Kool Savas wie Einheizer im Kontext Tesla: Warum jener Auftritt mehr wie nur cringe war

Vor den Betriebsratswahlen macht die Tesla-Spitze in Grünheide Stimmung gegen die IG Metall. Unterstützung holte sie sich von Kool Savas. Sein PR-Auftritt sollte wohl Stimmung verbreiten – stattdessen legte er schwelende Konflikte offen


Kool-Savas fragte die Belegschaft von Tesla bei seinem Auftritt, ob sie mit ihrem Arbeitgeber zufrieden seien — die Antwort darauf kann man sich wohl denken

Montage: der Freitag, Foto: Gartner/Imago


Auf den ersten Blick ist die Geschichte, die das Handelsblatt aufdeckte, einfach nur cringe.

Als Überraschungsgast fuhr Anfang Dezember der Kreuzberger Rapper Kool Savas im Cybertruck auf die Bühne des Tesla-Werks in Grünheide. Dem Anlass entsprechend, so berichten es die Journalisten Sönke Iwersen und Michael Verfürden, passte der einstige „King of Rap“ sogar seine Songtexte für seinen Auftraggeber an: In AMG ersetzte er die „Benz“-Referenzen durch „Tesla“ – und versuchte wohl, das Publikum, bestehend aus Tesla-Mitarbeiter*innen, zu „Elon, Elon“-Rufen zu animieren.

Ganz ähnlich wie sein Publikum musste Kool Savas dann aber tatsächlich für seinen Lohn schuften: Rund eine halbe Stunde lang habe er versucht, die Belegschaft zum Mitklatschen und Mitmachen zu bewegen – offenbar ohne nennenswerten Erfolg. Warum die Beschäftigten in Grünheide gar nicht mal so große Fans von Musk oder den E-Autos, die sie täglich unter teils widrigen Bedingungen zusammenbauen, sind, schien Savas wirklich zu überraschen. „Tesla, was ist los mit euch? Habt ihr einen Stock im Arsch oder was?“, rief er laut Handelsblatt.

Doch das war Savas offenbar noch nicht cringe genug. Zum Finale rief er der Menge, die wohl doch noch so halb in Stimmung gekommen war, zu: „Seid ihr zufrieden mit Tesla als Arbeitgeber?“ Was das Publikum zurückgerufen hat, wird im Artikel leider nicht überliefert. Aber eigentlich hätte Savas die Antwort kennen können: Er stand mit ziemlicher Sicherheit auf der Bühne, weil sie „Wir sind nicht zufrieden“ lautet.

Also wenn wir eins können, dann sind das coole Party-Set-ups

André Thierig, Tesla-Werksleiter

In Grünheide steht Tesla derzeit nämlich unter erheblichem gewerkschaftlichen Druck. Immer wieder gibt es Berichte über die Arbeitsbedingungen in der Gigafactory – hohe Belastung, häufige körperliche Beschwerden und Unzufriedenheit mit Krankheits- und Gesundheitsschutz. Das ergab zum Beispiel eine Umfrage der IG Metall aus dem Frühjahr 2025: 80 Prozent der Beschäftigten fühlen sich überlastet, 90 Prozent berichten von körperlichen Beschwerden.

Den daraus resultierenden hohen Krankenstand versuchte man in Grünheide laut Medienberichten im Sommer 2024 aber nicht etwa durch bessere Arbeitsbedingungen zu senken, sondern durch Repressionen: Damals gab es unangekündigte Hausbesuche bei krankgemeldeten Tesla-Beschäftigten, durchgeführt von Vorgesetzten, weil der Krankenstand zeitweise ungewöhnlich hoch lag – berichtete unter anderem Die Welt.

Warum das Tesla-Management Sorge vor den anstehenden Betriebsratswahlen hat

Ein weiterer Grund für den Kool-Savas-Auftritt dürfte die anstehende Betriebsratswahl im Frühjahr 2026 sein – und die Sorge des Tesla-Managements, dass die IG Metall diesmal wirklich gewinnt. Bereits 2024 stellte die IG Metall die meisten Sitze im Betriebsrat, hatte damals aber keine Mehrheit. Seitdem ist viel passiert: Beschäftigte bekennen sich offen zur Gewerkschaft, tragen im Werk und auf öffentlichen Veranstaltungen IG Metall-Insignien – etwas, das in den Anfangsjahren des Grünheider Werks beim als gewerkschaftsfeindlich geltenden Unternehmen Tesla undenkbar gewesen wäre.

Die Gewerkschaft wirbt für bessere Arbeitszeiten, höhere Löhne sowie einen Tarifvertrag und ist seit Bekanntgabe des Werkbaus in Grünheide vor Ort. Sie spricht Beschäftigte direkt an und betreibt auch ein Büro am Bahnhof Fangschleuse.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass das Konzert in der Gigafactory von außen zwar zum Fremdschämen einlädt – aber einen ernsten Hintergrund hat. Vor allem, wenn Werksleiter André Thierig am Ende, laut Handelsblatt-Bericht, noch vier Prozent Lohnsteigerung verkündet und sagt: „Wenn wir mit der IG Metall verhandelt hätten, gäbe es zwei Prozent“ – um dann im Grünheider Cringe-Wettbewerb mit Kool Savas noch einen draufzulegen: „Also wenn wir eins können, dann sind das coole Party-Set-ups“.

Politik von unten

Nina Scholz schreibt in ihrer Kolumne Politik von unten unter anderem über Arbeitskämpfe und die so genannte Gig-Economy.

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