Kino | Pandoras Traumwelt: Ist Avatar 3 ein visuelles Déjà-vu?

James Camerons „Avatar: Fire and Ash“, Teil 3 des 3D-Abenteuers, verspricht wieder atemberaubende Bilder. Aber ist das Spektakel noch Innovationsträger des Kinos?


Fast schon ein klassisches Franchise: Visuell liefert der dritte Teil das Gleiche wie seine Vorgänger

Foto: Disney+


Quallenförmige Luftschiffe gleiten einer sinkenden Sonne entgegen. Riesige Flügel tragen die heißluftballonartigen Gefäße. Allen voran bewegt sich eine Art Rochen, der als Steuermann das Gefährt durch die Ferne lenkt. Die Kamera fliegt über den Horizont, während sich der Abendhimmel in zarten Rosatönen färbt.

Diese entschleunigende Szene zählt zu den beeindruckendsten der Avatar-Reihe. Für einen Moment scheint alles perfekt. Alle Elemente ergeben ein harmonisches Ganzes. Symbolisch steht dieses Bild eines Wanderzirkus für Regisseur James Cameron, der nun zum dritten Mal mit seinen Schauspieler*innen durch die Weltkinos streift und zum großen Kinospektakel einlädt.

Avatar: Fire and Ash, Teil 3 seines auf fünf Filme konzipierten Natur- und Sci-Fi-Epos, schließt erzählerisch direkt an seinen Vorgänger Avatar: The Way of Water aus dem Jahr 2022 an und liefert laut Cameron den Abschluss der „ersten Saga“, die mit Avatar: Aufbruch nach Pandora im Jahr 2009 sagenhaft erfolgreich begann.

Pandora spielte weltweit fast drei Milliarden Dollar ein und ist bis heute der erfolgreichste Kinofilm aller Zeiten. The Way of Water liegt mit 2,32 Milliarden Einspiel nicht weit dahinter und hält Platz 3 dieser Liste (dazwischen drängt sich Avengers: Endgame mit 2,8 Milliarden). Das Budget von 400 Millionen Dollar, die Fire and Ash gekostet haben soll, scheint also gerechtfertigt, auch wenn der Film damit zu den zehn teuersten aller Zeiten zählt.

Die Figuren erleben alle Phasen der Trauerbewältigung

Der Film setzt ein damit, dass Jake Sully (Sam Worthington), Neytiri (Zoë Saldaña) und ihre Kinder um den Tod ihres Sohnes bzw. Bruders Neteyam trauern, der in der finalen Schlacht in Teil 2 ums Leben kam.

Um den Menschensohn Spider (Jack Champion) in Sicherheit zu bringen, machen sie sich auf den Weg zur Gebirgsfestung und werden dabei vom Ascheclan der Mangkwan angegriffen. Außerdem bereitet sich das menschliche Militär auf einen weiteren Angriff auf Pandora vor und Antagonist Colonel Quaritch (Stephen Lang) sehnt sich noch immer nach persönlicher Rache an Jake.

Cameron gestaltet seine Figuren und Völker nach Facetten menschlicher Emotionen. Im Mikrokosmos der Familie gelingt es ihm, eine Bandbreite abzubilden: Die Mutter kehrt sich in ihrer Trauer von allem Menschlichen ab, der Sohn verspürt Scham und Schuldgefühl für den Tod seines Bruders und möchte sich seinem Vater gegenüber beweisen.

Jake selbst hat Angst vor dem Verlust eines weiteren Kindes. Gleichermaßen ist er ein Wertevorbild für seine Umgebung. Dabei gelingt es dem Film, ein Vorbild zu kreieren, das herausstellt, dass ein hasserfülltes Leben nicht lebenswert ist, und das sich selbstlos in den Dienst der Hingabe für den vermeintlichen Frieden seines Volkes stellt.

Es geht um die Frage nach Identität – was macht uns zu Menschen oder eben zu Na’vi?

Auf der Gegenseite verkörpert das Aschevolk die Wut. Während die anderen Clans in Einklang mit der Natur leben, hat diese den Mangkwan alles genommen. Ein Vulkanausbruch zerstörte ihre Lebensgrundlage und verwandelte sie in eine Dürrelandschaft. Die Wut aber entwickelt sich zu nichts Konstruktivem, sondern manifestiert sich in Bösartigkeit.

Anführerin Varang (Oona Chaplin) brilliert dabei durch ihre Mimik und entfacht eine so verführerische wie teuflische Anziehungskraft. Insgesamt bleibt die Welt des Aschevolks jedoch eher blass. Lediglich eine kurze Sequenz zeigt ihre Bräuche, bevor sie vom menschlichen Militär und besonders Quaritch instrumentalisiert werden.

Neben der Ausreizung familiärer Spaltungskonflikte ist Fire and Ash ein Film, der Identität und Zugehörigkeit untersucht. Bereits am Ende von Teil 1 wurde Jake vom Menschen zum Na’vi. Als Gegengewicht wird in Teil 2 Spider als Na’vi in Menschengestalt eingeführt. Seine Sauerstoffmaske bleibt jedoch Symbol für seine Fremdartigkeit. Sie steht gleichzeitig für sein Ausgeliefertsein in einer nicht-nativen Umgebung.

Teil 3 macht nun unmissverständlich deutlich, dass Zugehörigkeit nicht auf Ebene des Äußerlichen stattfindet. Das eigene Gefühl der Fremdartigkeit ist dabei jedoch nicht leicht abzulegen. Spätestens wenn Spider vor seinem leiblichen Vater steht, dem Colonel Quaritch, der nunmehr ein Klon im Körper eines Na’vi ist, verspürt er eine Verbindung, die jegliche äußere Erscheinungsformen überschreitet. Es zeigt eine versteckte Wirkungskraft und einen inneren Konflikt, der nie einfach abzulegen sein wird.

Ein visuelles Feuerwerk, das in vielen Szenen austauschbar und hektisch wirkt

Visuell liefert Fire and Ash dasselbe wie seine Vorgänger, was als gut oder schlecht bewertet werden kann. Zumindest sollte mittlerweile klar sein, dass Cameron ein klassisches Franchise entwickelt und seine Visionskraft in der technischen Umsetzung dessen liegt. Menschen, die das Kino aufgrund seines Erlebnischarakters aufsuchen, werden zweifelsfrei bedient. Dazu trägt allein das immersive 3-D-Erlebnis bei.

Dennoch ist nicht zu verleugnen, dass sich auch eine gewisse Müdigkeit einschleicht. Die ersten dreißig Minuten von Fire and Ash begeistern, schließlich hat man so etwas drei Jahre lang nicht mehr gesehen. Die Erfahrung nutzt sich jedoch schnell ab. Zu sehr gleichen die Bilder dem Vorgänger. Gerade die Action- und Schlachtsequenzen wirken mehr und mehr austauschbar. Die Schnitte bleiben hektisch, es scheint, als dürften die Zuschauenden nicht zur Ruhe kommen, um möglicherweise zu realisieren, dass der Film nicht mehr das große Kinohighlight ist, das er zu sein verspricht.

Avatar: Fire and Ash James Cameron USA 2025, 195 Min.

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