Krieg gegen die Ukraine: Wladimir Putin wirft EU versuchten „Raub“ vor

Russlands Staatschef Wladimir Putin hat bei seiner Jahrespressekonferenz den vorerst gescheiterten Plan der EU, eingefrorenes russisches Staatsvermögen für die Unterstützung der Ukraine zu nutzen, als versuchten „Raub“ bezeichnet. „Was sie auch stehlen, irgendwann muss es zurückgegeben werden“, sagte Putin in der im Fernsehen übertragenen Sendung Direkter Draht. Traditionell verbindet Putin seine Jahrespressekonferenz mit einer Art
TV-Bürgersprechstunde, in der er manchmal stundenlang eingesendete
Bürgerfragen beantwortet.

Der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs hatte sich zuvor auf eine Kompromisslösung zur Ukraine-Finanzierung geeinigt. Das festgesetzte russische Staatsvermögen von 210 Milliarden Euro bleibt demnach zwar eingefroren, wird aber nicht angetastet. Stattdessen erhält die Ukraine einen zinslosen Kredit über 90 Milliarden Euro, das sie für zwei weitere Jahre finanzieren soll. Die Unterstützung des Landes wird somit nicht wie von der EU-Kommission geplant von russischem Geld, sondern aus den EU-Haushalten bezahlt. Auch darauf ging Putin ein: Die Kredite führten zu einer weiteren Verschuldung der EU-Staaten, sagte er. Es sei „nicht einfach, Entscheidungen zu treffen, die mit dem Raub fremden Geldes zusammenhängen.“ 

Putin dämpft Erwartungen an Friedensgespräche

In der Pressekonferenz dämpfte Putin auch die Erwartungen an eine Friedenslösung im Krieg Russlands gegen die Ukraine. Er sehe aufseiten der Ukraine keine Bereitschaft dazu, sagte der russische Staatschef. „Wir sind bereit, diesen Konflikt friedlich zu beenden, auf der
Grundlage der Prinzipien, die ich im vergangenen Juni im russischen
Außenministerium dargelegt habe“, sagte er. 

Damit bezog sich Putin auf
eine Rede vom Juni 2024, in der er unter anderem den Abzug der Ukraine
aus allen von Russland annektierten Gebieten gefordert hatte. Das geht
deutlich über die Zugeständnisse hinaus, zu denen die USA zuletzt die
Regierung in Kyjiw gedrängt hatten. Falls Russland auf diesen Forderungen beharren sollte, wäre dies ein Rückschritt gegenüber den Ergebnissen jüngster Gespräche zwischen Verhandlern Russlands und der USA.

Derzeit verhandeln die Ukraine, die USA und führend EU-Länder über ein gemeinsames Waffenstillstandsangebot an Russland,
hinter dem sowohl die Ukraine als auch ihre europäischen Unterstützer
und die US-Regierung stehen sollen. Unter anderem sehen bisherige
Entwürfe Sicherheitsgarantien an die Ukraine und eine demilitarisierte
Zone im Norden der schwer umkämpften Region Donezk vor. Sowohl Putin als
auch weitere Vertreter Russlands, darunter der außenpolitische
Präsidentenberater Juri Uschakow, signalisierten zuletzt jedoch, auf den
ursprünglichen Kriegszielen beharren zu wollen. Putin drohte zudem mit der Eroberung weiterer Regionen.

„Der Ball ist bei dem Kyjiwer Regime und seinen europäischen Sponsoren“, sagte Putin weiter zu den aktuellen Gesprächen. Die USA unter Führung von Präsident Donald Trump seien hingegen aufrichtig an einem Ende des Krieges interessiert. Russland lehne keine Gesprächsangebote ab.

Putin beschreibt umkämpfte Städte als bereits erobert

Putins Auftritt war schon zu Beginn stark von Kriegsthemen dominiert. „Unsere Truppen rücken entlang der gesamten Kontaktlinie vor“, sagte Putin zur Lage an der Front, während sich die Ukraine in alle Richtungen zurückziehe. Putin verwies darauf, dass die russischen Truppen seit mehr als einem Jahr permanent in der Offensive seien. Während diese Aussage den Tatsachen entspricht, überhöhte der russische Präsident bei seiner Darstellung der Lage die Erfolge seiner Armee in der Ukraine.

So sprach Putin mit einem im Publikum anwesenden Offizier, der an dem russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Siwersk beteiligt gewesen sein soll. Diese wurde in dem Gespräch als vollständig erobert dargestellt, während sie es laut internationalen Beobachtern nur größtenteils ist. Dasselbe gilt für die Stadt Wowtschansk im Norden der Region Charkiw, die Putin ebenfalls als erobert beschrieb. Ein Großteil der inzwischen nahezu vollständig zerstörten Stadt wird seit Sommer 2024 von Russland kontrolliert, doch auch Wowtschansk ist derzeit nicht vollständig erobert worden.

Im Fall der Stadt Kupjansk in derselben Region, aus der russische Truppen zuletzt größtenteils verdrängt worden sind, tätigte Putin ähnliche Aussagen – und machte sich dabei über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj lustig. Dieser hatte am vergangenen Freitag eine Videobotschaft am Stadtrand aufgenommen, mutmaßlich weniger als zwei Kilometer von russisch kontrollierten Teilen von Kupjansk entfernt. Zuvor hatte das ukrainische Militär Erfolge bei wochenlangen Gegenangriffen in der Region gemeldet und von einer Befreiung von etwa 90 Prozent der Stadt gesprochen. 

Russische Befestigungsanlagen

Russische Kontrolle

Vortag

seit Kriegsbeginn

vor Kriegsbeginn

Zurückerobert

Vortag

seit Kriegsbeginn

Zusätzl. erobert

Quelle: Institute for the Study of War, AEI Critical Threats Project

Putin an Selenskyj: „Komm doch ins Haus herein“

Selenskyj sei ein „talentierter Künstler“, sagte Putin dazu mit Blick auf die Bühnenvergangenheit des ukrainischen Staatschefs, und legte somit nahe, dass es sich bei dem Video des ukrainischen Staatschefs in Kupjansk um eine Inszenierung handelt. Mit Verweis auf den Ort, an dem Selenskyj das Video aufgenommen hatte – eine Stelle an der südwestlichen Einfahrt nach Kupjansk – sagte Putin weiter: „Warum sollte man an der Türschwelle stehen? Komm doch ins Haus herein.“ 

Selenskyj hatte am vergangenen Freitag mit seiner Videobotschaft seinerseits die russischen Behauptungen darüber, dass Kupjansk vollständig erobert worden sei, demonstrativ infrage gestellt. Putin-Kritiker, teils auch innerhalb der russischen Streitkräfte, legen dem russischen Präsidenten derweil regelmäßig zur Last, sich nur selten in Frontnähe zu zeigen.

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