Kohlendioxid-Projekte in China: Union verlangt Aufklärung von Lemke

Klimaprojekte
CO2-Projekte in China: Union verlangt Aufklärung von Lemke

Bei mindestens zehn Klima-Projekten in China, von denen deutsche Öl-Konzerne profitiert haben, soll es Betrug gegeben haben. Die Union fordert Aufklärung. Foto

© Jörg Carstensen/dpa

Bei mindestens zehn Klima-Projekten in China, von denen deutsche Öl-Konzerne profitiert haben, soll es Betrug gegeben haben. Umweltministerin Lemke räumte im Umweltausschusses Fehler ein.

In der Affäre um möglicherweise gefälschte Klimaschutz-Zertifikate verlangt die Union von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) lückenlose Aufklärung. „Wir sehen immer stärker, dass monatelang nicht gehandelt wurde. Und das muss aufgeklärt werden“, sagte die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber, der dpa. Es gehe um ein „Kontrollversagen“, für das Lemke die Verantwortung trage. Sie müsse die Aufklärung daher „zur Chefsache machen“, betonte Weisgerber kurz vor der Sitzung des Umweltausschusses im Bundestag.

Dort musste Lemke am Mittag Fragen zu den Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Klimaschutzprojekten in China beantworten. Kurz vor der Sitzung betonte die Ministerin, dass alle verdächtigen Zertifikate zum 1. Juli dieses Jahres gestoppt worden seien. „Ich muss konstatieren, dass es möglich ist, dass wir es hier mit einem Fall von schwerer Umweltkriminalität zu tun haben“, erklärte Lemke. Es sei „ein Fehler“ gewesen, das System überhaupt eingeführt zu haben.

Hintergrund sind Betrugsvorwürfe rund um dort angesiedelte Projekte, mit denen Mineralöl-Konzerne in Deutschland ihre gesetzlich vorgegebenen Klimaziele erreichen können. Hierbei können die Konzerne ihre Treibhausgasquoten verbessern, wenn innerhalb der Lieferkette CO2-Emissionen eingespart werden – auch im Ausland. 

Sie können also Projekte, bei denen im Öl-Sektor Emissionen reduziert werden, finanzieren und bekommen sie bei Anerkennung entsprechender Zertifikate für ihre Klimabilanz in Deutschland gutgeschrieben. Diese „Upstream Emission Reduction“-Projekte (UER) werden dann auf die Treibhausgasminderungsquote im Verkehr angerechnet. Genehmigt werden die Projekte vom Umweltbundesamt, einer dem Umweltministerium untergeordneten Behörde. 

Amt: Indizien weisen klar auf ein Betrugsgeflecht hin 

Nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) haben Nachprüfungen ergeben, dass von 60 Projekten in China rund 40 Projekte noch einmal intensiv untersucht werden müssten. Von dieser Dimension geht auch die Union aus. Wie es weiter heißt, gebe es bei zehn von diesen Projekten mittlerweile „besonders deutliche Hinweise, die einen Verdacht auf Betrug nahelegen“. Daher habe das UBA Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin gestellt. Es gebe inzwischen Indizien, die klar auf ein Betrugsgeflecht hinwiesen. Mit anderen Worten: Deutsche Konzerne haben sich möglicherweise einen Klimaschutzbeitrag anrechnen lassen, den es nie gegeben hat – weil einige Projekte in China wohl nicht existiert haben.

UBA-Chef Dirk Messner sagte kürzlich der „Welt am Sonntag“, dass die China-Projekte vor Ort nicht von seinem Haus, sondern durch Zertifizierungsunternehmen überprüft würden. „Der Überprüfungsmechanismus basiert auf dem Vertrauen in die Verifizierer und Validierer“, sagte er. Das UBA komme hier „an die Grenzen der Nachweisbarkeit.“ 

Anrechnung wird vorzeitig beendet 

Laut Messner hat das UBA Ende August 2023 erste Hinweise erhalten. Lemkes Ministerium wurde nach eigenen Angaben im letzten Quartal 2023 vom UBA über den Vorwurf von Unregelmäßigkeiten bei einem Projekt informiert. Ende Januar 2024 dann darüber, dass Marktteilnehmer Vorwürfe gegen mehrere Projekte erheben, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Das Ministerium habe daraufhin im Januar entschieden, die Anrechnung von UER zu beenden. Die CSU-Politikerin Weisgerber kritisiert, dass dieser Schritt möglicherweise zu spät erfolgt sei. „Das Umweltbundesamt hätte das Umweltministerium auch früher informieren müssen.“

dpa

Source: stern.de