Technologie und Finanzen. Ohne großes Aufsehen ist Japan zu einem der wichtigsten Unterstützer der Ukraine in Asien geworden. Das Land liefert aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Waffen, aber überwies seit Kriegsbeginn schon mehr als elf Milliarden Euro.


Ausblick: Friedensgipfel im Luxushotel

Ein Treffen am 15. und 16. Juni auf dem Bürgenstock nahe dem schweizerischen Luzern soll einen Anstoß für einen Friedensprozess liefern. Dort treffen sich Vertreter von 90 Staaten und Organisationen, Russland nimmt nicht teil. 

Bei dem Treffen in dem Luxusresort am Vierwaldstättersee sollen
Voraussetzungen für einen späteren Friedensgipfel unter Beteiligung von
Russland geschaffen werden. Auch humanitäre Themen wie
Nahrungsmittelsicherheit sowie auch nukleare Sicherheit stehen auf der
Tagesordnung. Die Regierung in Moskau hatte das Treffen als westliche Propagandaveranstaltung abgetan.

Verfolgen Sie alle aktuellen Entwicklungen im russischen Krieg gegen die Ukraine in unserem Liveblog.

Es sind Versprechen und Beteuerungen des US-Präsidenten, die diesen G7-Gipfel in Italien prägten. „Sie werden haben, was sie brauchen“, sagte Joe Biden über die Ukraine im Küstenort Bari. Dort schloss er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein langfristiges Sicherheitsabkommen. Das sei eine Erinnerung für Wladimir Putin, „dass wir nicht
nachgeben“.

Sicherheit und 50 Milliarden Dollar sind das Versprechen an die Ukraine: Es ist der Versuch, der Ukraine in ungewissen Zeiten Kontinuität zu bringen. Egal was in diesem Jahr noch kommen wird, egal wer in den USA im Spätherbst zum Präsidenten gewählt wird. „Stehen
wir an der Seite der Ukraine? Wir haben diese Frage mit Ja beantwortet und wir
werden sie immer wieder mit Ja beantworten“, sagt Biden. Ob Joe Biden bleibt oder Donald Trump zurückkehrt – die USA und die anderen G7-Länder sollen weiter entschlossen an der Seite der Ukraine stehen. Das ist jedenfalls der Plan.

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