Der Klimaschutz hängt stark von der politischen und öffentlichen Aufmerksamkeit ab. Sobald aktuelle Debatten das Thema überlagern, erlahmt das Interesse. Dabei haben schon der Krieg und die Energiekrise gezeigt, wie irrig es ist, sich in falscher Sicherheit zu wiegen, anstatt rechtzeitig zu handeln. Die UN-Weltklimakonferenz in Aserbaidschan, die jetzt in die entscheidende zweite Woche geht, erregt weniger Beachtung, als ihr angesichts der Erderwärmung und der Umweltkatastrophen zukommen müsste.
Das liegt nicht zuletzt daran, dass die USA und Deutschland vor den Regierungswechseln als „lahme Enten“ gelten. Auch die neue EU-Kommission ist noch im Aufbau, Ähnliches gilt in Japan nach dem Wechsel der Ministerpräsidenten. Der deutlichste Ausdruck für den Bedeutungsverlust der COP29 genannten Tagung war der gerupfte Gipfel zu Beginn. Für das Schwänzen vieler Staats- und Regierungschefs gab es unterschiedliche Gründe, das Signal aber lautete: Diesmal ist die Sache nicht so wichtig.
Ist sie doch. Auf der COP in Baku warnte die Weltwetterorganisation, dass die globale mittlere Temperatur im bisherigen Jahresverlauf um mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Stand gelegen habe. Damit wird jetzt schon der Maximalwert überschritten, den sich die Weltgemeinschaft bis zum Jahrhundertende gesetzt hatte.
Investitionen in die Klimaanpassung sind sinnvoll – aber nicht alles
Was ist dagegen zu tun? Investitionen in die Klimaanpassung sind sinnvoll, etwa für Rückhaltebecken gegen den Starkregen in Spanien. Das Argument, dann bleibe zu wenig Geld für die Treibhausgasminderung, ist genauso zynisch wie die einseitige Konzentration auf die Adaptation, da der Klimakampf ohnehin verloren sei. Entscheidend ist, die Emissionen möglichst effizient einzudämmen, um überhaupt Mittel für die Anpassung übrig zu haben. Denn die trägt sich nicht selbst. Bei grünen Energien und Industrien ist das anders: Mit ihnen lässt sich prächtig verdienen, wenn die richtigen Bedingungen herrschen, wenn der Markt ökologische Produkte honoriert und die fossilen Wettbewerber verteuert werden, am einfachsten über den CO2-Handel.
Die beste grüne Entwicklungshilfe ist daher nicht, den Empfängerländern Geld zu geben, sondern sie anzuhalten, ihre Investitionsbedingungen zu verbessern. Wenn verantwortliche Regierungen für Stabilität und Rechtssicherheit, für verlässliche Institutionen, Steuersysteme, Ausbildungswege und Infrastrukturen sorgen, dann steigen die Chancen, dass grünes Kapital seinen Weg von allein in diese Regionen findet. Wo sonst als in Ländern mit vielen jungen Arbeitskräften und dem richtigen Wetter wären die Chancen aussichtsreicher für Solar-, Wind- oder Wasserstoffparks? Das gilt ebenso für die aus Ökostrom und -gas erzeugten „Downstream-Produkte“.
Vereengte Diskussion um Klimafinanzen
Leider verengt „Baku“ die Diskussion auf die Klimafinanzen. Viele ökologische Apologeten trauen offenbar ihrer eigenen Überzeugung nicht, dass die umweltschonende Erzeugung längst marktfähig sei. Lieber setzen sie weiter auf staatliche Alimentierung. Es ist absurd, in Baku von den alten Industrieländern eine Verzehnfachung ihrer Zahlungen zu fordern, gleichzeitig aber reichgewordene Großemittenten wie China genauso vom Haken zu lassen wie korrupte Regime in den Empfängerländern.
Was die CO2-Minderung angeht, so sollte es auch dort möglichst viele Freiheiten geben. Natürlich muss der Ausstoß sinken. Aber die Wege dorthin vorzuschreiben, würde heißen, sich am trügerischen deutschen Beispiel zu orientieren. Die Kombination von Ausbauzielen für Erneuerbare mit einer nachfragunabhängigen Einspeisevergütung haben hierzulande zu Fehlanreizen, Netzengpässen, Preissteigerungen und einer sozial ungerechten Belastung geführt. Es hat sich als Fehler erwiesen, die Kern- und Kohlekraft zu verteufeln, ohne andere regelbare Quellen für Dunkelflauten zur Verfügung zu haben. Die fehlgeleitete Energiewende setzt Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und seinen Wohlstand aufs Spiel – und übrigens langfristig auch die Möglichkeit, ärmeren Ländern zu helfen.
Viel besser wäre es, die alte Frontstellung zwischen Erneuerbar und Fossil einzureißen. Dem Klima ist der Brennstoff egal, entscheidend sind die Emissionen. Fängt man sie über die CCS-Technik – also die Abscheidung und Speicherung von CO2 – ein, lassen sich sogar abgeschriebene Kohleblöcke CO2-arm betreiben. Das wäre deutlich schneller, billiger und umweltschonender, als, wie derzeit geplant, für den Backup von Sonnen- und Windkraft neue Gaskraftwerke zu bauen. Deutschland kann der Welt nur dieses Vorbild geben: den grünen Umbau anders zu machen. Besser.