Ein Reaktor im stillgelegten US-Atomkraftwerk Three Mile Island wird wieder hochgefahren, um Strom für Rechenzentren von Microsoft zu liefern. Der Software-Konzern sagte zu, die produzierte Energie 20 Jahre lang abzunehmen, wie die Betreiberfirma Constellation Energy mitteilte. Es wäre das erste Mal, dass ein stillgelegtes Atomkraftwerk in den USA wieder ans Netz geht.
Den Strom braucht Microsoft für seine Künstliche Intelligenz. Der Konzern hat sich im Bereich der KI mit dem ChatGPT-Erfinder OpenAI verbündet und integriert die Technologie hinter dem Chatbot in praktisch alle seine Produkte. KI bringt aber einen hohen Energiebedarf in Rechenzentren mit sich, was mit den Klimazielen des Tech-Unternehmens schwer vereinbar ist.
Microsoft kündigte Anfang 2020 an, bis zum Jahr 2030 seine CO₂-Emissionen mehr als auszugleichen. Bis 2050, so versprach das Unternehmen, solle auf diese Weise sogar der gesamte Kohlendioxid-Ausstoß des Unternehmens seit der Firmengründung ausgeglichen werden.
Zehnmal so viel Energie wie bei Google-Suche
Doch der inzwischen eingetretene KI-Boom ließ den Energiebedarf des Unternehmens steigen. Experten der Investmentbank Goldman Sachs verwiesen in einer Analyse auf Schätzungen, wonach eine Anfrage bei ChatGPT sechs bis zehn Mal mehr Energie verbrauchen könne als eine klassische Google-Suche.
Microsoft-Manager Bobby Hollis verwies der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge auch darauf, dass die Energieproduktion von Windrädern und Solaranlagen schwanken könne, während sie bei Atomkraftwerken gleich bleibe und einen Kunden brauche, der den Strom abnehmen könne. „Wir laufen rund um die Uhr, sie laufen rund um die Uhr“, sagte Hollis.
Constellation-Chef Joe Dominquez sagte, die Anlage könne 2027 wieder laufen, wenn bis dahin die Einspeisung ins Stromnetz geklärt werde. Der Konzern hatte den Reaktor 2019 mit der Begründung stillgelegt, dass dessen Betrieb unwirtschaftlich geworden sei.
Im anderen Reaktor von Three Mile Island war es 1979 zu einem Unfall mit einer teilweisen Kernschmelze gekommen. Die Strahlung der radioaktiven Wolke wurde noch mehrere hundert Kilometer vom Unglücksort entfernt gemessen, mehr als 200.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Der Zwischenfall gilt bis heute als der folgenschwerste in der kommerziellen Nutzung von Atomenergie in den USA.