Es hat sich seit Wochen angedeutet, nun scheint es faktisch entschieden zu sein: Das umstrittene Verbrenner-Aus 2035 steht vor dem Aus. Neuwagen sollen auch über 2035 hinaus CO₂ ausstoßen dürfen. Die Emissionen der Neuwagenflotte sollen nicht mehr um 100 Prozent, sondern wohl nur noch um 90 Prozent sinken. So will es die Europäische Kommission nach Informationen der F.A.Z. am kommenden Dienstag beschließen. Der Verbrenner könnte – abhängig von einer Überprüfung der Vorgaben 2035 – auch über das Jahr 2040 hinaus eine Zukunft haben. Ein 100-Prozent-Ziel für Neuwagen wird es voraussichtlich auch dann nicht geben.
Formal beschlossen ist die Kehrtwende der Kommission noch nicht. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat sie dem Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), aber fest zugesagt, wie die „Bild“-Zeitung zuerst berichtet hatte. Das deckt sich mit Informationen der F.A.Z. Beide Politiker hatten in den vergangenen Tagen mehrfach, zuletzt an diesem Donnerstag, miteinander gesprochen. Aus der Europäischen Kommission wurde das Aus des Verbrennerverbots bestätigt. Damit könnten nach 2035 bestimmte Verbrennungsmotoren weiter hergestellt und verkauft werden.
Entstehende Mehremissionen sollen ausgeglichen werden
Konkret geht es dabei um Plug-in-Hybride und sogenannte Range Extender. Bei Letzteren handelt es sich um Elektroautos, die bei Bedarf mit einem kleinen Verbrennungsmotor mit Strom versorgt werden können, um die Reichweite zu erhöhen. Nicht Teil des Vorschlags sollen hingegen Autos mit hocheffizienten Verbrennungsmotoren sein. Das hatten die deutschen Ministerpräsidenten sowie die Autoindustrie zuletzt gefordert.
Im Gegenzug für die weitere Zulassung von Neuwagen mit doppeltem Antrieb müssen nach dem neuen Ansatz der Kommission die so entstehenden Mehremissionen ausgeglichen werden, etwa durch den Einsatz von grünem Stahl in der Automobilproduktion oder erneuerbare Kraftstoffe. So werde sichergestellt, dass der CO₂-Ausstoß genauso stark zurückgehe, wie bei einem strikten Verbrennerverbot, heißt es in der Kommission.
Dieser Ansatz entspricht weitgehend der Linie der Bundesregierung, die Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Ende November in einem Schreiben an von der Leyen dargelegt hatte. Auch Merz hatte sich allerdings die Forderung nach der Zulassung „hocheffizienter Verbrenner“ nach 2035 zu eigen gemacht. Auch ein gemeinsamer Brief von Deutschland und Italien sowie der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk hätten bei der Entscheidung der Kommission eine Rolle gespielt, heißt es in Brüssel.
„Wir lösen damit unsere beiden wichtigsten Versprechen ein: Wir bleiben auf dem Weg der Klimaneutralität. Aber wir sorgen für Technologie-Neutralität“, sagte Weber der „Bild“-Zeitung. Das sichere Zigtausende Arbeitsplätze. Kritik übte der Europaabgeordnete Michael Bloss (Grüne): „Was Manfred Weber fabriziert, reiht sich ein in eine Serie von konservativen Fehlentscheidungen, die Europa vom Weltmarktführer zum Schlusslicht machen. Wenn der Verbrennungsmotor ewig weiterfahren soll, dann fahren Wettbewerbsfähigkeit, Planungssicherheit und die heimische Industrie an die Wand.“
Der Vorschlag der Europäischen Kommission muss nach der Präsentation sowohl vom Ministerrat der EU-Staaten als auch vom Europäischen Parlament angenommen werden. Die Institutionen können ihn dabei auch verschärfen oder abschwächen.