Klimaschutzprogramm: Wälder und Moore speichern nicht genug Kohlendioxid

Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) wird die gesetzlich vorgegebenen Klimaschutzziele für Moore, Wald und Böden (Landnutzungssektor) in den Jahren 2030 und 2040 trotz einer geplanten Anpassung von Fördermaßnahmen reißen. Erst im Jahr 2045, also dem Zieljahr für Treibhausgasneu­tralität, werde der Landnutzungssektor den gesetzlich geforderten Grenzwert halten können. Es sei „biologisch nicht möglich“, dass die geschädigte Natur schon vorher den vorgesehenen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase in vollem Umfang leiste, sagte Schneider am Montag in Berlin.

Bis die Ökosysteme die geplante Speicherleistung von Kohlenstoff erbringen könnten, müssten in großem Umfang geschädigte Wälder umgebaut, trockengelegte Moore wiedervernässt und degradierte Böden wieder aufgebaut werden. Die Förderung durch das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ (ANK) soll nun entsprechend angepasst werden. Den Vorschlag für das „ANK 2.0“ stellte Schneider am Montag vor. Für das Programm sind im Entwurf für den Bundeshaushalt 2026 Fördermittel in Höhe von 821 Millionen Euro vorgesehen. Bis 2028 sollen diese auf 1,1 Milliarden Euro anwachsen. Unterstützt werden sollen Land- und Forstwirte, die klimafreundlich wirtschaften. Man setzte hingegen „kaum“ auf ordnungsrechtliche Maßnahmen, betonte der Klimaminister.

Geschädigte Wälder und trockene Moore stoßen noch CO2 aus

Nach dem Klimaschutzgesetz soll die Natur als Kohlenstoffsenke beim Klimaschutz helfen. So sollen Ökosysteme in Deutschland bis 2030 mindestens 25 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente speichern. Bis 2040 sollen es mindestens 35 Millionen Tonnen sein und bis 2045 mindestens 40 Millionen Tonnen. Doch geschädigte Wälder und trockengelegte Moore stoßen derzeit mehr Treibhausgase aus, als sie aufnehmen können. Für das Jahr 2030 rechnet das Umweltministerium mit einer Zielverfehlung von 57 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten, für das Jahr 2040 mit 71 Millionen und für 2045 mit 77 Millionen Tonnen. Mithilfe des „Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz 2.0“ würde die Ziellücke zwar verringert – auf 40,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente im Jahr 2030 und elf Millionen Tonnen im Jahr 2040. Doch erst 2045 würde die Natur dann netto zur Kohlenstoffsenke.

Bis dahin müssten fehlende Klimaschutzleistungen der Natur kompensiert werden, damit die Klimaschutzziele insgesamt gehalten werden. Die anderen Sektoren müssten helfen, sagte Schneider. Dies sei nach dem Klimaschutzgesetz auch möglich. Die Frage ist nur, ob die Beiträge der anderen Ressorts dafür reichen werden. Der Minister setzt seine Hoffnungen vor allem auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Hier komme Deutschland „extrem gut voran“, hob Schneider hervor. Allerdings ist absehbar, dass auch andere Minister, vor allem Patrick Schnieder (Verkehr) und Verena Hubertz (Gebäude), Unterstützung benötigen, weil die Klimaschutzziele in ihren Bereichen nach den aktuellen Projektionen ebenfalls gerissen werden. Nach dem Klimaschutzbericht 2025 wird Deutschland es mit den bislang vorgesehenen Maßnahmen nicht schaffen, bis 2045 über alle Sektoren hinweg klimaneutral zu werden. Schon das Ziel der Minderung von Kohlendioxid um 88 Prozent bis 2040 gegenüber 1990 wird demnach verfehlt.

Neues Klimaschutzprogramm noch in diesem Jahr

Diese Lücken müssen mithilfe eines Klimaschutzprogramms geschlossen werden. Die Ressorts müssen darlegen, mit welchen Maßnahmen sie die Klimaschutzziele in den verschiedenen Bereichen wie Energie, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft erreichen wollen Dafür hat die Bundesregierung nach den Vorschriften des Klimaschutzgesetzes bis zum 25. März 2026 Zeit. Schneider will das Klimaschutzprogramm aber noch in diesem Jahr vorlegen. Er strebe einen Kabinettsbeschluss „bis Weihnachten“ an, sagte der Minister am Montag. Die erste Etappe habe man vergangene Woche genommen, berichtete Schneider. Fristgerecht hätten die zuständigen Häuser ihre Vorschläge für die Minderung der Treibhausgasemissionen eingereicht. Zum Inhalt der Beiträge sagte der Minister nichts. Man werde die Vorschläge zunächst intern bewerten.

Schneider selbst will seinen Hauptbeitrag zu dem Klimaschutzprogramm der Bundesregierung mit dem angepassten Förderprogramm leisten, welches er am Montag vorstellte. Es enthält insgesamt 41 Maßnahmen, die „sich an praktischer Machbarkeit und hoher Akzeptanz“ orientierten, wie es aus dem Ministerium heißt.

Mehr Mischwald und Entsiegelung von Flächen

Gefördert werden soll vor allem der Umbau der Wälder von Monokulturen zu stabilen Mischwäldern. Sie haben zuletzt rund 20 Millionen Tonnen mehr Kohlendioxid abgegeben als aufgenommen. Das Förderprogramm für klimaangepasstes Waldmanagement soll von derzeit 1,6 Millionen Hektar auf zwei Millionen Hektar ausgeweitet werden. Das entspricht etwa der Fläche Sachsen-Anhalts. Außerdem sollen die Waldböden mehr Wasser speichern können. Darum soll auch der Rückbau von Kanälen und Gräben zur Entwässerung gefördert werden. Auch neue Wertschöpfungsketten für Laubholz und eine möglichst langfristige Holznutzung sollen gefördert werden. Weitere vorgeschlagene Maßnahmen sind Programme für Entsiegelung und für das Pflanzen von Stadtbäumen. Bis 2045 sollen 300.000 zusätzliche Stadtbäume mit hohem Wert für die Artenvielfalt gefördert werden. Das wären im Schnitt 100 Bäume je Kommune in städtischen Gebieten.

Umweltschutzverbände lobten, Landwirte und Forstwirte bekämen mehr Planungssicherheit. Allerdings fehlt es vor allem beim Moorschutz und der Waldbewirtschaftung an der nötigen Verbindlichkeit. Die Bundesregierung sei schon seit einem Jahr rechtskräftig zu mehr Klimaschutz verurteilt, doch viele Maßnahmen „sind in ewiger Prüfung statt in der Umsetzung“, rügt die Deutsche Umwelthilfe.

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