Das Zentrum für Sicherheitspolitik in Genf hat erste Pläne zur Absicherung einer möglichen Waffenruhe in der Ukraine geschmiedet. Die Sicherheitsexperten des Instituts veröffentlichten ein 31 Seiten langes Papier (PDF), das es im Titel ein „Schweizer Taschenmesser von Optionen zum Erreichen einer wirksamen Waffenruhe in der Ukraine“ nennt.
Die New York Timesberichtete, die Fachleute hätten bereits kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Jahr 2022 hinter verschlossenen Türen begonnen, über Lösungen nachzudenken. Im Februar hätten sie ihre Vorschläge mit anderen Experten geteilt, die den Regierungen von Russland, der Ukraine und den USA nahestünden.
Zuletzt haben die USA angekündigt, mit der Ukraine wieder Verhandlungen führen zu wollen. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff sagte, es sei ein Treffen mit Vertretern der Ukraine in Saudi-Arabien geplant. Russland hat bisher keinerlei Willen erkennen lassen, eine Friedenstruppe zu akzeptieren, die eine Feuerpause oder gar ein Abkommen absichert.
10.000 ausländische Soldaten sollen Sicherheit gewährleisten
Die Genfer Fachleute sind dennoch der Meinung, dass es notwendig ist, sich vorzubereiten. „Eine der größten Waffenruhe-Operationen aller Zeiten steht uns in Kürze bevor, und bisher ist noch nicht geplant, wie sie aussehen wird“, zitiert die New York Times Walter Kemp vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik. Dabei handelt es sich um eine Stiftung, die vor allem von der Schweizer Regierung finanziert wird.
In dem Papier der Genfer Fachleute werden auch Details aufgelistet: So wird eine gemeinsame Kommission vorgeschlagen, in der die Militärs aller Seiten Kontakt halten. Zudem soll eine Beobachtungsgruppe die Einhaltung der Waffenruhe überwachen. Vorgeschlagen wird auch eine mindestens zehn Kilometer breite Pufferzone, um die beiden Armeen voneinander zu trennen, sowie diese Zone mit bis zu 4.800 Zivilisten und Polizisten zu überwachen. Das Papier sieht außerdem bis zu 10.000 ausländische Soldaten vor, um die Sicherheit dieser Beobachter zu gewährleisten.
Der Leiter der Expertengruppe, die das Papier verfasst hat, ist der ehemalige Schweizer Diplomat Thomas Greminger, der Direktor des Genfer Zentrums. Er beschäftigte sich von 2017 bis 2020 als damaliger Generalsekretär der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit der Ukraine.
Janis Kluge, Russlandexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, kritisiert in der New York Times das Genfer Papier. Es sei „gefährlich, sich mit der Illusion eines möglicherweise unmittelbar bevorstehenden Waffenstillstands zu beschäftigen“. Er halte es für unrealistisch, dass Russland einer Lösung zustimmen werde, bei der die Ukraine unabhängig bleibe, sagte er.