Kein Verstoß gegen Grundgesetz: Kläger gegen Grundsteuer scheitern vor dem Bundesfinanzhof

Die reformierte Grundsteuer ist nach Überzeugung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht verfassungswidrig. Grundrechte der Kläger, insbesondere der allgemeine Gleichheitssatz, seien nicht verletzt, entschieden die obersten Finanzrichter in München. Der BFH verkündete am Mittwoch drei Urteile zur Bewertung von Eigentumswohnungen nach dem sogenannten Bundesmodell, welches in elf der 16 Bundesländer gilt.  Die Grundstückwerte werden unter anderem mit Hilfe stark pauschalierter Kaltmieten und unter Heranziehung von Bodenrichtwerten ermittelt. Wie die Vorsitzende des Zweiten Senats, Francesca Werth, erläuterte, kommt es dabei zwar teilweise zu Verzerrungen und Ungleichbehandlungen. Diese sind aber nach Überzeugung der obersten Finanzrichter gerechtfertigt.

Die Richter verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuer. Demnach habe der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, der ihm Typisierungen und Pauschalierungen ermögliche. Anders wäre eine Neubewertung von rund 36 Millionen Grundstücken gar nicht möglich. Soweit die Neuregelung in den entschiedenen Verfahren zu Härten geführt habe, seien diese aus Praktikabilitätsgründen in Kauf zu nehmen.  Die Bemessung der Grundstückswerte unter Heranziehung von durchschnittlichen Nettokaltmieten und Bodenrichtwerten, die von Gutachterausschüssen ermittelt würden, sei hinnehmbar, wenn man bedenke, dass Regelungen für den Massenvollzug nötig seien.

Auch Mieter sind von der Grundsteuer betroffen

Mit der Reform der Grundsteuer sollte die verfassungswidrige Bewertung von Millionen von Grundstücken beendet werden. Seit dem 1. Januar 2025 gelten die neuen Regeln für die Besteuerung von Grundbesitz. Rund 36 Millionen Grundstücke und Immobilien wurden zum Stichtag des 1. Januar 2022 neu bewertet – Ein- und Mehrfamilienhäuser, landwirtschaftliche Betriebe, Waldflächen und Kleingärten sowie gewerblich genutzte Flächen und Immobilien. Die Grundsteuer betrifft nicht nur Immobilieneigentümer, sondern auch Mieter, weil sie auf die Nebenkosten umgelegt werden kann.

Die Grundsteuer musste reformiert werden, weil das Bundesverfassungsgericht 2018 geurteilt hatte, die Vorschriften für die Bewertung der Grundsteuer seien verfassungswidrig. Die Berechnung basierte damals auf jahrzehntealten Grundstückswerten, im Westen aus dem Jahr 1964, in den ostdeutschen Ländern zum Teil auf Grundstückswerten aus dem Jahr 1935. Diese Werte hatten sich im Laufe der Zeit von den tatsächlichen Werten der Immobilien entkoppelt. Die Folge war, dass für vergleichbare Immobilien in benachbarter Lage zum Teil Grundsteuer in sehr unterschiedlicher Höhe zu zahlen war.

2,8 Millionen Eigentümer haben Einspruch eingelegt

Das Bundesverfassungsgericht kam damals zu dem Ergebnis, damit werde gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoßen. Die bisherige Bewertung erlaubte Karlsruhe nur noch übergangsweise bis Ende Dezember 2024. Für die Neuregelung hat das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, eine gleichmäßige und realitätsgerechte Bewertung der Grundstücke sicherzustellen. Die Kläger, die nun vor dem BFH erfolglos waren, hatten moniert, das Bundesmodell genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.

Bundesweit haben rund 2,8 Millionen Wohnungs- und Grundstückseigentümer Einspruch bei den Finanzämtern eingelegt, weil sie der Ansicht sind, die Reform führe zu unsachgemäßen Bewertungen.

Der BFH hatte Verfahren aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Berlin für die Entscheidung über die Grundsteuer nach dem Bundesmodell ausgewählt. Entwickelt wurde das Bundesmodell im Bundesfinanzministerium unter dem damaligen Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Elf der 16 Bundesländer haben sich für dieses Berechnungsverfahren entschieden. Die anderen haben eigene Bewertungsregeln, die mehr oder minder stark vom Bundesmodell abweichen. Vor dem BFH sind noch Verfahren über die Grundsteuergesetze von Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Hessen anhängig.

Bundesweit sind die Finanzgerichte ganz überwiegend der Auffassung, die neuen Regeln zur Berechnung der Grundsteuer seien verfassungskonform. Mit den BFH-Urteilen ist der gerichtliche Streit über die Grundsteuer jedoch nicht beendet. Einige Grundstückseigentümer haben bereits angekündigt, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Der Bund der Steuerzahler Deutschland und der Verband Haus & Grund gaben am Mittwoch nach der Urteilsverkündung des BFH bekannt, gemeinsam eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht zu unterstützen (Rechtssachen II R 25/24, II R 31/24 und II R 3/25).

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