Krankenhausreform: Kliniken könnten Milliarden mit ambulanten Therapien sparen

Im deutschen Gesundheitswesen muss gespart werden – und es lassen sich auch Milliarden sparen, wie eine neue Analyse zeigt. Noch aber steigen die Ausgaben deutlich schneller als die Einnahmen, sodass Defizite entstehen, die zumeist durch die Anhebung der Versicherungsbeiträge aufgefangen werden.

Die Bundesregierung will zwar vermeiden, dass die Beitragssätze zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im kommenden Jahr schon wieder in die Höhe schnellen. Doch hängt das dafür ersonnene kleine Sparpaket von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat fest. Die Länder akzeptieren es so nicht.

Dabei geht es darum, wie die Krankenhäuser, deren Planung den Ländern obliegt, knapp zwei Milliarden Euro weniger im Jahr ausgeben könnten. Die neue Studie zeigt, dass sich mindestens das Sechsfache einsparen ließe – und zwar wenn mehr Behandlungen, die bislang stationär stattfinden, künftig ambulant erfolgten. Rund 60 Prozent der vollstationären Fälle ließen sich auch ohne Einweisung versorgen.

Das ergab eine empirische Modellrechnung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Das errechnete Volumen entspricht mehr als acht Millionen von insgesamt 15 Millionen Fällen. Man käme mit 50 Millionen Belegungstagen aus, 37 Millionen Tagen weniger als heute. Für die Krankenhausversorgung müssten dann noch 55 Milliarden Euro im Jahr ausgegeben werden, 35 Milliarden oder 39 Prozent weniger als heute.

Defizit fast zweimal auszugleichen

Die Studienautoren geben nicht an, wie hoch der zusätzliche Aufwand in der ambulanten Versorgung wäre, den man gegenrechnen muss. Aber frühere Berechnungen zeigen, dass sogenannte hybride Fallpauschalen (Hybrid-DRG), welche für stationäre und ambulante Eingriffe dieselbe Vergütung zahlen, um ein Drittel niedriger sind als die herkömmliche Krankenhaustherapie. Setzt man diesen Schlüssel an, dann ließen sich über die vom WIdO ausgewertete Ambulantisierung jedes Jahr fast zwölf Milliarden Euro einsparen.

Dieser Betrag hätte ausgereicht, um das gesamte Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2024 von 6,2 Milliarden Euro fast zweimal auszugleichen. Auch wäre die Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags zu Jahresbeginn um 47 Prozent oder 0,8 Prozentpunkte von 1,7 auf 2,5 Prozent nicht nötig gewesen. Das war die stärkste Zunahme seit Einführung des Zusatzbeitrags 2015. In Wirklichkeit mussten die Kassen im Jahresverlauf sogar 2,9 Prozent verlangen, einen Satz, der jetzt für 2026 fortgeschrieben wurde.

Die Auswertung des AOK-Instituts orientiert sich schon an den Leistungsgruppen zu unterschiedlichen Behandlungsfeldern, welche die Krankenhausreform vorsieht. Dabei zeigen sich große Unterschiede. Schlaganfälle, Wirbelsäuleneingriffe oder das Einsetzen künstlicher Hüften ließen sich fast gar nicht ambulant bewerkstelligen, so die Studie.

Berechnungen können bei Krankenhausplanung helfen

Viel einfacher sei dieser Weg bei Herzkathetern oder elektrophysiologischen Untersuchungen, einer Diagnostik zu Herzrhythmusstörungen. Auch in der Augenheilkunde, der Urologie, in der Hals-Nasen-Ohren-Medizin, bei bestimmten Gefäßerkrankungen sowie in der Kinder- und Jugendmedizin seien die Ambulantisierungspotentiale hoch.

Die erste Berechnung dieser Art auf Ebene der Leistungsgruppen könne der Krankenhausplanung in den Ländern „wichtige Hinweise liefern, welche Leistungsbereiche im Rahmen einer zukunftsfähigen Versorgungsstruktur zielgerichteter in anderen Bereichen versorgt werden könnten“, sagte WIdO-Geschäftsführer David Scheller-Kreinsen. „Gerade in den Leistungsgruppen der Grundversorgung wird sich entscheiden, ob die überdurchschnittlich hohen Zahlen stationärer Behandlungen in Deutschland nachhaltig gesenkt werden können.“

Die Ergebnisse könnten relevant für die Vorhaltepauschalen sein, die geplante Vergütung für das Bereitstellen von Behandlungsmöglichkeiten unabhängig von Fallzahlen. „Die Analyse zeigt, dass eine simple Fortschreibung der Vorhaltevergütung auf Basis der aktuellen Leistungsmengen nicht zielführend ist“, so Scheller-Kreinsen. Schließlich ließen sich viele Therapien künftig ambulant erbringen.

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