Im Koalitionsstreit über die Zukunft deutscher Atomkraftwerke hat die FDP erneut eine verlängerte Laufzeit bis 2024 gefordert. Übergangsweise sollten die drei noch laufenden AKWs – Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg und Emsland in Niedersachsen – am Netz bleiben, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Rheinischen Post. Dies sei notwendig, um die aktuelle Energiekrise in Deutschland und der EU bewältigen zu können. Andererseits wolle niemand einen Wiedereinstieg in die Kernenergie. Sie sei lediglich ein „Brücke“, die Zukunft gehöre den erneuerbaren Energien.
Zudem sprach sich Dijr-Sarai dafür aus, weitere Kernkraftwerke wieder ans Netz zu bringen. Die Koalitionspartner von SPD und Grünen lehnen das strikt ab. „Wir sind die Anti-Atom-Partei“, sagte Grünen-Vorsitzender Omid Nouripour der taz. „Wir werden sicher keine neuen Brennstäbe und damit neuen Atommüll bestellen“, sagte er. Dijr-Sarai befürwortet die Beschaffung neuer Brennstäbe. Um sich im Energiemix nicht erneut von Russland abhängig zu machen, könne man das übliche russische Uran auch durch kanadisches oder australisches ersetzen, sagte er.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will dagegen nur für den Fall von Stromengpässen zwei AKWs in Reserve halten, die bis April 2023 zur Verfügung stehen sollen. Dafür machte er im Kabinett zuletzt Druck, da zwei Termine für einen entsprechenden Kabinettsbeschluss offenbar wegen FDP-Widerstands gerissen wurden. „Man kann nicht längere Laufzeiten wollen und gleichzeitig verhindern, dass die Atomkraftwerke laufen können“, sagte er dem Spiegel. Ein Spitzengespräch zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD), Habeck und FDP-Chef Christian Lindner hat offenbar bisher keine Klärung gebracht.
Unterstützung aus der Opposition
Habeck hatte am Dienstag zur Eile gemahnt. „Wenn man will, dass die Atomkraftwerke nach dem 31. Dezember noch Strom produzieren können, muss man jetzt den Weg dafür frei machen“, sagte er dem Spiegel. Nach geltender Rechtslage gehen zum Jahreswechsel alle drei AKWs vom Netz.
Die Unionsfraktion unterstützt den Vorschlag der FDP. Es sei Fakt, dass Deutschland aus ökologischen und ökonomischen Gründen einen Weiterbetrieb brauche, sagte Fraktionsvize Thorsten Frei von der CDU. Die Bestellung der Brennstäbe komme jedoch viel zu spät, wenn man bedenke, dass die Beschaffung sechs bis acht Monate in Anspruch nehmen dürfte, sagte er der RTL/ntv-Sendung Frühstart.