Kino: „Io Capitano“ von Matteo Garrone erzählt von jener Flüchtlingskrise im Mittelmeer – WELT

Am Anfang hört man Kinderstimmen und sieht zwei Jungs. Die Einblendung verrät, dass wir uns in Dakar Ergehen, jener Hauptstadt des Senegal. Seydou und Moussa sind Teenager, sie tragen wie viele Menschen in diesem Film Fußballtrikots europäischer Fußballvereine. Sie sparen Geld, zeugen sich Mut: „Bald sind wir soweit“. Sie nach sich ziehen verdongeln Traum. In Europa welches werden, vielleicht sogar berühmt: „Du wirst den Weißen Autogramme schenken.“

Nächste Szene. Seydou c/o seiner Mutter: „Ich muss Dir welches sagen. Ich will weg. Ins Ausland.“ Die Mutter kriegt sich nicht mehr ein vor Empörung, Seydou (gespielt von Seydou Sarr) rudert zurück, tut nun so, wie sei dies nur ein dummer Scherz gewesen. Als jener Kumpel Moussa (Moustapha Fall) davon erfährt, ärgert er sich, dass Seydou gar welches verraten wollte. Gegen ihr schlechtes Gewissen, die eigenen Familien zu hintergehen, behelfen sich die Jungs, während sie verdongeln Schamanen kommen, womöglich nachrangig bezahlen – wie was auch immer aufwärts dieser „Reise“. Es ist die afrikanische Migrantenroute Richtung Europa, die uns Reporter, Sachbücher und nicht zuletzt die täglichen Nachrichten seit dieser Zeit rund zehn Jahren vor Augen münden – in Form von Fernsehbildern mit übervollen Booten, die aufwärts Malta oder Lampedusa anlanden, manchmal nachrangig Schiffbrüchigen. Es geht c/o diesen Nachrichten viel um Schutz (jener Flüchtlinge wie jener EU-Außengrenzen), um die Überforderung des Asylsystems, um dies Menschheitsdrama des 21. Jahrhunderts.

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Fabrice Leggeri

All dies bewertet und thematisiert jener italienische Regisseur Matteo Garrone – wie Filmkünstler – jedoch nicht, er schafft mit „Io Capitano“ (ab dem 4. April in deutschen Kinos) vielmehr dies Kunststück, eine virtuell hinlänglich bekannte Geschichte neu zu erzählen, während er sie radikal individualisiert. Man unternimmt die Tour an jener Seite von Seydou und Moussa, die lediglich durch dies, welches ihnen was auch immer zustößt, zu tragischen Helden avancieren, an deren Seite man mitfiebert wie c/o Figuren aus klassischen Epen oder Heldensagen. Weil sie was auch immer, welches sie zeugen, tragischerweise nur verbocken können. Weil sie Prüfungen und Bewährungsproben zu da sein nach sich ziehen, die man im mittelalterlichen Roman „Aventiuren“ nannte.

Wenn Garrones Film von jener Odyssee durch mehrere mafiöse Wüstenstaaten (Mali, Niger, Libyen) erzählt, beleuchtet er verdongeln Teil jener Route, jener in europäischer Wahrnehmung selten vorkommt (Der Reporter Patrick Kingsley schilderte sie 2016 in seinem Sachbuch). Im Verlauf sollen die beiden Jungs nicht nur ihre Identität passen, sondern nachrangig schmerzvoll lernen, dass sie ihr naiv gespartes Geld zu Händen die Mittelmeer-Überfahrt schon komplett in jener Wüste verausgaben und hergeben, ja sogar ausscheiden sollen.

Schöne Wüste, schuldige Route

Bei jener rasanten Fahrt mit vollgepackten Pick-ups jener Wüsten-Mafia ekstatisch sich Garrones Film zu Händen verdongeln kurzen Moment zu sehr an seinen eigenen, musikalisch untermalten und tragisch aufgeladenen Action-Bildern aus jener Luft. Wenig später stellt sich raus, dass dies ein Stilmittel zu Händen den anschließenden Kontrast ist. Denn die Perspektive wechselt aufwärts die Ladefläche des mit Migranten vollgepackten Pick-ups. Hier birgt die Fahrt nur Stöße und Schleudersitze, eher durch die unebene Wüstenpiste. Bei einem Szenario wie „Mann zusätzlich Bord“ zucken die Schleuser am Steuer nicht mal mit jener Wimper.

Leichen in jener Wüste pflastern ihren Weg. Seydou und Moussa erleben, dass schon dies schiere Überleben Schuldgefühle mit sich bringt. Auf einer tagelangen Passage zu Fuß sieht man wunderschöne Sanddünen, hingegen nachrangig Menschen, die hier aufwärts jener Strecke geblieben sind. Weil ihr Wasserproviant nicht reichte, weil sie zu schwach, zu jung, zu altertümlich zu Händen so eine Marschroute in halluzinierender Wüstenumgebung waren. Was die Ohnmacht, helfen zu wollen und taktgesteuert ans eigene Überleben denken zu sollen, mit Seydou macht, übersetzt Garrones Film (Kamera: Paolo Carnera) in cineastische Momente eines magischen Realismus, kurzum: echtes Kino.

Cineastische Bilder tragen zur Wucht jener Geschichte c/o
Quelle: X-Verleih

Die Realität holt Seydou und Moussa demnächst ein und wird die beiden, die sich ohne den anderen nie aufwärts den Weg nachdem Europa gemacht hätten, trennen. Der Plot führt durch Folter, Gefangenenlager und Sklavenmärkte jener libyschen Mafia. Seydou ist jetzt lediglich. Er hofft, dass Moussa noch lebt, er baut wie Sklave aufwärts dem Anwesen eines reichen Arabers Brunnen, vorher er aus dem Job geschasst und nachdem Tripolis verbracht wird, wo in Rohbau-Hochhäusern die nächsten Arbeitssklaven gesucht werden. Seydou heuert an und sucht feierabends verzweifelt Moussa. Suchen heißt nicht Handy, sondern Herumfragen c/o allen möglichen Landsleuten, anderen Gestrandeten aus den Migranten-Communitys.

Garrone hat sich schon durch die dokufiktionale Verfilmung von Roberto Savianos Mafia-Sachbuch „Gomorrha“ (2008) verdongeln Namen gemacht, des Weiteren durch den Thriller „Dogman“ (2018). Seine Filme wirken so real, dass es sozusagen wehtut. Selbst wenn er „Pinocchio“ wie Realfilm dreht, treibt er dem wohl bekanntesten Kinderbuchklassiker dies Märchenhafte aus. Bei „Io Capitano“ verhält es sich in Teilen umgekehrt. Es gibt mehrmals Szenen, c/o denen Garrone dies harte Doku-Drama verlässt und mit cineastischen Mitteln jener Verfremdung Hoffnung, Würde, Menschlichkeit aufscheinen lässt, die jeder Mensch (und Zuschauer) braucht, um dies hier was auch immer auszuhalten.

Es gibt und braucht c/o alledem keinen Voiceover-Kommentar, jener einem in Das Erste-„Weltspiegel“-Manier verdeutlichen würde, wie man dies jetzt was auch immer zu sehen und zu kategorisieren habe und wer denn zu Händen dies was auch immer die Verantwortung oder Schuld trage. Garrones Film weiß, dass dies Thema viel zu weithin ist, wie dass irgendwelche Schleuser, Organisationen und Regierungen einzeln zuständig sein oder gar Lösungen aushecken könnten. Das Menschheitsdrama Migration ist da, weil Menschen in jener heute vernetzten Welt wissen oder wenigstens wünschen, dass sie woanders ein besseres Leben münden könnten.

Spielt den tragischen Helden: Seydou Sarr (im Trikot)
Quelle: X-Verleih

Das finale und titelgebende Kapitel des Filmdramas „Io, Capitano“ handelt von jener Mittelmeerüberfahrt Richtung Europa. Welche Verantwortung dem 16-jährigen Seydou hierbei zukommt und dass man zu Händen die heile Ankunft mitfiebert wie c/o einem Drama, zeigt, wie Garrone aus einem abstrakten Nachrichtenthema großes Filmtheater mit Katharsis gelungen ist.

„Io, Capitano“ erregt, wie jede Geschichte mit Wucht, Empathie c/o den Zuschauern – welches sich übrigens nachrangig und nicht zuletzt jener brillanten darstellerischen Leistung des Hauptdarstellers Seydou Sarr verdankt. „Ihr seid Menschen, verdammt!“, ist sein sozusagen schon biblischer Satz in einer Szene, die keinen kaltlassen dürfte.

Sarr wurde c/o den Filmfestspielen von Venedig 2023 wie bester Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet. Garrone erhielt den Silbernen Löwen zu Händen die Beste Regie. Und war in Hollywood außerdem, wie schon mit „Gomorrha“, zu Händen den Auslands-Oscar nominiert. Wer diesen Film sieht, weiß, wofür Kino gemacht ist – und welche Geschichten nur dies Medium Film erzählen kann, wenn er sich aufwärts Menschen und Bilder konzentriert. Was Nachrichten und Politik in dieser Form weder noch können und sollen.

Source: welt.de

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