Kulturkampf in Uniform: Hegseth beschwört „Krieger-Ethos“ gegen „intern Feinde“

Donald Trump und sein Kriegsminister Pete Hegseth hängen radikalen Visionen für die Armee an. Die Streitkräfte sollten mehr denn je auch den „inneren Feind“ bekämpfen. Lässt sich die Generalität dafür wirklich vereinnahmen?


Marine Corps Base Quantico: In einer beispiellosen Versammlung wurden fast 800 Generäle, Admirale und ihre hochrangigen Unteroffiziere kurzfristig aus aller Welt an einen Ort beordert

Foto: Alex Wong/Getty Images


Ungewissheiten stehen im Raum, wenn das Weiße Haus den Einsatz der US-Streitkräfte und der Nationalgarde in Bundesstaaten und Städten als geboten ansieht. Was sagen die Gerichte, was vor allem hohe Militärs? Als der zuständige Minister Pete Hegseth jüngst hunderte Top-Generäle und Admirale nach Washington einbestellte, wurde gerätselt, was es damit auf sich haben sollte.

Kulturkampf auch in Uniform

Nun ist das Meeting am 30. September im Stützpunkt Quantico unweit von Washington gelaufen und war durchaus aufschlussreich. Die Offiziere saßen auf Stühlen wie eine gehorsame Schulklasse, die zum Vortrag beim Direktor gebeten ist, um über die Gefahr des Rauchens und sonstiger Laster belehrt zu werden. Beifallsfreudig schien die Versammlung nicht zu sein. Er habe noch nie „einen so stillen Raum betreten“, bemerkte Donald Trump.

Aber der Kulturkampf findet auch in Uniform statt. „Woke“ gehe gar nicht, warnte Pete Hegseth. Ein Augenblick der „Befreiung“ sei angebrochen für die „amerikanischen Krieger“, die sich nicht länger an lähmende „Rules of Engagement“ halten müssten, an Regeln zum Gebrauch von Gewalt. „Ihr tötet Menschen und zerschlagt Zeug zum Lebensunterhalt“, so der Minister. Die Zeit des Verfalls sei zu Ende. Krieger-Ethos angesagt.

Schon bevor Hegseth zum Ressortchef ernannt wurde, stand er auf Kriegsfuß mit der modernen Gesellschaft. Seine Ansichten über angebliche Gefahren der Diversität waren bekannt, als der Senat die Nominierung mit hauchdünnerer Mehrheit bestätigte. Hegseth zählt zu einer Kirchengemeinde, deren Pastor die USA zu einer „christlichen Nation“ machen will, wie er kürzlich gegenüber CNN erläuterte. Patriarchalisch solle sie darüber hinaus sein.

Zum Selbstverständnis der Army gehört Überparteilichkeit

Der 45-jährige Hegseth war Trump offenbar als Moderator bei Fox News aufgefallen. Prägend dürfte für ihn gewesen sein, dass er seinen Militärdienst im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba, im besetzten Irak und als Counterinsurgency-Ausbilder in Afghanistan bestritt. Hegseth gehörte zu einer Generation von zornigen Offizieren der mittleren Ränge, die erlebt haben, wie US-Regierungen und ihnen unterstellte Generäle Desaster zu verantworten hatten. Hegseth kam in der militärischen Hierarchie nie weit nach oben.

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Trumps jüngste Ansprache vor den versammelten Militärs gefiel sich im diskursiven Mäandern. Sie enthielt Bemerkungen über seinen mutmaßlich inkompetenten Amtsvorgänger, den Friedensnobelpreis, künftig schönere Beförderungsurkunden, seine Errungenschaften, die Rekordausgaben fürs Militär, das wichtige Nuklearpotenzial – und dann ein paar Bemerkungen zur Sache, um die es eigentlich ging. Man müsse gegen den „Feind von innen“ vorgehen. Das werde ein wichtiges Anliegen für die Generäle sein, dieser Feind werde „nicht außer Kontrolle geraten, so bald Sie involviert sind“.

Zum Selbstverständnis des US-Militärs gehört Überparteilichkeit. Der Präsident ist Commander in Chief, der Oberkommandierende, doch an dieser Überparteilichkeit darf er nicht rütteln. In seiner ersten Amtsperiode war Trump unzufrieden. „Seine Generäle“ zogen nicht mit im Kampf gegen die „Black Lives Matter“-Kundgebungen. Auch bei außen- und militärpolitischen Anliegen sollen manche Trump gebremst haben. Hegseth hat nun bereits unliebsame Generäle entlassen, weitere Verabschiedungen würden folgen, ließ Hegseth in Quantico wissen.

Der Hintergrund: Trump hat zuletzt Streitkräfte in mehrere Städte geschickt, um die Einwanderungsbehörde United States Immigration and Customs Enforcement (ICE) vor Demonstranten zu „schützen“ und gegen eine angeblich grassierende Kriminalität vorzugehen.

Die größte Abschiebungskampagne der US-Geschichte

Das Thema ICE kann eine Warnung sein, zeigt es doch, wie die jetzige Administration mit Macht umgeht. In den Wochen nach Trumps Amtsantritt hatte die Behörde augenscheinlich Schwierigkeiten, die größte Abschiebungskampagne der US-Geschichte voranzutreiben.

Heute weiß man, Trump und seine Helfer können Massenabschiebungen effektiv durchsetzen. Maskierte ICE-Männer sind auf den Straßen unterwegs. 3.000 Festnahmen am Tag sind das Ziel. Ein Haushaltsgesetz lässt Geld fließen für die Behörde. Neue Haftanstalten werden gebaut. Die Realität widerspricht längst der ursprünglichen Angabe, wonach ICE vornehmlich gegen Kriminelle handeln werde.

So richtig konnte man sich das Ausmaß der Operationen mit Hunderttausenden von Festnahmen nicht vorstellen. Doch nun lässt der erwogene Einsatz des Militärs anders darüber denken.

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