Kommentar zu VW: Das Ende des Burgfriedens

Seit VW-Patriarch Ferdinand Piëch und die IG Metall in den neunziger Jahren mit Vier-Tage-Woche und Lohnverzicht den Abbau Zehntausender Stellen abwendeten, hat es kaum tiefe Einschnitte gegeben. VW eilte von einem Rekord zum nächsten und ließ zu, dass sich in den Fabriken hohe Überkapazität aufbaute. Als nach dem Dieselskandal klar wurde, dass der Konzern hart sparen muss, bremsten der Betriebsrat und das an VW beteiligte Land Niedersachsen alles aus. Auch deshalb ist VW in einer existenzbedrohenden Lage, besonders die Wolfsburger Stammmarke mit ihren rund fünf Millionen verkauften Autos im Jahr, der Hälfte des Absatzes im Konzern

Auch der neue Vorstandschef Oliver Blume, seit zwei Jahren im Amt, setzte zuerst auf ein Bündnis mit der Gewerkschaft, um VW zu sanieren. Jetzt ist der Betriebsfrieden dahin. Blume muss endlich die Kämpfe ausfechten, die nötig sind, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Noch immer will sich niemand festlegen, aber die Rechnungen früherer Jahre zeigen, in welche Richtung es gehen muss: Die Stammmarke hat mehr als 20.000 Mitarbeiter zu viel an Bord. Ein Viertel bis ein Drittel zu viel Kapazität steckt im Fabriknetz. So ist VW nicht überlebensfähig.

Blume braucht jetzt alle Unterstützung, die er kriegen kann – vor allem durch die Aktionärsfamilien Porsche und Piëch. Deren Vertreter, Wolfgang Porsche und Hans Michel Piëch, 81 und 82 Jahre, haben sich zuletzt mehr für den Sportwagenhersteller Porsche interessiert als für den Mutterkonzern VW. Auch sie haben die Dinge schleifen lassen und tragen eine Mitschuld an der Misere. Die Zeit für einen Generationswechsel in der Familie ist gekommen, um zu untermauern, dass es ernsthaft Willen für einen Neuanfang gibt.

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